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flogen unsere Blicke unstät umher, wir konnten sie nirgends festhalten, zu viel des Schönen lag vor uns: die erhabendste Bauart, der kühnste Schwung in den Wölbungen, welche sich auf die höchsten Säulen stützen; die strengste Richtigkeit in Allem, verbunden mit der elegantesten Pracht, mit dem zauberhaftesten Geschmacke.

      Anfangs durchflogen wir Alles höchst eilfertig, es drängte uns immer fort und fort, wir wollten das Ganze mit einem Blicke umfassen. — Dann fingen wir erst den zweiten und bedächtigeren Cours an.

      Man kommt in einen großen Hof, Marmorstücke, Säulenfragmente, deren einige noch auf schön gearbeiteten Epistyls ruhen, bieten sich dem Auge dar. Fast alles ist hier zerfallen, voll Schutt und Trümmer, aber großartig und erhaben. Nun geht es in einen zweiten, größeren Hof der über 200 Schritte lang und über 100 Schritte breit sein mag. Ringsum laufen Nischen, in Marmor gehauen, mit den niedlichsten Arabesken geziert, in welchen vermutlich die Statuen der zahlreichen Götter standen. Hinter den Nischen befanden sich kleine Zellen, die Aufenthaltsorte der Priester. Im Vordergrund oben stehen die sechs korinthischen Säulen, die einzelnen Überreste des großen Sonnentempels. Diese sechs Säulen, die allen Stürmen der Zeit, Verwüstungen und Erderschütterungen trotzten, sollen die schönsten und größten der Welt seyn. Bei 70 Fuß hoch, jede Säule ein Felsenkoloß, gearbeitet in dem höchsten Ebenmaße, ein Meisterstück alter Architektur, ruhen sie auf Postamenten von 27 Fuß Höhe, überragen die Cvklopen-Mauer und blicken ernst und kühn in die weite Ferne, gigantische Zeugen des grauen Alterthums.

      Wie groß dieser Tempel gewesen seyn muß, zeigen die noch übrigen Postamente, deren Säulen zusammengestürzt und verwittert in Trümmern umher liegen. Ich zählte zwanzig in der Länge, zehn in der Breite.

      Der kleinere Tempel, von welchem der große durch eine Mauer abgesondert ist, liegt tiefer, war dadurch mehr vor Wind und Wetter geschützt und ist auch besscr erhalten. Eine gedeckte Halle, ruhend auf Säulen von 50 Fuß Höhe, führt um ihn herum, Bildnisse von Göttern oder Helden, kunstreich in Marmor ausgehauen und von Arabesken umgeben, zieren die mächtige Wölbung dieses Korridors. Die Säulen sind aus drei Stücken zusammen gefügt, die mit einer so unglaublichen Festigkeit in einanderhalten, daß, als bei dem letzten Erdbeben eine derselben von dem hohen Piedestale herabstürzte, sie nicht aus einander brach, sondern sich mit der Spitze in die Erde senkte und unbeschädigt in ihrer ganzen Größe an dem Hügel lehnt.

      Aus dieser Halle tritt man durch das großartigste Portal in das Innere des kleinen Heiligthums. Ein Adler mit ausgebreiteten Schwingen überschattet den obern Theil der 20 Fuß weiten und 30 Fuß hohen Pforte. Die beiden Seiten sind mit kleinen niedlichen Figürchen geschmückt, um welche sich Blumen, Früchte, Kornähren und Arabesken in geschmackvollster Zeichnung schlängeln. Dieses Portal ist sehr gut erhalten, bis auf den Mittelstein, der stark aus seiner Lage gesunken, drohend über dem Eingange schwebt und den Eintretenden mit Angst und Grauen erfüllt. Doch unversehrt kamen wir hinein und zurück, und noch gar Viele werden nach uns kommen und gleich uns unbeschädigt unter diesem hängenden Stein durchwandeln. Verwesung wird unser Loos seyn, während jener schwebende Stein noch manche Generation an sich vorüber ziehen sehen wird.

      Dieser kleine Tempel würde, wenn er nicht neben dem großen stände, schwerlich klein erscheinen. Auf der einen Seite stehen jetzt noch neun, auf der andern sechs vollkommen gut erhaltene Säulen, außerdem noch viele Postamente, von welchen die Säulen herabgestürzt sind. Wände und Nischen, kurz Alles, was man sieht, ist von Marmor und mit Sculptur-Arbeiten aller Art reich verziert. Das Heiligthum der Sonne ist durch eine Reihe von Säulen, von welchen aber nur wenige mehr stehen, vom Schiffe des Tempels getrennt.

      So viel man nach den Ruinen beider Tempel beurtheilen kann, müssen sie mit verschwenderischer Pracht ausgestattet gewesen seyn. Die. kostbarsten Statuen und Bilder, gemeißelt in den marmorartigen Stein, müssen die Nischen und Räume gefüllt haben, denn die Überreste der geschackvollen Verzierungen und Arabesken deuten auf den üppigsten Luxus. Der einzige Fehler an ihnen mag Überladung gewesen seyn.

      Unter diesen Tempel führt ein 250 Schritt langer, 30 Fuß breiter und im Verhältnisse hoch gewölbter Gang durch. In der Mitte desselben, an der Decke, ist ein kolossaler Kopf in den Felsen gehauen, wahrscheinlich das Denkmal eines Helden der Vorzeit. Jetzt wird dieser Ort als Stall für Pferde oder Kameele benutzt.

      Die ganze Anhöhe, worauf diese Ruinen stehen, umfließt das kleine Bächelchen Litany.

      Man hatte uns schon in Damask gewarnt, in diesen Ruinen nicht allein herumzustreifen; allein unsere Wißbegierde war so groß, daß wir auf Warnung, Furcht und Alles vergaßen und ohne den geringsten Schutz hineilten. Wir hielten uns mehrere Stunden da selbst auf, durchkrochen jeden Winkel, und stießen auf Niemand, außer einigen Neugierigen, die uns Franken in Augenschein nehmen wollten. Herr S. ging sogar des Abends ganz allein in den Ruinen herum, und ihm begegnete ebenfalls kein Abenteuer.

      Ich möchte beinahe glauben, daß manche Reisende Raubanfälle und gefahrvolle Begebenheiten, die sie nicht erlebt haben, blos deßhalb beschreiben, um ihren Erzählungen mehr Interesse zu verleihen. Ich machte eine große Reise, mitunter durch sehr unsichere Gegenden, oft ganz allein mit einem arabischen Diener, und nirgends stieß mir ein ernstliches Abenteuer auf.

      Heliopolis ist so verfallen, daß man weder die ehemalige Größe, noch die Schönheit dieser berühmten Stadt aus ihren Ruinen beurtheilen kann. Außer den beiden großen Sonnentempeln und einem ganz kleinen, der unweit davon steht, tn runder Form gebaut, und mit Arabesken und Sculpturen überladen ist, und außer einigen zersplitterten Säulen, fanden wir nichts mehr.

      Die jetzige Stadt Balbeck ist zum Theile auf demselben Orte gebaut, wo ihre Vorgängerin stand, sie liegt rechts von den Tempeln, und besteht aus einem Haufen kleiner, elender Hütten und Häuser. Die größten Gebäude darunter sind das Kloster und die Kaserne, letztere von dem lächerlichsten Ansehen, indem man Trümmer von Säulen, Statuen, Friesen u.s.w. von allen Seiten herbeigeschleppt und nach türkischen Gutdünken zu dem neuen Baue verwendet hat.

      Wir wurden im Kloster aufgenommen, wo man uns aber nichts gab, als ein leeres Zimmer mit einigen Strohmatten. Unser Diener bereitete die tägliche Speise: Pilav, diesmahl jedoch überraschte er uns mit einem gekochten Huhn, das ganz verborgen unter dem aufgehäuften Pilav lag. Graf Z. kredenzte einige Gläser herrlichen Weins vom Libanon dazu, und so tafelten wir, zwar ohne Tisch und Stühle, herrlich und fröhlich, wie es Einem im Leben selten zu Theil wird.

      Auch hier, wie an den meisten Orten, durfte ich kaum auf die Terrasse des Hauses treten, so versammelte sich Alt und Jung, eine Frankin in ihrer vaterländischen Tracht zu beschauen. Wer also Aufsehen erregen will, auch ohne irgend ein Talent oder eine Kunstfertigkeit zu besitzen, der eile hieher und er hat sein Ziel erreicht. Wem aber dieses Angaffen nur halb so lästig ist, wie es mir war, der wird leicht begreifen, daß ich dieß zu den großen Unannehmlichkeiten meiner Reise rechnete.

      7. Juli 1842.

      Um 5Uhr Morgens bestiegen wir abermals unsere Pferde und gelangten, nach einem beinahe dreistündigen Ritte durch die ungeheuere Ebene, in der wir nichts sahen, als eine einzeln stehende Säule, an das Vorgebirg des Libanons. Auf ziemlich guten und bequemen Pfaden zogen wir den Höhen zu, die Hitze belästigte uns wenig, und Bächelchen von thauenden Schneefeldern an der Seite gewährten uns die herrlichste Erquickung. Unter schattigen Bäumen, am Rande einer rauschenden Quelle, hielten wir eine Stunde Mittagsruhe, dann ging es hinauf, das eigentliche Hochgebirge zu ersteigen. Die Bäume wurden immer seltener und kleiner, bis sie endlich kein Erdreich mehr fanden, sich fortzupflanzen.

      Unser Weg wurde von der einen Seite durch Klüfte und Abgründe, auf der andern durch Felsenwände so beengt, daß knapp für ein Pferd Raum blieb. Da donnerte uns plötzlich ein furchtbares „Halt!" entgegen. Erschrocken sahen wir auf, der Ruf kam von einem Soldaten, der eine Pestkranke von einem Dorfe, wo sie das erste Opfer dieser schrecklichen Krankheit war, in ein anderes stark verpestetes, transportiren mußte. Auszuweichen war nicht möglich, es blieb nichts Anderes übrig, als daß der Soldat mit vieler Mühe die Kranke einige Schritte an die steile Bergwand hinan schleppte, und so mußten wir ganz nahe an ihr vorüberziehen. Der Soldat rief uns zu, Nase und Mund sorgfältig zu verhüllen, er selbst hatte als Präservativ-Mittel den Untertheil des Gesichtes mit Theer angestrichen.

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