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ebenfalls für das Deutsche typisch sind. Die Verdichtungnominale Verdichtung bewirkt, dass zum Ausdruck des propositionalen Gehalts weniger Formen auf der Textoberfläche erscheinen als in einer expandierten Form, was in romanischen Sprachen beispielsweise durch Konstruktionen mit einem Gerundium oder einem Partizip geleistet werden kann, die einen Nebensatz ersetzen. Im Deutschen stehen für die nominale Verdichtungnominale Verdichtung Wortbildungsmechanismen (Komposition, Substantivierung, Bildung komplexer Adjektive) sowie die Attribuierung zur Verfügung. Häufig folgt die Satzstruktur in EnzyklopädieartikelnEnzyklopädieartikel dem Schema X ist Y, wobei die Nominalphrase in Y durch Attribuierung stark erweitert wird, wie Fandrych/Thurmair am folgenden Beispiel aus dem Artikel mechanische Musikinstrumente illustrieren:

       (5) […] Herzstück der m.M. ist seit dem 14. Jh. die Stiftwalze, eine drehbare Holzwalze (später auch Metall) mit vorstehenden Metallwinkeln, Eisenbolzen oder Nagelstiften, die in Umdrehungsrichtung entsprechend dem Rhythmus, in Querrichtung entsprechend der Tonhöhe angeordnet sind, wobei eine Walze mehrere Musikstücke tragen kann (Fandrych/Thurmair 2011: 108).

      In diesem Beispiel wird das Element Stiftwalze durch eine Apposition erweitert, die mit eine drehbare Holzwalze beginnt und bis zum Ende des Satzes reicht (cf. Fandrych/Thurmair 2011: 109). Dabei werden verschiedene Verfahren der nominalen Verdichtungnominale Verdichtung miteinander kombiniert, was in dieser Weise lediglich in der deutschen Sprache möglich ist:

      Eine solche Kombination von Wortbildung, pränuklearer und postnuklearer Attribution sowie Apposition ermöglicht es, mehrere Merkmale, die teils komplex ineinander verschachtelt sind, beidseitig an eine Nominalphrase „anzulagern“, eine Strukturmöglichkeit des Deutschen, die in anderen europäischen Sprachen nicht in dieser Weise ausgeprägt ist (Fandrych/Thurmair 2011: 109).

      Gläser (1990) präsentiert in ihrer Studie sprachlich-stilistische Merkmale von englischsprachigen Fachlexika, Fachenzyklopädien und Fachglossaren. Insbesondere in den Fachlexika lassen sich Verfahren der sprachlichen Kürze feststellen. Häufig wird „auf satzartige Definitionen und Erläuterungen zugunsten elliptischer Aussagen verzichtet“ (Gläser 1990: 93). In Fachenzyklopädien finden sich dagegen eher „längere, ausformulierte Abhandlungen“ (Gläser 1990: 96). Dementsprechend liegt auch die Frequenz von EllipsenEllipse in Fachlexika höher als in Fachenzyklopädien, nämlich in der Fachenzyklopädie bei 4,7 % (cf. Lauer 1986: 102) und im Fachlexikon bei 83 % (cf. Fiedler 1986: 100). Des Weiteren lassen sich Verfahren feststellen, die eine neutrale, unpersönliche Darstellung bewirken. In den untersuchten Artikeln fehlen Pronomina der 1. und 2. Person ebenso wie emotional-expressive Stilmittel. Teilweise treten jedoch in den enzyklopädischen Lexikonartikeln persönliche Stellungnahmen und Wertungen auf, insbesondere wenn sie die sachliche Darstellung unterstützen (cf. Gläser 1990: 102). Zudem ist in den Artikeln der Fachlexika eine hohe Frequenz an PassivformenPassivform zu verzeichnen, während diese in den Artikeln aus den enzyklopädischen Lexikonartikeln niedriger liegt (cf. Gläser 1990: 103). Darüber hinaus weisen enzyklopädische Lexikonartikel im Vergleich zu Artikeln der Fachlexika eine größere Breite an Stilmitteln auf:

      Infolge der obligatorischen Informationsverdichtung beschränken sich die Stilfiguren des Lexikonartikels auf die Ellipse, Parenthese und den Parallelismus. In enzyklopädischen Lexikonartikeln ist mit dem Asyndeton, der stilistischen Inversion, dem Nachtrag und einzelnen Metaphern zusätzlich zu rechnen (Gläser 1990: 108).

      Die ermittelten Stilmittel stehen in enger Relation zu den kommunikativen Verfahren, die für Artikel in Nachschlagewerken typisch sind. So tritt die ParentheseParenthese in Zusammenhang mit dem Explizieren oder Kommentieren von Sachverhalten auf. Auch bei diesen Verfahren weist der Lexikonartikel ein schmaleres Spektrum als der Artikel der Fachenzyklopädie auf. Während sich der Lexikonartikel vorwiegend auf die Verfahren Definieren und Explizieren beschränkt, werden diese Verfahren im enzyklopädischen Lexikonartikel durch die Verfahren Feststellen, Referieren, Beschreiben, Kommentieren und Beurteilen ergänzt (cf. Gläser 1990: 107). Zusätzlich zu sprachlichen Mitteln, die eine unpersönliche, neutrale Darstellung bewirken, fallen Verfahren auf, die mit der didaktischen Funktion von EnzyklopädieartikelnEnzyklopädieartikel verbunden sind. Göpferich (1995) zufolge sind die EnzyklopädieartikelEnzyklopädieartikel in ihrem deutsch-englischen Korpus diejenigen Diskurstraditionen, die den höchsten Anteil an metasprachlichen Elementen beinhalten. Ebenso stellt sie eine hohe Frequenz verallgemeinernder Formulierungen fest (cf. Göpferich 1995: 296; Haß 2016: 13).

      Sprachlich-stilistische Merkmale von französischen Artikeln aus Enzyklopädien und enzyklopädischen Wörterbüchern untersuchen Mochet/O’Neil (2000). Die Artikel folgen überwiegend einem sachlich-neutralen Stil. Die Definitionen sind elliptisch, wobei sie im Falle von Universalis nicht als eigenständiger Teiltext, sondern als Teil des einleitenden Resümees erscheinen. Die vergangenen Ereignisse im Artikel zum Stichwort croisade werden im passé simple, imparfait und passé composé präsentiert. Durch den Einsatz des imparfait wird insbesondere in La grande encyclopédie: inventaire raisonné des sciences, des lettres et des arts par une société des savants et des gens des lettres von Dreyfus/BerthelotBerthelot, Marcellin (1886–1902) ein narrativer Stil gepflegt, der in den nachfolgenden Enzyklopädien einer sachlich-neutralen Darstellung weicht. Lediglich der Teiltext bilan enthält in mehreren Enzyklopädien des 20. Jahrhunderts persönliche Urteile der Verfasser:

      Seul le „bilan“ des croisades conserve, à travers les commentaires appréciatifs, la marque d’opinion des auteurs (Mochet/O’Neil 2000: 105).

      Die Ausprägung sprachlich-stilistischer Merkmale in traditionellen italienischen Enzyklopädieartikeln2 untersuchen d’Achille/Proietti (2011: 93f.) und kontrastieren sie anschließend mit einem multilingualen Korpus aus Wikipediaartikeln. Als diskurstraditionell beschreiben sie die Auslassung des KopulaverbsKopulaverb in der Definition und die regelmäßige Wiederaufnahme des LemmasLemma in abgekürzter Form. Aufgrund des begrenzten Platzangebots weisen die Artikel häufig keinerlei Absätze auf. Aufzählungen, die von einem Doppelpunkt eingeleitet werden, garantieren eine kurze und knappe Präsentation der Information. Aus Gründen der Kondensation sind die EnzyklopädieartikelEnzyklopädieartikel durch einen hohen Grad an lexikalischer Dichte gekennzeichnet. Die Artikel orientieren sich an der Standardsprache und sind einer sachlich-nüchternen Darstellung in einem unpersönlichen Stil verpflichtet. Aus diesem Grund fehlen markierte Satzkonstruktionen sowie Frage- und Ausrufesätze. Die Interpunktionszeichen werden in ausschließlich syntaktisch-grammatischer Funktion verwendet. Ebenso beschränken sich die Tempusformen auf das Präsens und Vergangenheitstempora, das Futur wird zumeist vermieden. Des Weiteren fehlen Deiktika, Konnektoren und Gliederungssignale. Diskurstraditionell sind zudem ParenthesenParenthese, die auf kondensierte Weise Einschübe ermöglichen. Die Artikel streben insgesamt eine sprachlich homogene Darstellung an, wobei anhand von Abkürzungssystemen, Konventionen zur Großschreibung oder paragrafematischen Elementen der Stil eines Werks sichtbar werden kann.

      Insgesamt lässt sich feststellen, dass Artikel in Nachschlagewerken zum einen in der knappen Form eines Lexikonartikels und zum anderen in der ausführlichen Form eines Enzyklopädieartikels auftreten können, wobei die Grenzen fließend sind. Sowohl der Lexikonartikel als auch der EnzyklopädieartikelEnzyklopädieartikel sind durch die permanente Wiederaufnahme des Artikelthemas gekennzeichnet, um das herum die neuen Informationen organisiert werden (cf. Fandrych/Thurmair 2011: 103). Dabei tritt die Initiale des Lemmas am Satzanfang als Thema auf, auf das eine häufig expandierte Prädikatsphrase mit der neuen Information folgt. Zusätzlich wird über ein lexikalisches Netz aus Ausdrücken, die in semantischer oder assoziativer Beziehung zum Lemma stehen, der thematische Zusammenhang aufrechterhalten. Die Häufigkeit von Mitteln der sprachlichen Kürze variiert je nach Ausführlichkeit des Artikels. In der knapp gefassten Version fehlt das Kopulaverb in der Definition, im Artikeltext werden Lexeme abgekürzt. Das Artikelstichwort wird einmal ausgeschrieben und anschließend wird nur noch die Initiale als abgekürzte Form angegeben. Im Artikeltext werden die Aussagen asyndetisch aneinandergereiht, auf Konnektoren wird verzichtet. Zu einer solchen Informationsverdichtung tragen auch die häufigen ParenthesenParenthese bei. In deutschen Artikeln sind stark expandierte Nominalphrasen zu beobachten, was in anderen Sprachen rein strukturell nicht in dieser Ausprägung möglich ist. In den romanischen Sprachen werden

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