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zu versehen, und beim Herrn Konsul ein köstliches Mahl einzunehmen, was mir doppelt behagte, da der vorhergehende Tag ein tüchtiger Fasttag gewesen war. Man hatte für mich die größere Abtheilung der Kajüte um 100 Piaster gemiethet. Als ich aber das Schiff betrat, fand ich sie voll Waaren gepackt, so daß mir als Eigenthümerin beinahe kein Fleckchen geblieben wäre. Ich eilte gleich wieder auf das Konsulat und beschwerte mich über den Kapitän. Der Herr Konsul ließ den Schiffspatron holen, befahl ihm, mein Kämmerchen zu räumen und mir auf der Reise keinen Verdruß zu machen, widrigen Falls er in Kairo keine Bezahlung von mir erhalten würde. Dieser Befehl wurde genau befolgt, und ich war von nun an bis Kairo im ruhigen, ungestörten Besitze meines Platzes. Um 2 Uhr Nachmittags fuhr ich abermals ganz allein unter lauter Arabern und Beduinen ab.

      Wer die Fahrt nach Kairo nur einmal im Leben machen kann, der thue es gegen Ende August oder im Monate September. Ein schöneres und in seiner Art einziges Bild kann man sich wohl kaum denken. An vielen Stellen ist das Flachland, so weit man sieht, vom Nil-Meere (Strom kann man bei dieser ungeheuren Ausdehnung nicht sagen) überdeckt, da ragen überall kleine Erhöhungen hervor, auf welchen die Dörfer liegen, umschattet von Dattelpalmen und andern Bäumen, hinter ihnen ziehen wieder die hohen Masten mit den weißen pyramidenartigen Segeln vorüber. Die Abhänge der Hügel sind belebt von Geflügel, Ziegen und Schafen, während nahe am Ufer die Köpfe der dunkelgrauen Büffel, deren es in diesen Gegenden sehr viele gibt, aus dem Wasser ragen. Diese Thiere lagern sich gern in die kühlende Fluth und stieren die vorübereilenden Barken an. Hie und da sieht man auch kleine Boskette von zwanzig, dreißig und mehr Bäumen, die, da das ganze Erdreich unter Wasser liegt, aus diesem Nil-Meer herauszuwachsen scheinen. Das Wasser ist hier bedeutend trüber und von Farbe dunkler gelbbraun, wie jenes im Kanal von Atfé nach Alexandrien. Die Matrosen gießen es in große irdene Gefäße, damit es sich setze und etwas klar werde; dieß nützt aber sehr wenig, es bleibt beinahe so trübe, wie im Strome, doch ist es für die Gesundheit nicht im geringsten schädlich; im Gegentheil behaupten die Nilbewohner, das beste und gesündeste Wasser in der ganzen Welt zu besitzen. Die Franken nehmen, wie schon früher bemerkt, filtrirtes Wasser mit. Geht dieses aus, so braucht man nur einige Aprikosen oder Mandelkerne klein geschnitten, in ein Gefäß mit Nil-Wasser zu werfen, so klärt sich dieses in fünf bis sechs Stunden so ziemlich. Ich lernte dieß Mittel von einer Araberin auf der Nilfahrt.

      Die Bevölkerung in der Umgebung des Nils muß sehr bedeutend seyn, denn ein Dorf reiht sich beinahe an das andere. Das Erdreich besteht allenthalben nur aus Sand und wird erst durch den Schlamm, den der Nil nach der Überschwemmung zurückläßt, fruchtbar, daher die üppige Vegetation erst nachdem Zurücktreten des Wassers beginnt.

      Die Dörfer sind eben nicht reizend, die Häuser meist nur von Erde und Lehm oder von rohen Nilschlammziegeln erbaut; die Menschen, die Krone der Schöpfung, soll man hier nicht zu sehen wünschen, denn ihre Armuth, ihre Unreinlichkeit und ihr gänzlich roher Naturzustand wirken schmerzlich auf jedes fühlende Herz.

      Die Kleidung der Weiber besteht in dem langen blauen Hemde, die Männer tragen ebenfalls nichts als ein Hemd, das ihnen kaum bis an die Knie reicht. Die Weiber haben theils ihr Gesicht verdeckt, theils unverdeckt.

      Mich wunderte der schöne und kräftige Bau der Männer gegenüber den garstigen Weibern, und den verwahrlosten ekligen Kindern. Die meisten der Letztern haben das Gesicht voll Finnen und Ausschlag, auf dem stets eine Herde Fliegen sitzt, dazu oft noch entzündete Augen — ein erbarmungswürdiger Anblick!

      Ich blieb, der großen Hitze ungeachtet, während des Tages beinahe immer auf dem Dache der Kajüte sitzen, um die Aussicht zu genießen, um die Ufer des Nils und den Wechsel der Landschaften zur Genüge betrachten zu können.

      Die Gesellschaft, die ich auf dieser Barke hatte, war schlecht und gut, wie man es nimmt; — schlecht, weil ich keine Seele fand, der ich meine Gedanken und Empfindungen über all die Wunder der Natur hätte mittheilen können; — gut, weil Alle, besonders die arabischen Weiber, die das kleine Kämmerchen und den Vordertheil der Barke innehatten, sehr gutmüthig und aufmerksam gegen mich waren.

      Sie wollten alles mit mir theilen; sie gaben mir von ihren Gerichten, meist Pilav, Bohnen und Gurken, die ich aber nicht schmackhaft fand; wenn sie des Morgens schwarzen Kaffee tranken, reichten sie mir immer die erste Schale. Ich theilte ihnen ebenfalls von meinen Lebensmitteln mit, die sie gut fanden, bis auf den Kaffee mit Milch gemischt. Wenn wir an einem Dorfe landeten, fragten sie mich durch Zeichen, ob ich einige Lebensmittel wünsche. Nun hätte ich freilich gerne Milch, Eier und Brot gehabt, allein ich wußte sie nicht auf arabisch zu begehren. Ich erklärte mich also durch Zeichnungen; ich zeichnete z. B. eine Kuh, gab der Araberin etwas Geld und eine Flasche, und wies ihr, die Kuh zu melken und meine Flasche mit Milch zu füllen. Eben so zeichnete ich eine Henne, darneben die Eier; auf die Henne wies ich verneinend, dagegen auf die Eier bejahend, und zählte ihr an den Fingern vor, wie viel Stücke sie mir bringen möchte. Auf solche Art half ich mir von nun an immer fort, und beschränkte meine Wünsche auf solche Gegenstände, welche ich durch Zeichnungen versinnlichen konnte.

      Als man mir die Milch brachte, und ich dem Weibe zu verstehen gab, daß, wenn sie ihre Gerichte gekocht hätten, sie mir das Feuer überlassen möchten, damit ich meine Milch oder meine Eier kochen könnte, nahmen sie alsogleich ihre Speise herab, und es nützte von meiner Seite keine Weigerung, ich mußte zuerst kochen, was ich bedurfte. Ging ich in das Vorderschiff, um die Gegend besser zu betrachten, so überließen sie mir gerne den besten Platz; kurz, sie benahmen sich Alle so gut und gefällig, daß sie vielen unserer civilisirten Europäer als Muster hätten dienen können. Freilich forderten sie auch von mir manche Gefälligkeit, und mit Erröthen muß ich gestehen, mich kostete es eine große Überwindung, ihre Wünsche zu befriedigen. So z. B. ersuchten sie mich, daß ich der ältesten aus ihnen erlauben möchte, in meinem Gemach schlafen zu dürfen, da ich einzelne Person das große Kabinet, und sie dagegen das kleine bewohnten. Ferner verrichteten sie ihre Gebete und endlich sogar ihre Gesicht- und Fußwaschungen vor dem Gebete in meiner Kajüte. Ich ließ es angehen, da ich ohnehin mehr außerhalb des Kämmerchens war. Diese Weiber riefen mich anfänglich „Marie“, vermuthlich glaubten sie, als eine Christin müsse ich den Namen der heil. Jungfrau führen. Ich sagte ihnen meinen Taufnahmen, den sie sich genau merkten; sie nannten mir ebenfalls ihre Namen, die ich aber bald wieder vergaß. Ich bemerke diese Kleinigkeit darum, weil mich das Gedächtniß dieser guten Menschen auf meiner ferneren Reise durch die Wüste an das rothe Meer in große Verwunderung fetzte.

      20. und 21. August 1842.

      Diese zwei Tage vergingen mir, obwohl ich unter den vielen Menschen, die sich auf der Barke befanden, ganz einsam war, angenehm und schnell. Der Strom breitete sich immer stattlicher aus, je mehr sich das Land verflachte. Die Dörfer wurden größer; die Hütten, von denen manche ganz die Form eines Zuckerhutes hatten, und auf deren Spitzen eine Menge Tauben, ein in diesen Gegenden sehr häufiges Geflügel, nisteten, hatten schon ein etwas besseres Ansehen. Moscheen und größere Landhäuser zeigten sich; kurz, je näher wir Kairo kamen, um so deutlicher zeigte Alles von größerem Wohlstande. Die Sandhügel wurden seltener, doch sah ich auf der Fahrt von Atfé nach Kairo vier oder fünf große öde Strecken, welche ganz das Ansehen von Wüsten hatten. Einmal blies der Wind gerade von so einer glühenden Wüste zu uns herüber, so drückend heiß und beängstigend, daß ich mir eine deutliche Vorstellung von den Leiden der heißen Winde (Chamsin) machen, und die häufige Blindheit der armen Bewohner sehr leicht erklären konnte. Die Hitze ist außerordentlich und der feine Staub und heiße Sand, welcher durch diese Winde in die Höhe getrieben wird, muß Augenentzündungen verursachen.

      Kleine gemauerte Thürme, auf deren Höhe Telegraphen angebracht sind, stehen in größeren Entfernungen von Alexandrien bis Kairo.

      Unsere Barke hatte das Unglück, einige Male auf Sandbänken aufzusitzen, oder in seichte Stellen zu gerathen, — Fälle, die sich während des veränderten Wasserstandes sehr oft ereignen. Bei dergleichen Ereignissen kann man die Behendigkeit, Kraft, Ausdauer und Unverdrossenheit der Nil-Matrosen nicht genug bewundern. Alle müssen nackt über Bord springen, das Schiff mit Stangen losmachen, und oft eine halbe Stunde an Seilen durch seichte Stellen fortschleppen. Im Klettern find diese Leute ebenfalls sehr geschickt. Auf den äußersten Spitzen der schief stehenden Masten klimmen sie ohne Strickleiter und befestigen

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