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MehrsprachigkeitMehrsprachigkeit als Zeichen einer zu begrüßenden Interkulturalität interpretiert und dabei auf den Semiotiker Juri LotmanLotman, Juri verwiesen, der Mehrsprachigkeit – Berührung und Austausch der Sprachen – als die unentbehrliche Bedingung zur Entwicklung einer Kultur auffasst. (Trunin 2014)

      Mit diesem Lotmanschen Gedanken wäre es angemessen, diesen kurzen Abriss der Geschichte der estnischenEstland/Estoniaestnisch mehrsprachigenMehrsprachigkeitmehrsprachig und exophonenExophonieexophon/exophonic Literatur zu beschließen. Doch man gestatte mir noch eine Bemerkung. Bei Phänomenen der MehrsprachigkeitMehrsprachigkeit bzw. ExophonieExophonie drängt sich immer die Frage auf: Welcher Literatur gehört so etwas/jemand eigentlich an? Die deutschbaltischenDeutschbaltendeutschbaltisch AutorInnen hielten sich selbst in der Regel für der deutschenDeutschlanddeutsch Literatur zugehörig. Heute würde man sie dennoch eher der estnischenEstland/Estoniaestnisch bzw. lettischenLettland/Latvialettisch Literatur (oder wenigstens der Literatur EstlandsEstland/Estonia bzw. LettlandsLettland/Latvia) zurechnen.

      Dieselbe Frage hat man sich manchmal auch angesichts der heutigen ‚estnischrussischen‘ Literatur gestellt, die sich eigentlich als solche noch erst bewähren muss. Ist sie ein Bestandteil der russischenRusslandrussisch oder der estnischenEstland/Estoniaestnisch Literatur? Ich bin der Meinung, die russischestnische Literatur gehört sehr wohl zur estnischenEstland/Estoniaestnisch Literatur. Eine Geschichte der estnischenEstland/Estoniaestnisch Literatur sollte folglich auch ein Kapitel über die deutschbaltischeDeutschbaltendeutschbaltisch und russischestnische Literatur enthalten.

      Bisher hat man das so nicht gemacht, selbst wenn die Idee an sich ja gar nicht so neu ist. So hat der erste Professor für estnischeEstland/Estoniaestnisch Literatur an der estnischsprachigen Universität Tartu, Gustav SuitsSuits, Gustav, im Jahre 1929 die Aufgabe der Literaturforschung folgendermaßen formuliert: „BaltischeBaltikumBaltisch Literaturgeschichte in einem weiteren Sinne des Wortes wäre erst dann bearbeitet, wenn der Horizont des Betrachters die literarischen Berührungen und Gegenwirkungen der hiesigen Völker umfasst.“ (Suits 1929: 208). Ihm sekundiert Otto Alexander WebermannWebermann, Otto Alexander, den das Schicksal nach dem Zweiten WeltkriegWeltkriegZweiter Weltkrieg nach Göttingen brachte:

      Unabhängig davon, wo man die Hauptakzente setzt, kann der Literaturhistoriker in solchen Räumen wie in unserer HeimatHeimat, wo mehrere Sprachen nebeneinander existieren und wo in früheren Zeiten die meisten Autoren in zwei oder in mehreren Sprachen geschrieben haben, nicht umhin, einerseits diesen Raum als eine Einheit zu betrachten, andererseits aber den komplexen Charakter der geistigen Erscheinungen zu berücksichtigen, und wenn die bisherigen Möglichkeiten und Methoden nicht ausreichen, so müssen wir nach neuen suchen.

      (WebermannWebermann, Otto Alexander 1960: 27.)

      Literaturverzeichnis

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      Rangøy, Øyvind (2019). Sisikond. Tallinn: Vihmakass ja kakerdaja.

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      Trunin, Mihhail (2014). Mõned mõtted Jaan Kaplinski venekeelse luuletaamatu kohta. In: Sirp. Eesti Kultuurileht. 09.07.2014. (www.sirp.ee/s1-artiklid/c7-kirjandus/2014-07-09-22-03-08/)

      Undusk, Jaan (1992). Saksa-eesti kirjandussuhete tüpoloogia. In: Keel ja Kirjandus, 1992, Nr. 10, 583–594; Nr. 11, 645–656; Nr. 12, 709–725.

      Undusk, Jaan (1999). Adressat und Sprache im deutschbaltischen Kulturraum. In: Obst, Ulrich/Ressel, Gerhard, unter Mitarbeit von Monika Glaser/Astrid Müncho. Balten – Slaven – Deutsche: Aspekte und Perspektiven kultureller Kontakte: Festschrift für Friedrich Scholz zum 70. Geburtstag. Münster – Hamburg – London: LIT, 347−361.

      Verschik, Anna (2005). Russian-Estonian Language Contact, Linguistic Creativity, and Convergence: New Rules in the Making. In: Multilingua, 24 (4), 413−429.

      Verschik, Anna; Bone, Elina (2018). Understanding Linguistic Features of Estonian-Latvian Bilingual Speech. In: Piotr Romanowski, Malgorzata Jedynak (Hrsg.) Current Research in Bilingualism and Bilingual Education. Springer, 79−102.

      Webermann, Otto Alexander (1960). Deutschbaltische und estnische Literatur. In: Baltische Hefte 7/1, 17–28.

      Widerspiegelungen der gesellschaftlichen Mehrsprachigkeit in der deutschbaltischen Literatur am Beispiel von Georg Julius von Schultz-Bertram, Monika Hunnius und Edzard Schaper

       Marin Jänes, Maris Saagpakk, Annika Saar, Marianne Laura Saar

      Abstract: Die deutschbaltischeDeutschbaltendeutschbaltisch Literatur ist aus der Perspektive der MehrsprachigkeitMehrsprachigkeit ein besonders vielversprechendes Forschungsthema, da ihre Gründungsgeschichte einen Kolonisationscharakter hat und die weitere Entwicklung durch einen mehrsprachigenMehrsprachigkeitmehrsprachig und transkulturellenTranskulturalitättranskulturell, aber auch wechselvollen Kontext geprägt war. In diesem Beitrag wird am Beispiel von drei literarischen Werken analysiert,

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