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Die Robinson-Morde. Gretelise Holm
Читать онлайн.Название Die Robinson-Morde
Год выпуска 0
isbn 9788711345382
Автор произведения Gretelise Holm
Жанр Языкознание
Серия Karin Sommer
Издательство Bookwire
So einfach war das. Belia und Wolf folgten ihren satanischen Gelüsten. Im ersten Monat standen sie nur auf, um Essen zu kaufen, da es wehtat, wenn ihre Körper getrennt waren.
Der Satanismus hatte sie befreit und zusammengeführt und sie waren sich einig, dass die satanische Botschaft verbreitet werden musste. Deshalb hatte Wolf mit seiner Net-Mission begonnen und die ließ sich von Skejø aus ebenso gut betreiben wie von Aarhus oder Kopenhagen. Dass die Wahl auf Skejø gefallen war, war ein Zufall. Sie wollten an einem schönen und billigen Ort wohnen und dann hatte Wolf im Internet die frühere Galerie auf der Insel entdeckt.
Belia schrieb an ihrer Diplomarbeit und passte auf Lucy auf. Wolf putzte tagsüber im Altenheim. Abends und nachts saß er am Computer, gestaltete die satanische Homepage und chattete mit den Besuchern der Seite. Die meisten waren nur neugierig, aber er hatte auch Kontakt zu drei oder vier wirklich Interessierten. Deshalb musste der Tempel fertig werden. Räume und Rituale waren wichtige Elemente der Religionsausübung.
Versuchen Sie, hier auf der Insel eine Gemeinde zu gründen?«, fragte Karin, die von den jungen Satanisten freundlich empfangen worden war.
»Nein, wir missionieren nicht persönlich. Wir bedienen uns des Internets und wenn jemand Interesse hat, kann er Kontakt zu uns aufnehmen. Von den Ortsansässigen hat sich bislang niemand an uns gewandt«, erklärte Wolf.
»Wie hat die Inselgemeinschaft sie aufgenommen?«
»Anfangs waren alle sehr freundlich und offen, aber jetzt hat sich das Gerücht wohl verbreitet. Und die meisten Menschen glauben, dass Satanisten das Böse anbeten und grausige Dinge tun. Aber das stimmt absolut nicht ...«
»Was stimmt denn?«, fragte Karin.
»Wir haben eine Philosophie, in deren Zentrum der Mensch, der physische Mensch steht. Wir betrachten den Menschen nicht als Sünder, sondern als wertvolles Individuum mit Bedürfnissen und Trieben, die nicht unterdrückt werden dürfen. Als Satanisten leben wir in Übereinstimmung mit unseren Lüsten, Trieben und Interessen und haben deswegen keine Schuldgefühle.«
»Das klingt nach etwas, das andere Selbstverwirklichung nennen«, sagte Karin und fuhr fort: »Aber die Särge, die Skelette und die Rituale, wozu sollen die gut sein?«
»Zur Reinigung und Befreiung. In der Ritualkammer können wir uns von Angst, Schuldgefühlen, Hass, Sorgen und verdrängten Aggressionen befreien.«
»Sehr praktisch«, entfuhr es Karin, aber Wolf und Belia entging die Ironie.
»Genau, da haben Sie Recht. Der Satanismus ist im Gegensatz zu all den anderen spirituellen Religionen eine praktische und materialistische Religion«, sagte Belia.
»Wir vertreten die Auffassung, dass der Mensch von Grund auf egoistisch ist und sein eigenes Vergnügen sucht und dass das dem Menschen nicht vorgeworfen werden darf«, ergänzte Wolf.
»Ich glaube, ich habe verstanden«, sagte Karin, die das kleine Satanistenkind, Lucy, auf dem Arm hielt, während die Mutter einige Bücher und Schriften holte, die sie Karin zu lesen empfehlen wollte.
»Gefällt Ihnen die Arbeit im Altenheim?«, wechselte Karin das Thema.
»Das ist nur eine Arbeit. Sie ist okay«, antwortete Wolf.
»Haben Sie von dem Begräbnis am Montag gehört?«
Das hatte Wolf, aber Belia nicht und Karin erzählte.
»Und dann rief Johanne: ›Er ist nicht zu Gott heimgerufen worden. Der Inselrat hat ihn abgewählt‹ «, endete sie.
Wolf sah nachdenklich aus.
»Kannten Sie Gustav Kwium?«, fragte Karin.
»Ja, er war ein zorniger, alter Mann«, antwortete Wolf. »Ich habe an dem Tag, an dem er starb, bei ihm Fenster geputzt.«
»Ist Ihnen irgendetwas Besonderes aufgefallen?«
»Nein, nichts, bis auf dass es am frühen Nachmittag zuging wie in einem Taubenschlag. Er war der fordernde Typ, der oft nach dem Pflegepersonal klingelte. Mich hat er auch angeraunzt, wenn es ihm in den Ecken nicht sauber genug war. Und der Sohn fing auch an sich einzumischen. So ein Stockfisch aus Kopenhagen, der ungeduldig auf sein Erbe wartete.«
»Warum glauben Sie das?«
»Weil er mich bei unserer ersten Begegnung für einen Arzt gehalten hat. Er hat mir erklärt, dass sein Vater starke Schmerzen hat und Morphium braucht. Ich weiß selbst, dass Morphium für einen alten Menschen mit einem schwachen Herzen gefährlich ist und Kwium hatte nicht über Schmerzen geklagt.«
»Wer hat ihn an seinem Todestag sonst noch besucht?«
»Die Pfarrerin, aber sie macht bei allen die Runde.«
»Es gibt Gerüchte, dass im Altenheim merkwürdige Dinge vor sich gehen. Haben Sie darüber etwas gehört?«, fragte Karin.
»Nein, wir sind wohl die Einzigen, denen nie irgendwelche Gerüchte zu Ohren kommen, weil die Leute so eine verdammte Angst vor uns haben, aber ich glaube, dass hier auf der Insel viele merkwürdige Dinge passieren. Wo sonst schleicht sich ein Pfarrer mitten in der Nacht zu einer Leiche ins Leichenhaus?«
»Wie bitte?«
»Ich sage, dass sich die Gemeindepfarrerin am Montag gegen 24 Uhr zu der Leiche von Gustav Kwium geschlichen hat, die im Leichenhaus aufgebahrt war.«
»Aha, und woher wissen Sie das?«
»Ich bin vorbeigekommen und habe es gesehen.«
»An so einem Ort kommt man doch nicht so einfach nachts vorbei«, sagte Karin zögernd und dachte an die einsame Lage unten am Wasser.
»Ja, aber ich bin es eben. Und wenn Sie glauben, dass wir Kirchenschänder sind oder Grabsteine umstoßen, dann irren Sie sich.«
»Ich habe keinen Grund, das zu glauben«, antwortete Karin.
Nein, Kirchenschänder waren sie wohl kaum, eher rührende, verwirrte, junge Menschen, die mitten in einem verspäteten pubertären Aufruhr gegen den großen, strengen Vater steckten, dachte Karin, während sie weit ausschritt, um rechtzeitig zu der Veranstaltung über die Macht der Geister zu kommen, die im Dorfgemeinschaftshaus stattfinden sollte.
Die Pfarrerin war also in der Nacht vor dem Begräbnis im Leichenhaus bei der Leiche von Gustav Kwium gewesen – was zum Teufel hatte das nun wieder zu bedeuten?
»Du hättest doch einfach sagen können, wie es gewesen ist. Sie hat einen sehr netten Eindruck gemacht«, sagte Belia.
»Nein, wenn es herauskommt, werden wir im Meer gesteinigt«, sagte Wolf und küsste sie.
»Vielleicht sollten wir doch nicht in so einem kleinen Ort wohnen, wo die Leute uns verabscheuen«, sagte sie.
»Das geht vorüber. Alle Menschen mit neuen Ideen sind Hohn und Verdächtigungen ausgesetzt. Das macht uns nur stärker«, antwortete Wolf.
Bei seltenen Gelegenheiten konnte es vorkommen, dass Wolf auf merkwürdige Weise von dem Christentum bestürmt wurde, das so schwer auf seiner Kindheit und Jugend gelastet hatte. Und wenn sich die christlichen Vorstellungen einschlichen, konnten ihn Zweifel an der allein gültigen Wahrheit des Satanismus befallen. Er hatte via Internet bei einem satanischen hohen Priester in den USA um Rat gesucht, was zu tun war, wenn ihn diese Anfechtungen befielen.
Der hohe Priester hatte ein Ritual als Gegengift gegen das Christentum empfohlen und zu diesem Ritual benötigte man geweihte Friedhofserde.
Die Friedhofserde musste um Mitternacht bei Vollmond geholt und in eine Opferschale in der Ritualkammer gefüllt werden. Dann musste die vom Christentum infizierte Person auf die Erde in der Schale urinieren. Wolf war auf dem Friedhof gewesen, um eine kleine Schaufel voll Erde zu genau diesem Zweck zu holen und hatte sich hinter einem großen Grabstein verstecken müssen, als die Pfarrerin angeradelt kam und sich ins Leichenhaus schlich, wo die Leiche von Gustav Kwium lag.
Die