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Guy de Maupassant – Gesammelte Werke. Guy de Maupassant
Читать онлайн.Название Guy de Maupassant – Gesammelte Werke
Год выпуска 0
isbn 9783962817695
Автор произведения Guy de Maupassant
Жанр Языкознание
Серия Gesammelte Werke bei Null Papier
Издательство Bookwire
Sie wollte so fleissig arbeiten, dass man ihr den Lohn erhöhen müsste.
Allmählich riss sie alle Besorgungen auf dem Hofe an sich, eine Magd wurde entlassen, da sie für zweie arbeitete; sie sparte am Brote, am Öl, am Licht, am Korn, das man den Hühnern zu reichlich streute, und am Futter für das Vieh, das man bis dahin vielfach verschleudert hatte. Sie geizte mit dem Gelde des Herrn, als sei es ihr eigenes; und damit möglichst billig eingekauft und die Erzeugnisse des Hofes so teuer wie möglich verkauft würden, besorgte sie alle diese Geschäfte selbst. Sie führte die Aufsicht über die Arbeitsleute und über alles, was auf dem Hofe vorging. Sie war so sorgsam, dass der Hof unter ihrer Aufsicht einen sichtbaren Aufschwung nahm. Auf zwei Meilen in der Runde sprach man nur von der »Magd des Meister Vallin« und ihr Herr pflegte oft zu sagen: »Dieses Mädchen ist mehr wie Gold wert.«
Indess, die Zeit verging, und ihr Lohn blieb derselbe. Man nahm ihre übertriebene Arbeit als etwas an, was jede treue Magd tut, als den Beweis eines wirklich guten Willens; und allmählich berechnete sie mit einer gewissen Bitterkeit, dass, während der Herr monatlich fünfzig bis hundert Taler mehr einnehme, sie stets nur ihre zweihundertundvierzig Francs, nicht mehr und nicht weniger, jährlich verdiene.
Sie entschloss sich, um eine Zulage zu bitten. Dreimal suchte sie den Herrn auf, aber jedes Mal, wenn sie vor ihm stand, sprach sie von andren Dingen. Sie schämte sich gewissermassen Geld zu verlangen, als wenn das etwas Unanständiges wäre. Eines Tages endlich, als der Pächter allein in der Küche frühstückte, sagte sie ihm mit verlegener Miene, sie müsse ihm etwas Besonderes mitteilen. Er schaute erstaunt auf, beide Hände auf den Tisch gestützt; in der einen hielt er das Messer mit der Spitze nach oben, in der andren ein Stück Brot. So blickte er unverwandt auf seine Magd. Sie wurde bei diesem Blick ganz fassungslos und bat ihn, auf acht Tage nach Hause gehen zu dürfen, weil ihr nicht ganz wohl sei.
Er erlaubte ihr das sofort und sagte dann selbst etwas verlegen:
»Ich habe übrigens auch mit Dir zu reden, wenn Du wiederkommst.«
*
III.
Das Kind war nun schon acht Monate alt; sie hätte es nicht wiedererkannt. Es war ganz rosig, voll und rund, wie ein kleiner lebendiger Fettklumpen geworden. Seine Fingerchen, die unter kleinen Fettwulsten verschwanden, bewegten sich leise mit einem sichtbaren Ausdruck von Behagen. Sie warf sich darauf wie ein Geier auf die Beute und küsste es so heftig, dass es vor Furcht zu weinen begann. Aber auch ihren Augen entströmten Tränen der Eifersucht, als sie sah, dass es sie nicht wiedererkannte, dagegen seine Ärmchen der Ziehmutter entgegenstreckte, sobald es dieselbe bemerkte.
Am nächsten Tage aber hatte es sich schon an ihr Gesicht gewöhnt und lachte, wenn es sie sah. Sie trug es ins Freie hinaus, rannte wie närrisch mit ihm herum, es vorsichtig wie ein Spielzeug in den Händen haltend und setzte sich schliesslich mit ihm unter den Schatten der Bäume. Dann öffnete sie zum ersten Mal in ihrem Leben ihr Herz diesem kleinen Wessen, das ja freilich noch nichts von all’ ihrem Leid, ihren Sorgen, ihren Hoffnungen und ihren Arbeiten verstand. Aber es tat ihr doch so wohl, so unendlich wohl, zu ihm zu sprechen, und sie erdrückte es fast unter der stürmischen Gewalt ihrer Küsse.
Sie freute sich selbst wie ein Kind, es auf den Armen zu wiegen, es zu waschen und anzuziehen, ja selbst seine kleinen Schmutzereien zu reinigen, als wenn diese Beschäftigung ihr erst das rechte Bewusstsein der Mutterschaft gegeben hätten. Immer und immer wieder musste sie es anschauen, ob es ihr denn auch wirklich gehöre, und dann schaukelte sie es auf den Armen und flüsterte zärtlich: »Mein Kleinod! mein süsses Kleinod!«
Auf dem Rückwege zum Pachthofe weinte sie die ganze Zeit. Kaum war sie angekommen, als der Pächter sie auch schon zu sich ins Zimmer rief. Sehr erstaunt und eigentümlich bewegt, ohne recht zu wissen warum, folgte sie dem Rufe.
»Setz Dich«, sagte er.
Sie setzte sich und so sassen sie einige Augenblicke nebeneinander, beide sehr verlegen, mit verschränkten Armen und ohne sich anzusehen, wie es eben Landleute zu machen pflegen.
Der Pächter, ein starker Mann in den Vierzigern, zweimal bereits Witwer, gutmütig und eigensinnig zugleich, zeigte diesmal eine Verlegenheit, die man sonst bei ihm nicht gewohnt war. Endlich raffte er sich auf und begann zu sprechen, ohne sie anzusehen, während seine Stimme zitterte und er sein Gesicht zum Fenster hinaus dem Felde zuwandte:
»Rosa«, sagte er, »hast Du niemals daran gedacht, Dir ein Heim zu schaffen?«
Sie wurde bleich wie der Tod; es war ihr unmöglich zu antworten.
»Du bist ein wackeres Mädchen«, fuhr er fort. »Eine Frau wie Du könnte einen Mann glücklich machen.«
Sie regte sich noch immer nicht; ihre Augen waren starr. Sie suchte nicht einmal den Sinn seiner Worte richtig zu verstehen; so sehr verwirrten sich ihre Gedanken wie beim Einbruch einer großen Gefahr. Er wartete noch einen Augenblick, dann begann er aufs neue:
»Ein Hof ohne Herrin, weißt Du, das geht auf die Dauer nicht, selbst mit einem Mädchen wie Du.«
Mehr wusste er für den Augenblick nicht zu sagen und schwieg daher. Rosa starrte ihn so verblüfft an, wie jemand, der einen Mörder vor sich sieht, und bereit ist, bei der ersten Bewegung desselben die Flucht zu ergreifen.
Nach fünf Minuten endlich fragte er:
»Na, sag mal! Passt es Dir also?«
»Was, Herr?« sagte sie mit blöder Miene.
»Nun, mich zu heiraten, Mädchen!« brach er endlich los.
Sie richtete sich plötzlich auf, dann sank sie aber wie gebrochen auf ihren Stuhl zurück, auf dem sie regungslos sitzen blieb, wie jemand, den ein schweres Unglück betroffen hat. Der Pächter wurde schliesslich ungeduldig.
»Nun so lass doch hören, was fehlt Dir denn eigentlich?« Sie betrachtete ihn wie geistesabwesend; dann traten ihr plötzlich die Tränen in die Augen und laut schluchzend rief sie:
»Ich kann nicht. Ich kann nicht!«
»Warum denn nicht?« fragte Jener. »Vorwärts, sei nicht kindisch; ich gebe Dir bis morgen Bedenkzeit.«
Und er ging eilig hinaus, überaus froh, dass er diese heikle Angelegenheit für heute hinter sich hatte. Er zweifelte nicht, dass morgen seine Magd einen Vorschlag annehmen würde, der ihr