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dupliziert (cf. d’Achille/Proietti 2011: 96). Des Weiteren stellen sie Artikelteile fest, die aus automatischen Übersetzungen resultieren, oder aus anderen Sprachversionen kopiert worden sind. Trotz einer erheblichen Länge decken manche Artikel die wichtigsten Punkte nicht vollständig ab (cf. d’Achille/Proietti 2011: 105). Ebenso bleiben manche Artikel StubsStub ʻStummelartikelʼ, die auf ihre Fertigstellung warten (cf. Tereszkiewicz 2010: 160). So manche angelegte Überschrift enthält keinen Artikeltext.

      Insgesamt lässt sich feststellen, dass WikipediaartikelWikipediaartikel sprachübergreifend durch die Funktionalitäten der Wikisoftware geprägt sind, die neben der Artikelansicht auch die Prozesse der Artikelproduktion nachverfolgbar machen und den Text durch die Bearbeitungsfunktion dynamisieren. Typische Elemente eines WikipediaartikelWikipediaartikels sind: Stichwort – Definition – einleitendes Resümee – Inhaltsverzeichnis – Textkörper mit Themenblöcken – Fußnoten – Bibliografie – Links auf andere Artikel – Links auf andere Wikiprojekte – externe Links – Portale – Kategorien – Hinweis auf die letzte Modifikation. Diese treten jedoch nicht notwendigerweise bei jedem Stichwort auf. In Artikeln zum selben Stichwort aus verschiedenen Sprachversionen können unterschiedliche Artikelelemente zum Einsatz kommen. Im Vergleich mit den Artikeln von Printenzyklopädien fallen die deutliche Abgrenzung des StichwortStichworts, die ausformulierte Definition, das einleitende Resümee und das automatisch generierte Inhaltsverzeichnis auf, die einerseits die Textstrukturierung verbessern, andererseits aber auch dem großzügigen Umgang mit Platz geschuldet sind (cf. Reutner 2013b: 245). In die verbesserte Textstrukturierung passt zudem die vermehrte Verwendung von Tabellen, Grafiken, Diagrammen, Medienelementen und Auflistungen (cf. Pentzold/Fraas/Meier 2013: 93; Augustin 2016: 11; Reutner 2013b: 245). Die Vielzahl der Quellennachweise geht auf die Tatsache zurück, dass anstelle von Experten Verweise auf Quellen die Glaubwürdigkeit der Inhalte erhöhen sollen (cf. Liebert/Kohl 2004: 141). In Wikipedia lassen sich darüber hinaus Artikelstrukturen finden, die sehr deutlich vom traditionellen Modell eines Enzyklopädieartikels abweichen. Dazu gehören Artikel, die entweder unvollständig sind oder eine mangelhafte Gliederung aufweisen. Ebenso existieren zirkuläre oder redundante Strukturen, die teilweise durch Kopieren von Textpassagen entstanden sind.

      3.3.5 Sprachlich-stilistische Merkmale

      Ebenso wie der Artikelaufbau können die sprachlich-stilistischen Merkmale von WikipediaartikelnWikipediaartikel je nach Untersuchungskorpus variieren. In ihrer Studie untersuchen Emigh/Herring (2005) englischsprachige Artikel1 aus den OnlineenzyklopädienEnzyklopädie– Online-~ Wikipedia und Everything2. In ein Zusatzkorpus werden die mit den Wikipediaartikeln verlinkten Nutzerdiskussionen und Artikel zu denselben Stichwörtern aus der Onlineversion der Columbia Encyclopedia gegeben. Die Artikel werden hinsichtlich des Grads sprachlicher FormalitätFormalität analysiert, wobei die sprachlichen Merkmale Kontraktionen (I’m, don’t, he’s, etc.) und Personalpronomina (I, we, you, he/she, they), größere Artikellänge und kürzere WortlängeWortlänge auf einen eher niedrigeren Grad an sprachlicher Formalität hindeuten. Die nominalen Suffixe -ment, -(t)ion, -ity, -ism, -ance/-ence, -age, eine eher kürzere Artikellänge und eine größere WortlängeWortlänge zeigen dagegen einen höheren Grad an sprachlicher Formalität an (cf. Emigh/Herring 2005: 5). Werden nur die beiden Merkmale Artikellänge und WortlängeWortlänge berücksichtigt, so ergibt sich ein geringerer Grad an sprachlicher Formalität in den Wikipediaartikeln als in den Artikeln der Columbia Encyclopedia. WikipediaartikelWikipediaartikel sind durchschnittlich länger, haben aber durchschnittlich kürzere Wörter. In der Columbia Encyclopedia ist es genau umgekehrt. Werden alle Merkmale ausgewertet und einer Faktorenanalyse unterzogen, so ergeben sich keine statistischen Unterschiede zwischen Artikeln aus Wikipedia und der Columbia Encyclopedia. Allerdings zeigt sich eine Verteilung der nominalen Suffixe je nach StichwortStichwort, wobei im Artikel zum Golfspieler Ben Hogan am wenigsten Nomina mit den untersuchten Suffixen auftreten, im Artikel Karl Marx schon deutlich mehr und im Artikel Corporation am meisten (cf. Emigh/Herring 2005: 7). Die exemplarische Analyse des Artikels String Theory zeigt in Wikipedia und in Columbia Encyclopedia einen vergleichbaren Grad an sprachlicher FormalitätFormalität. Somit kommen Emigh/Herring auf der Basis des von ihnen gewählten Korpus und der ausgewerteten Merkmale zu folgendem Schluss:

      Surprisingly, Wikipedia is statistically indistinguishable from the print encyclopedia in terms of the formality features measured in this study (Emigh/Herring 2005: 9).2

      Sie schätzen WikipediaartikelWikipediaartikel deswegen als „case of genre reproduction“ (Emigh/Herring 2005: 9) ein und kontrastieren die an traditionellen PrintartikelnPrintartikel orientierten WikipediaartikelWikipediaartikel mit den DiskussionsseitenDiskussionsseite in Wikipedia, aber auch mit der OnlineenzyklopädieEnzyklopädie– Online-~ Everything2, die deutliche Spuren der InformalitätInformalität trägt und deswegen als neues Internetgenre betrachtet wird.

      Einen Vergleich zwischen Artikeln aus Britannica und der englischen Version der Wikipedia nimmt Elia vor. Ihr Korpus enthält pro Enzyklopädie eine Zufallsstichprobe aus 100 Artikeln, wobei jeweils zehn Artikel aus den Kategorien Kunst, Biografie, Kultur, Gesellschaft, Geografie, Geschichte, Mathematik, Philosophie, Wissenschaft und Technik ausgewählt worden sind.3 Das Korpus enthält durch dieses Verfahren Artikel von unterschiedlicher Qualität und in unterschiedlichen Entwicklungsstadien. Ausgeschlossen sind jedoch Artikel im Anfangsstadium und StubsStub (cf. Elia 2008: 64). Die Artikel werden vorwiegend quantitativ hinsichtlich ihres Grades an sprachlicher FormalitätFormalität untersucht. Dabei werden die folgenden dreizehn Merkmale ausgezählt, die als Indikatoren eines eher hohen Grads an sprachlicher Formalität gelten: Länge der WörterWortlänge in Buchstaben, SatzlängeSatzlänge, lexikalische Dichtelexikalische Dichte (tokens/types), NominalisierungenNominalisierung (anhand von Suffixen), Einsatz des Gerundiums und des Partizip Präsens, definite und indefinite Artikel, Nomina, Adjektive, Präpositionen, PassivformenPassivform, Konjunktionen und Konnektoren. Insgesamt ergibt die Summe aller Merkmale etwas höhere relative Frequenzen in den Britannicaartikeln (79,80 %) als in den WikipediaartikelnWikipediaartikel (76,10 %) (cf. Elia 2008: 270). Um den Grad an sprachlicher InformalitätInformalität zu bestimmen, werden insgesamt zehn sprachliche Merkmale im Korpus abgefragt: Orts- und Zeitangaben, Personalpronomina, Demonstrativa, Indefinitpronomina, abschwächende und verstärkende Formulierungen, Modalverben, die Frequenzen geläufiger Vollverben, Verneinungen, Interrogativsätze und Kürzungen. Die Frequenzen in diesem Set zeigen insgesamt in beiden Enzyklopädiekorpora gleich niedrige Ergebnisse (beide 7,5 %), woran ersichtlich wird, in welchem Maße sprachliche Mittel, die den sachlich-neutralen Stil der Enzyklopädieartikel beeinträchtigen würden, vermieden werden (cf. Elia 2008: 271). Die Ergebnisse aus den beiden Sets sprachlicher Merkmale zeigen somit, dass Britannicaartikel etwas höhere Frequenzen an sprachlichen Mitteln enthalten, die auf einen hohen Formalitätsgrad hindeuten, während Mittel der sprachlichen InformalitätInformalität in beiden Korpora in gleichem Maße nur gering ausgeprägt sind.

      Ein anderes Korpus liegt der Studie von Tereszkiewicz (2010) zugrunde, die ausschließlich Artikel der englischsprachigen Wikipedia analysiert, die mit dem Buchstaben U beginnen. Diese Vorgehensweise ergibt ein Korpus von 968 Artikeln unterschiedlicher Länge und Qualität. Die Analyse der Artikel zeigt teilweise erhebliche Abweichungen von den diskurstraditionellen Normen eines Enzyklopädieartikels. So stellt Tereszkiewicz auf der Diskursebene fremde DiskursmusterDiskursmuster und narrative Elemente fest.4 Auf der Textebene zeigen sich unvollständige Artikel, zirkuläre Definitionen und ein Mangel an KohäsionKohäsion und KohärenzKohärenz. Zudem treten teilweise eine abweichende SatzgliedstellungSatzgliedstellung auf. In der Lexik fallen die Verwendung eines inadäquaten Vokabulars, eine ausschweifende Darstellung, HeckenausdrückeHeckenausdruck, umgangssprachliche Ausdrücke und idiomatische Formulierungen auf. Ebenso werden sprachliche Mittel verwendet, die subjektive Standpunkte transportieren oder sich stärker am Leser orientieren. Nicht zuletzt sind Fehler in OrthografieOrthografie und InterpunktionInterpunktion in den Artikeln zu finden. Diese Abweichungen können je nach Artikel unterschiedlich häufig sein, was Tereszkiewicz (2010) zu der Annahme führt, dass sich WikipediaartikelWikipediaartikel auf einem Kontinuum vom konventionellen Artikel (23

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