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schwö­re es Euch, Herr!« ant­wor­te­te sie has­tig, »ich schwö­re es Euch …«

      Sie such­te nach et­was, wor­auf sie schwö­ren könn­te; denn sie wag­te nicht, das Hei­ligs­te mit die­ser Sa­che zu ver­mi­schen.

      »Er folg­te Dir aber doch in alle Ecken«, un­ter­brach er sie, »und ver­zehr­te Dich bei Tisch mit sei­nen Bli­cken. Hast Du ihm Dei­ner­seits Treue ge­lobt, sprich!«

      Die­ses Mal schau­te sie ih­rem Herrn of­fen ins Ge­sicht.

      »Nein, nie­mals! nie­mals! Ich schwö­re es bei Gott, wenn er heu­te um mich an­hiel­te, ich wür­de ihn nicht neh­men.«

      Ihre Mie­ne war so auf­rich­tig, dass der Päch­ter inne hielt. Er fuhr wie im Selbst­ge­spräch fort:

      »Aber was denn dann? Ein Un­glück ist Dir nicht wi­der­fah­ren, das hät­te man ja ge­hört. Und wel­ches Mäd­chen wür­de die Hand sei­nes Herrn zu­rück­wei­sen, wenn kei­ne Fol­gen von frü­her da sind? Aber es muss doch et­was vor­lie­gen?«

      Von Angst ge­fol­tert konn­te sie nicht mehr ant­wor­ten.

      »Du willst nicht?« frag­te er noch­mals.

      »Ich kann nicht, Herr!« seufz­te sie.

      Und er dreh­te ihr den Rücken und ging.

      Sie glaub­te end­lich Ruhe zu ha­ben und ver­brach­te den Rest des Ta­ges fast in hei­te­rer Stim­mung, aber geis­tig doch so stumpf und gleich­gül­tig, als hät­te sie an Stel­le des al­ten Schim­mels in der Dresch­ma­schi­ne ge­hen müs­sen.

      So­bald als mög­lich leg­te sie sich nie­der und schlief so­gleich ein.

      Ge­gen Mit­ter­nacht wur­de sie durch ein Zup­fen an ih­rer Bett­de­cke wach. Sie zit­ter­te vor Schre­cken, hör­te aber zu­gleich die Stim­me des Päch­ters, der ihr sag­te:

      »Nur ru­hig, Rose, ich bin’s, um mit Dir ein Wort zu re­den.«

      Sie war an­fangs er­staunt; als er sich aber dann im­mer noch an ih­rer De­cke zu schaf­fen mach­te, be­griff sie, was er woll­te und fing noch hef­ti­ger an zu zit­tern. Was soll­te sie ma­chen, so al­lein in der Dun­kel­heit, noch halb schlaf­trun­ken, im Bett und un­be­klei­det, mit die­sem Man­ne, der nach ihr ver­lang­te? Sie wil­lig­te nicht ein, wahr­haf­tig nicht, aber sie wi­der­stand auch nicht ener­gisch. Sie be­kämpf­te zwar die Be­gier­de, die bei die­sen ein­fa­chen Na­tu­ren im­mer viel leb­haf­ter ist, aber sie war doch nur ein Weib und ihre Wil­lens­stär­ke war nicht groß ge­nug. An­fangs wich sie den heis­sen Küs­sen des Päch­ters aus, in­dem sie den Kopf bald rechts, bald links wand­te, und sie such­te ihn sich auf alle Wei­se auch sonst fern zu hal­ten; aber schliess­lich sieg­te die rohe Kraft und die wil­de Be­gehr­lich­keit des Man­nes, und sie gab ih­ren Wi­der­stand auf, wäh­rend sie vor Scham das Ge­sicht mit den Hän­den be­deck­te.

      Der Päch­ter blieb die Nacht über bei ihr. Er kam den fol­gen­den Abend und dann schliess­lich jede Nacht.

      So leb­ten sie nun zu­sam­men.

      Ei­nes Mor­gens sag­te er zu ihr:

      »Ich wer­de un­ser Auf­ge­bot ver­kün­di­gen las­sen. Nächs­ten Mo­nat soll un­se­re Hoch­zeit sein.«

      Sie ant­wor­te­te nicht. Was hät­te sie auch noch sa­gen sol­len? Sie wag­te kei­nen Wi­der­spruch; es war ja doch um­sonst.

      IV.

      Sie war nun ver­hei­ra­tet. Es war ihr zu Mute, als be­fän­de sie sich in ei­ner tie­fen Gru­be, aus der kei­ne Flucht mög­lich war, und als schweb­ten über ih­rem Kopf alle Ar­ten von Un­glück wie rie­si­ge Fel­sen, je­den Au­gen­blick be­reit, auf sie nie­der zu stür­zen. Ihr Gat­te kam ihr vor wie je­mand, den sie be­stoh­len hat­te und der dies ei­nes Ta­ges mer­ken wür­de. Und dann dach­te sie an ihr Kind, von dem all’ ihr Un­glück kam, das aber auch zu­gleich ihr ein­zi­ges Glück auf Er­den aus­mach­te.

      Zwei­mal im Jah­re be­such­te sie es und kam je­des Mal trau­ri­ger nach Hau­se.

      Al­lein mit der Zeit ge­wöhnt man sich an al­les. Ihr Herz wur­de ru­hi­ger, und sie sah mit mehr Ver­trau­en auf ihre jet­zi­ge Lage, die nur hin und wie­der noch durch eine flüch­ti­ge Re­gung der Furcht be­ein­träch­tigt wur­de.

      Die Zeit ver­ging. Das Kind war nun schon sechs Jah­re alt. Sie war jetzt so­gar fast glück­lich, als plötz­lich bei dem Päch­ter eine fins­te­re Stim­mung sicht­lich im­mer mehr Platz griff.

      Schon seit zwei oder drei Jah­ren schi­en er an ei­ner in­ne­ren Un­ru­he zu lei­den, ir­gend eine Sor­ge mit sich her­um­zu­tra­gen, ir­gend einen bö­sen Ge­dan­ken, der von Tag zu Tag wuchs. Wenn das Es­sen schon vor­über war, blieb er noch lan­ge am Ti­sche sit­zen, den Kopf in den Hän­den ver­gra­ben, trau­rig, so trau­rig, als wür­de er von ei­nem tie­fen Kum­mer ver­zehrt. Er sprach lau­ter, ja barsch zu­wei­len, und es schi­en un­will­kür­lich, als habe er einen Hin­ter­ge­dan­ken ge­gen sei­ne Frau, denn er be­geg­ne­te ihr öf­ters mit Rau­heit, ja mit Zorn so­gar.

      Ei­nes Ta­ges kam ein Nach­bars­jun­ge in den Hof, um Eier zu ho­len. Da sie ge­ra­de sehr be­schäf­tigt war, ließ sie ihn et­was barsch an, als plötz­lich hin­ter ihr ihr Mann mit bos­haf­tem Tone sag­te:

      »Wenn das Dein Kind wäre, wür­dest Du es nicht so an­fah­ren.«

      Sie stand einen Au­gen­blick sprach­los da; dann ging sie mü­den Schrit­tes ins Haus zu­rück. Alle ihre Qua­len wa­ren aufs Neue er­wacht.

      Bei Tisch sprach der Päch­ter nicht mit ihr und sah sie kaum an; er schi­en sie zu ver­ab­scheu­en und zu ver­ach­ten. Er muss­te et­was wis­sen.

      Sie ver­lor den Kopf und wag­te nicht, nach dem Es­sen mit ihm al­lein zu blei­ben. Sie ging hin­aus und lief zur Kir­che.

      Der Abend brach her­ein. Das schma­le Schiff der Kir­che war schon ganz dun­kel, aber sie hör­te Schrit­te da un­ten am Chor; es war der Sa­kris­tan, der die ewi­ge Lam­pe vor dem Al­ta­re für die Nacht zu­recht mach­te. Die­ser Licht­schim­mer, der aus dem Dun­kel des Ge­wöl­bes auf­tauch­te, er­schi­en Rose wie der Ver­kün­der ei­ner letz­ten Hoff­nung; sie warf sich auf die Knie und be­te­te, die Au­gen auf den Al­tar ge­hef­tet.

      Knis­ternd brann­te die klei­ne Flam­me neu em­por. Bald schlürf­ten wie­der Trit­te durch den Gang, de­nen das gleich­mäs­si­ge Geräusch ei­nes an der Mau­er sich rei­ben­den Strickes folg­te: Die klei­ne Glo­cke der Kir­che rief zum »An­ge­lus.« Als der Mann her­aus ging, schloss sich Rose ihm an.

      »Ob der Herr Pfar­rer wohl zu Hau­se ist?« frag­te sie.

      »Ich glau­be wohl;« ant­wor­te­te er, »er speist im­mer nach dem An­ge­lus.«

      Mit zit­tern­der Hand öff­ne­te sie die Türe des Pfarr­hau­ses.

      Der Pfar­rer war ge­ra­de beim Es­sen und hiess sie sich set­zen.

      »Ja, ja«, sag­te er, »Euer Mann hat mir schon von dem ge­spro­chen, was Euch zu mir führt.«

      Die arme Frau knick­te zu­sam­men.

      »Was gibt es also, mein Kind?« fuhr der Pries­ter fort, und ass schnell ei­ni­ge Löf­fel Sup­pe, wo­bei ihm ver­schie­de­ne Trop­fen auf sei­ne et­was fle­cki­ge, ab­ge­nutz­te Sou­ta­ne fie­len.

      Rose

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