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Gesammelte Werke: Historische Romane, Märchen, Abenteuerromane & Autobiografie. Georg Ebers
Читать онлайн.Название Gesammelte Werke: Historische Romane, Märchen, Abenteuerromane & Autobiografie
Год выпуска 0
isbn 9788075836854
Автор произведения Georg Ebers
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
Am liebsten hätte er das Gold, welches er zu verschenken entschlossen war, sogleich seiner Schatzkammer entnehmen und es von seinen Sklaven vor sich her tragen lassen, wie die unterworfenen Fürsten ihre Tribute. Das ging nicht und so steckte er den großen mit einem kostbaren Edelsteine gezierten Ring, welchen König Seti dereinst seinem Vater geschenkt hatte, an den Finger und schmückte sich mit vielen Spangen und Reifen.
Als er sich, bevor er sein Haus verließ, in dem Spiegel sah, sagte er sich mit Befriedigung, daß er, wie er da ging und stand, so viel werth sei wie das ganze Erbgut des Mena.
Seit seiner Unterredung mit dem Zwerge und dessen Deutung seines Traumes lagen die Wege, welche er zur Erreichung seines Zieles zu wandeln hatte, scharf begrenzt vor ihm. Nefert's Mutter mußte vor Schande bewahrt, mit Gold gewonnen, und Mena in jene Welt gesendet werden. Als Bundesgenossen betrachtete er seine rücksichtslose Gewaltthätigkeit, die er »feste Entschlossenheit« zu nennen liebte, die Klugheit des Zwerges Nemu und den Liebestrank.
Jetzt nahte er Katuti, siegesgewiß wie ein Kaufmann, der eine kostbare Waare zu erwerben geht und sich reich genug fühlt, sie zu zahlen.
Die würdige und stolze Art seiner Base verwirrte ihn.
Er hatte sie anders, – gebrochen und um Hülfe flehend zu finden erwartet und gehofft, nach seiner großmüthigen That Nefert's Dank zugleich mit dem ihrer Mutter zu ernten. Aber die schöne Gattin des Mena war abwesend und Katuti ließ sie nicht rufen, auch nicht nachdem er sich nach ihrem Befinden erkundigt hatte.
Keinen Schritt kam die Wittwe ihm entgegen und so verging geraume Zeit mit gleichgültigen Gesprächen, bis Paaker ihr unvermittelt, aber mit einer Derbheit, die sie für Biederkeit hielt und um derentwillen sie ihm seinen gerade unter den obwaltenden Umständen schlecht gewählten Prunk verzieh, mittheilte, daß er von der unverantwortlichen That ihres Sohnes gehört und beschlossen habe, sie und die Ihren als die nächsten Verwandten seiner Mutter vor der Ehrlosigkeit zu bewahren.
Katuti dankte ihm mit würdigen, aber herzlichen Worten, mehr noch um ihrer Kinder als um ihrer selbst willen; denn vor jenen, sagte sie, öffne sich das Leben, welches abgeschlossen hinter ihr liege.
»Du bist in guten Jahren,« sagte Paaker.
»Vielleicht in den besten,« erwiederte die Wittwe, »wenigstens für mich, die ich das Dasein als ein Amt betrachte, ein schweres Amt.«
»Die Verwaltung dieses verschuldeten Gutes muß sorgenvolle Stunden bringen, das glaub' ich.«
Katuti nickte und sagte dann traurig:
»Das Alles ließe sich ertragen, wenn ich nicht verdammt wäre, das arme Kind, ohne helfen, ohne rathen zu können, elend verkommen zu sehen. Du hast sie einst gern gehabt und ich frage Dich; gab es ein Mädchen in Theben, ja in Aegypten, das ihr gleichkam an Schönheit? War sie liebenswerth und ist sie es nicht noch? Verdient sie es, daß ihr Gatte sie einsam darben läßt, sie vernachlässigt und, als hätt' er sie verstoßen, ein fremdes Weib an ihrer Stelle in sein Zelt nimmt? Ich sehe Dir an, was Du sinnst. Du schiebst mir die Schuld des Geschehenen zu, Dein Herz fragt: ›Warum brachen sie das Verlöbniß?‹ und Dein redlicher Sinn antwortet, daß Du ihr ein besseres Loos bereitet haben würdest.«
Bei diesen Worten ergriff die Wittwe ihres Neffen Hand und fuhr mit steigender Wärme fort:
»Als großmüthigsten Mann in Theben haben wir Dich heute kennen gelernt, denn mit ungeheuren Wohlthaten hast Du schweres Unrecht vergolten; aber schon als Knabe warst Du uns lieb und werth. Der Wunsch Deines Vaters, der gegen uns wie ein liebreicher Bruder gehandelt hat, so lange er lebte, ist mir heilig und theuer gewesen, und lieber hätt' ich mir selbst, als Deiner guten Mutter, meiner Schwester, Schmerzen bereitet. Ich hütete und zog mein Kind mit aller Sorgfalt heran für den jungen, seine Kraft im fernen Asien bewährenden Helden, für Dich, und nur für Dich. Da starb Dein Vater und mit ihm mein Halt und mein Beschützer.«
»Ich weiß Alles,« unterbrach sie Paaker und schaute düster zu Boden.
»Wer sollte es Dir berichtet haben?« fragte die Wittwe, »da mir Deine Mutter, nachdem das Unglaubliche geschehen war, ihr Haus verbot und ihr Ohr verschoß. Der König selbst warb für Mena, der ihm mehr ist als seine Söhne; und als ich auf Deine älteren Rechte hinwies, da befahl er, und wer dürfte sich dem Befehle des Herrn beider Welten, der sich den Sohn der Sonne nennt, widersetzen! Die Könige vergessen schnell! Wie oft schlug Dein Vater sein Leben für ihn in die Schanze, wie viele Wunden hat er in seinem Dienste davongetragen. Um Deines Vaters willen hätte er Dir solchen Schimpf und solches Leid ersparen müssen.«
»Und hab' ich selbst ihm gedient oder nicht?« fragte Paaker, und tiefe Röthe bedeckte seine Wangen.
»Er kannte Dich wenig,« gab Katuti im Tone der Entschuldigung zurück. Dann nahm ihre Stimme eine neue Färbung an und teilnehmend fragte sie:
»Womit hast Du schon damals, jung wie Du warst, seine Unzufriedenheit erweckt, seine Abneigung, ja seine . . .«
»Was?« fragte der Wegeführer und seine Glieder bebten.
»Laß das,« fiel die Wittwe begütigend ein. »Der Könige Gunst und Ungunst ist wie die der Gottheit. Man freut sich ihrer, oder man beugt sich vor ihr.«
»Was hab' ich in Ramses erweckt außer Unzufriedenheit und Abneigung? Ich will es wissen.« rief Paaker mit steigender Heftigkeit.
»Du ängstigst mich,« begütigte die Wittwe. »Indem er Dich erniedrigte, beabsichtigte er wohl nur seinen Günstling in Nefert's Augen zu heben.«
»Was hat er gesagt?« rief der Wegeführer und dabei troff kalter Schweiß von seiner braunen Stirn und man sah nur das Weiße seiner rollenden Augen.
Katuti wich vor ihm zurück, er aber folgte ihr, faßte ihren Arm und fragte heiser:
»Was hat er gesagt?«
»Paaker!« rief die Wittwe klagend und vorwurfsvoll. »Laß mich los. Es ist zu Deinem Besten, wenn ich die Worte verschweige, mit denen Ramses Nefert's Herz von Dir abzuwenden suchte. Laß mich los und bedenke, mit wem Du redest!«
Aber Paaker schloß seine Hand nur fester um ihren Knöchel und wiederholte dringender seine Frage.
»Schäme Dich!« rief Katuti. »Du thust mir weh. Laß mich los! Du willst nicht, bis Du weißt, was er sagte? So mag Dein Wille geschehen; aber nur gezwungen kommen diese Worte über meine Lippen. Er sagte, wenn er nicht wüßte, daß Deine Mutter Setchem eine brave Frau wäre, so würde er Dich nicht für den Sohn Deines Vaters halten, denn Du glichest ihm so wenig wie die Eule dem Adler.«
Paaker entfernte sogleich die Hand von dem Arme der Wittwe und seine bleichen Lippen murmelten. »So – so – – –«
»Nefert hat Dich vertheidigt und ich mit ihr, aber vergebens. Nimm das schlimme Wort nicht zu schwer. Dein Vater war ein Mann sonder Gleichen und Ramses vergißt nicht, daß wir dem alten Königshause verwandt sind. Sein Großvater, sein Vater und er sind Emporkömmlinge und Einer lebt noch, der ein besseres Recht auf den Thron der Pharaonen besitzt, als er.«
»Der Statthalter Ani,« sagte Paaker fest.
Katuti nickte zustimmend, trat dem Wegeführer näher und sagte leise:
»Ich gebe mich in Deine Hand, obgleich ich weiß, daß sie sich gegen mich erheben könnte. Aber Du bist mein natürlicher Bundesgenosse, denn dieselbe That des Ramses, die Dich schändete, hat mich zur Genossin der Pläne des Statthalters gemacht. Dir stahl der König die Braut, mir die Tochter; Dir erfüllte er die Seele mit Haß gegen den übermüthigen Nebenbuhler, mir goß er Feuer in's Herz, denn er hat das Lebensglück meines Kindes vernichtet. Ich fühle etwas von dem Blute Hatasu's in meinen Adern und mein Geist ist stark genug, um Männer zu lenken. Ich war es, die die schlummernden Wünsche im Busen des Statthalters wachrief, die seine Augen dem Throne zuwandte, für den ihn die Götter bestimmten. Die Diener der Himmlischen, die Priester, sind uns geneigt, wir haben . . .«
In