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hatten wir die gefahrvolle Brücke überschritten, so wandte sich der Pfad um einen Fels, und das kleine, aber blühende Thal war für uns verloren, und wir stiegen, beinahe auf senkrechten Felsen, an Abgründen vorüber, die sich in's Meer abdachten, den Höhen zu.

      Dieser Felsenberg, den wir erklettern mußten, ragt weit in die See hinein, und bildet einen Paß gegen das Gebieth Beiruts, der leicht von einer kleinen Schaar wider eine Armee vertheidigt werden könnte. So mag Thermopilä gewesen seyn, und hätten diese Gebirgsbewohner einen Leonidas, sie würden den großen Spartanern gewiß nicht nachstehen.

      Eine lateinische Inschrift in eine massive steinerne Tafel eingegraben, so wie oberhalb derselben vier Nischen, deren zwei Statuen, die beiden andern aber Inschriften enthalten, zeigten uns, daß vielleicht schon die Römer die Wichtigkeit dieses Passes erkannt und benützt haben. Leider waren Statuen und Inschriften von der Alles zerstörenden Zeit so beschädigt, daß sehr kundige Leute dazu gehören, dergleichen Räthsel zu lösen. In unserer Gesellschaft befand sich Niemand, der dieß vermochte.

      Noch eine halbe Stunde ging es so fort, dann senkte sich der Weg hinab in das Gebiet von Beirut, und bequem und ruhig zogen wir der Küste entlang, dieser Stadt zu. Maulbeerbäume und Rebenpflanzungen grünten um uns her, Landhäuser und Dörfer lagen halb versteckt dazwischen, und Klöster krönten die niedern Höhen des Libanon, der von dieser Seite nichts als kahle Felsen bietet, deren Hauptfarbe ein bläuliches Grau ist.

      Eine kleine Strecke von Beirut stellte sich uns abermal eine solche Riesenbrücke entgegen, wie am Hundsflusse. Breite Treppen, daß vier bis fünf Reiter bequem neben einander Raum hatten, führten hinauf und hinab. Die Stufen sind so hoch und liegen so weit auseinander, daß man gar nicht begreifen kann, wie es die armen Pferde anstellen, um dahinauf oder hinab zu gelangen. Von einer schwindelnden Höhe sahen wir hinunter, aber in keinen Fluß, sondern nur in ein ausgetrocknetes Flußbett.

      Um 5 Uhr Abends kamen wir glücklich in Beirut an. Somit war dieser Ausflug zur ,,reizenden einzigen Stadt der Orientalen," zu den weltberühmten Ruinen und zu dem ehrwürdigen Cederhaine beendet.

      Wir waren zehn Tage ausgeblieben und hatten achtzig Reisestunden gemacht, nämlich von Beirut bis Damask 25, von Damask bis Balbeck 18, von Balbeck über den Libanon nach Beirut 37 Stunden.

      Von vierfüßigen Thieren, Amphibien, Vögeln oder Insekten sahen wir nichts. Graf B. fing ein Chamäleon, das leider nach einigen Tagen seinem Gefängnisse zu entkommen wußte. Bei Nacht hörten wir häufig Schakale heulen, aber weiter belästigten sie uns nicht. Von Insekten litten wir gar nichts; dagegen oft von einer schrecklichen Hitze, und manchmal von quälendem Durst und Hunger. Die größte Hitze betrug 40 Grad R.

      In Beirut kehrte ich abermal bei meiner gütigen Französinn ein. Das Erste was ich vernahm, war, daß ich um vier und zwanzig Stunden zu spät angelangt sei, und das englische Packetboot versäumt habe, einer der unangenehmsten Zufälle, da nur jeden Monat einmal (am achten oder neunten) das englische Paketboot nach Alexandrien abgeht, und es in der Zwischenzeit sehr ungewiß ist, eine Gelegenheit dahin zu finden. Ich ging nun gleich am folgenden Tage auf das österreichische Konsulat und ersuchte den Vice-Konsul Herrn C., mir es sagen zu lassen, wenn ein Schiff nach Egypten segle, und für mich einen Platz zu miethen. Es hieß, in zwei, drei Tagen gehe ein griechisches Fahrzeug dahin ab; aber aus diesen zwei, drei Tagen — wurden neunzehn.

      Nie werden die Leiden, die ich in Beirut duldete, meiner Erinnerung entschwinden. Als ich es in der Arche Noä bei der guten Pauline des Nachts nicht mehr aushalten konnte, kroch ich durch das Fenster auf eine Terrasse, und schlief auf derselben; mußte aber immer vor Tagesanbruch wieder mein Zimmer aufsuchen, um nicht entdeckt zu werden. Da selten ein Unglück allein kommt, so ging es mir auch nicht anders. Ich mußte mich wahrscheinlich einmal in der Nacht verkühlt haben, und als ich bei anbrechendem Morgen in mein Gefängniß eilte, und mich von meinem Steinlager auf dem Bette ein wenig zu erholen suchte, befiel mich ein so heftiger Schmerz im Rücken und in den Hüften, daß ich nicht mehr aufstehen konnte. Zufälligerweise traf sich dieß an einem Sonntage Morgens, wo die gute Pauline nicht in die Wohnung kam, weil sie keine Schule zu halten hatte, und so lag ich durch vier und zwanzig Stunden in den heftigsten Schmerzen ohne Hilfe, ja ohne einen Tropfen Wasser erhalten zu können. Ich war nicht einmal im Stande, mich bis zur Thüre oder bis zum Wasserkruge hin zu schleppen. Des andern Tages ging es Gottlob, etwas besser, meine Pauline kam auch, und kochte mir ein Bischen Hammelsuppe. Am vierten Tage war ich wieder auf den Beinen und ziemlich hergestellt.

      VIII. Reise von Beirut nach Alexandrien und Kairo in Egypten.

       Inhaltsverzeichnis

      Erst am 28. Juli ging ein griechischer Zweimaster nach Alexandrien unter Segel. Um 10 Uhr Nachts begab ich mich an Bord und des andern Morgens um 2 Uhr wurden die Anker gelichtet. Wohl nie sagte ich einem Orte mit so viel Vergnügen „Lebewohl," wie der Stadt Beirut, nur die Trennung von meiner unvergeßlichen Pauline fiel mir recht schwer. Ich hatte das Glück, auf dieser Reise viele gute Menschen zu treffen, — sie gehörte zu den besten! —

      Doch leider war das Schicksal noch nicht müde, mich zu verfolgen, und das alte Sprichwort: „Vom Regen in die Traufe," bewährte sich an mir vollkommen. Auf diesem Schiffe und in der Quarantaine zu Alexandrien ging es mir beinahe noch schlechter. Mit dem Kapitän eines solchen Fahrzeuges muß man über Alles einen schriftlichen Kontrakt machen, wo er z.B. landen, und wie lange er verweilen darf u.s.w.; unterläßt man dieß, so führen sie Einem oft kreuz und quer herum. Ich bemerkte dieß auf dem Konsulat und ersuchte die Herren, dafür zu sorgen; allein man versicherte mich, man kenne diesen Kapitän als Ehrenmann, und eine solche Vorsicht sei ganz unnöthig. Darauf bauend gab ich mich ruhig in die Hände dieses Mannes. Doch kaum waren wir auf offenem Meere, so erklärte er uns ganz unverholen, daß er für die Reise nach Alexandrien zu wenig Lebensmittel und Wasser habe, und nach dem Hafen Limasol auf Cypern steuern müsse. Ich war über diesen schändlichen Betrug und über den Zeitverlust äußerst aufgebracht, und setzte mich sehr dagegen. Aber es half nichts, einen schriftlichen Kontrakt hatte ich nicht, und die übrige Gesellschaft verhielt sich leidend; so steuerten wir denn gegen Cypern.

      Die Reise auf einem gewöhnlichen Segelschiffe, wenn es kein Paketboot ist, gehört zu den langweiligsten, die man sich denken kann. Die untern Räume des Schiffes sind gewöhnlich so mit Waaren überladen, daß man nur auf das Verdeck gewiesen ist. So war es auch hier der Fall. Während des Tages mußte ich in einer unausstehlichen Hitze, nur durch einen aufgespannten Schirm gegen die Sonne geschützt, indem nicht einmal ein Stückchen Segeltuch als Zelt irgendwo gespannt war, des Abends und in der Nacht bei einer Feuchtigkeit, die oft so stark war, daß nach einer Stunde mein Mantel schon ganz naß wurde, bei Kälte und starkem Winde auf dem Verdeck bleiben. So ging es fort zehn Tage und eilf Nächte, während welcher Zeit ich nicht einmal Gelegenheit hatte, die Wäsche zu wechseln. Dieß war doppelt empfindlich für mich, denn wenn irgendwo Reinlichkeit nöthig ist, so ist dieß der Fall auf solch einem schmutzigen, eckelhaften Schiffe, wie gewöhnlich die griechischen sind. Die Gesellschaft bot mir ebenfalls nicht den geringsten Ersatz. Von Europäern waren zwei junge Leute da, die eine unbedeutende Anstellung von der türkischen Regierung in irgend einer Quarantaine-Anstalt erhalten hatten — Beide albern, aufgeblasen und in ihrem Benehmen ganz gemein. Ferner 4 Studenten von Alexandrien, die in Beirut auf der Kost waren, und auf Ferien nach Hause kamen; gutmüthige aber äußerst vernachlässigte Knaben von vierzehn bis fünfzehn Jahren, die sich am liebsten mit den Matrosen abgaben und bald mit ihnen spielten, zankten oder schwatzten. Die übrige Gesellschaft bestand aus einer wohlhabenden arabischen Familie sammt deren Negersklaven und Sklavinnen, und noch aus einigen andern, ganz armen Leuten. — Und in solcher Umgebung mußte ich eine so lange Zeit zubringen! — Freilich, werden manche sagen, konnte ich bei dieser Gelegenheit das Betragen und die Gewohnheiten dieser Leute recht in der Nähe beobachten; aber gerne hätte ich diesem Studium entsagt, denn es gehört wahrlich mehr als eine himmlische Geduld dazu, all die unzähligen Unannehmlichkeiten mit Standhaftigkeit zu ertragen. So z. B. ist bei den Arabern und auch bei den gemeinen Griechen Alles, was man bei sich hat, ein Gemeingut. Ein Messer, eine Scheere, ein Trinkglas u.s.w. nimmt der Eine

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