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Gesammelte Werke: Historische Romane, Märchen, Abenteuerromane & Autobiografie. Georg Ebers
Читать онлайн.Название Gesammelte Werke: Historische Romane, Märchen, Abenteuerromane & Autobiografie
Год выпуска 0
isbn 9788075836854
Автор произведения Georg Ebers
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
»Sende mir heute noch das – das Tuch durch den Zwerg Nemu!«
Als er schon den Garten betreten hatte, wandte er sich nochmals um und rief Paaker zu:
»Es speisen heut einige Freunde mit mir zu Nacht und ich bitte auch Dich, zu erscheinen!«
Der Wegeführer verneigte sich. Er empfand dunkel, daß er von unsichtbaren Fäden umgarnt werde. Bis zu dieser Stunde war er stolz gewesen auf seine Hingabe an seinen Beruf, auf seine Leistungen als Mohar, und nun erfuhr er, daß derselbe König, dessen Ehrenkette seinen Hals schmückte, ihn mißachte und vielleicht nur um seines Vaters willen in seinem mühseligen und gefährlichen Amte dulde, welches er trotz seiner ihn nach Theben lockenden Reichthümer freiwillig und uneigennützig auf sich genommen hatte. Er wußte, daß er die Rohrfeder ungeschickt führe, aber das war kein Grund, ihn gering zu schätzen. Hundertmal hatte er seine Stellung so zu gestalten gewünscht, wie Ani sie ihm malte. Seine Bitte, sich Schreiber halten zu dürfen, war von Ramses abgewiesen worden. Was er erspähe, wurde ihm erwiedert, wäre geheim zu halten und Niemand vermöge für die Verschwiegenheit eines Zweiten zu bürgen.
Als sein Bruder Horus herangewachsen war, folgte er ihm, als sein gehorsamer Gehülfe, auch noch nachdem er ein Weib genommen, das in Theben mit ihrem Kinde bei Frau Setchem zurückblieb.
Jetzt vertrat er Paaker's Stelle in Syrien, schlecht, wie der Wegeführer meinte, und doch von Beifall belohnt, weil der Wicht glatte Worte mit schnellem Rohre zu schreiben verstand.
Der an Einsamkeit gewöhnte Mann zog sich in sich selbst zurück und vergaß seine Umgebung, auch die Wittwe, welche sich auf ein Polster niedergelassen hatte und ihn schweigend beobachtete.
Er schaute in's Leere, während ungeordnete Gedanken sein Hirn kreuzten. Er fühlte sich grausam gemißhandelt und daß es ihm obliege, ein furchtbares Schicksal über Andere zu verhängen. Unklar und nebelhaft war Alles, was er empfand, die Liebe verschmolz sich in ihm mit dem Hasse, aber mit entschiedener, von keinem Zweifel getrübter Sicherheit hoffte er auf Nefert's Besitz.
Die Götter waren tief in seiner Schuld! Wie viel hatte er für sie aufgewandt, – und wie spärliche Gegengaben dankte er ihnen! Er kannte nur einen Ersatz für sein verwüstetes Leben, und auf diesen glaubte er so sicher rechnen zu dürfen wie auf ein Kapital, das er gegen gute Verschreibungen ausgeliehen.
In diesem Augenblicke vergällten die bitteren Empfindungen die süßen Hoffnungsgedanken und vergeblich rang er nach Ruhe und Klarheit.
Bei solchem Scheidewege konnte er von keinem Amulet und keinem Fragespiele die Antwort erwarten; hier galt es zu sinnen und Pläne zu schmieden und doch vermochte er keinen Gedanken auszudenken und keinen Anschlag zu erfinden.
Heftig griff er an seine brennende Stirn und aufgeschreckt aus seinem Brüten erinnerte er sich des Ortes, an dem er sich befand, und der Mutter seiner Geliebten und seines Gespräches mit ihr und ihres Wortes, sie verstünde es, Männer zu leiten.
»So möge sie für mich denken,« murmelte er vor sich hin, »das Handeln sei meine Sache.«
Langsam schritt er ihr entgegen und sagte:
»Es bleibt dabei, wir sind Verbündete.«
»Gegen Ramses und für Ani,« erwiederte sie und reichte ihm ihre schlanke Rechte.
»In wenigen Tagen brech' ich auf nach Syrien; indessen magst Du bedenken, welche Aufträge Du mir zu ertheilen hast. Das Geld für Deinen Sohn soll heute nach Sonnenuntergang bei Dir niedergelegt werden. Kann ich Nefert begrüßen?«
»Nicht jetzt, denn sie ist im Tempel und betet.«
»Aber morgen?«
»Gern, mein Lieber. Sie wird sich freuen, Dich zu sehen und Dir zu danken.«
»Lebewohl, Katuti.«
»Nenne mich Mutter,« sagte die Wittwe und winkte dem sich Entfernenden mit dem Schleier nach.
Viertes Kapitel
Sobald Paaker hinter dem Strauchwerke verschwunden war, schlug Katuti an eine Scheibe von Metall, eine Sklavin erschien und sie fragte dieselbe, ob Nefert aus dem Tempel zurückgekehrt sei.
»Ihre Sänfte hielt soeben an der Hinterpforte,« lautete die Antwort.
»Ich erwarte sie hier,« befahl die Wittwe.
Die Sklavin entfernte sich und wenige Minuten später trat Nefert in die Halle.
»Du hast mich gerufen,« sagte sie, nachdem sie ihre Mutter begrüßt und sich auf ihr Lager niedergelassen hatte. »Ich bin müde. Nimm den Wedel, Nemu, und halte die Fliegen von mir ab.«
Der Zwerg setzte sich auf ein Kissen vor ihrem Lager und begann den halbkreisförmigen Wedel von Straußenfedern zu schwenken; Katuti wehrte ihm aber und sagte:
»Laß das jetzt, wir haben allein zu reden.«
Der Zwerg zuckte die Achseln und stand auf, Nefert aber schaute ihre Mutter mit einem ihrer unwiderstehlichen Blicke an und sagte so weich, als hinge daran ihr Wohl und Wehe:
»Laß ihn. Die Fliegen quälen mich so sehr. Nemu ist ja verschwiegen.«
Dabei faßte sie den großen Kopf des Kleinen wie den eines Schooßhundes und rief dann die weiße Katze, welche sich mit einem zierlichen Sprung auf ihre Schulter schwang und dort mit gekrümmtem Rücken stehen blieb, um sich von ihren zarten Fingern streicheln zu lassen.
Nemu schaute seine Herrin fragend an; diese wandte sich aber ihrer Tochter zu und sagte mahnend: »Ich habe Dinge von schwerem Ernst mit Dir zu besprechen.«
»So?« fragte die Gattin des Mena; »ich kann mich doch aber nicht von den Fliegen zerstechen lassen. Freilich, wenn Du willst . . .«
»So mag Nemu bleiben,« sagte Katuti und ihre Stimme klang wie die einer Wärterin, welche einem unartigen Kinde nachgibt. »Er weiß ohnehin, um was es sich handelt.«
»Siehst Du!« rief Nefert, küßte den Kopf der weißen Katze und gab dem Zwerge von Neuem den Wedel in die Hand.
Die Wittwe sah ihre Tochter mit aufrichtigem Bedauern an, trat ihr näher und fühlte sich zum tausendsten Male von ihrer wunderbaren Schönheit überrascht.
»Armes Kind,« seufzte sie, »wie gern erspart' ich Dir das Schreckliche, das Du doch einmal hören, einmal erfahren mußt. Laß jetzt das thörichte Spiel mit der Katze, ich habe Dir Dinge von gräßlichem Ernste mitzutheilen.«
»Sprich nur,« erwiederte Nefert, »ich fürchte heute auch nicht das Schlimmste. Mena's Stern, sagte mir der Horoskop, stünde mitten unter den Zeichen des Glücks und im Besatempel 128 befragte ich das Orakel und hörte, daß es meinem Manne gut gehe. Ich habe mir die Seele recht frei gebetet. Sprich nur, ich weiß schon, des Bruders Brief aus dem Lager enthielt nichts Gutes. Vorgestern Abend hast Du geweint und gestern sahest Du übel aus; selbst die Granaten im Haare standen Dir nicht.«
»Dein Bruder,« seufzte Katuti, »verursacht mir schweren Kummer und wir würden durch ihn der Ehrlosigkeit verfallen sein . . .«
»Wir? der Ehrlosigkeit?« fragte Nefert und faßte ängstlich nach dem Kätzchen.
»Dein Bruder verlor im Spiel ungeheure Summen; um sie wieder zu gewinnen, verpfändete er die Mumie seines Vaters . . .«
»Schrecklich!« rief Nefert. »Da werden wir uns an den König wenden müssen! Ich schreibe ihm selbst, und um Mena's willen wird er mich hören. Ramses ist groß und edel und er wird nicht ein ganzes ihm treu ergebenes Haus durch den Leichtsinn eines tollen Jungen der Schande anheimfallen lassen. Gewiß, ich schreibe ihm!«
Das Alles sagte sie mit dem Tone der kindlichsten Zuversicht und forderte, als wäre diese Angelegenheit