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      Ge­or­ges stand auf:

      »Ich wer­de gleich eine No­tiz über den Vor­fall schrei­ben, sie muss dis­kret ge­hal­ten wer­den. Aber wis­sen Sie, für den Mi­nis­ter wird sie schreck­lich sein. Der Mann ist er­le­digt, ihm wird nicht mehr zu hel­fen sein. Die Vie Françai­se hat kein In­ter­es­se mehr, ihn zu scho­nen.«

      Der Alte zö­ger­te ei­ni­ge Au­gen­bli­cke, dann traf er sei­ne Ent­schei­dung:

      »Gut, tun Sie es; umso schlim­mer für die, die sich in so un­sau­be­re Ge­schich­ten ein­las­sen.«

      IX.

      Drei Mo­na­te wa­ren seit­dem ver­gan­gen. Die Schei­dung Du Roys war aus­ge­spro­chen. Sei­ne Frau hat­te den Na­men Fo­res­tier wie­der an­ge­nom­men. Da die Wal­ters am 15. Juli nach Trou­ville fah­ren woll­ten, so hat­te man ver­ab­re­det, noch vor der Tren­nung einen Tag auf dem Lan­de zu ver­brin­gen.

      Man wähl­te einen Don­ners­tag und brach schon um neun Uhr mor­gens in ei­nem großen sechs­sit­zi­gen Rei­se­land­au­er, der mit vier Pfer­den be­spannt war, auf. Es soll­te in Saint-Ger­main im Pa­vil­lon Hen­ry IV. ge­früh­stückt wer­den. Bel-Ami hat­te sich aus­ge­macht, der ein­zi­ge Mann in der Ge­sell­schaft zu sein, denn er konn­te we­der die An­we­sen­heit noch das Ge­sicht des Mar­quis de Ca­zol­les er­tra­gen. Doch im letz­ten Au­gen­blick ent­schloss man sich, den Gra­fen de La­tour-Yve­lin mit­zu­neh­men. Er wur­de am Tage vor­her be­nach­rich­tigt und soll­te gleich, nach­dem er auf­ge­stan­den war, ab­ge­holt wer­den.

      Der Wa­gen fuhr in ra­schem Tra­be die Ave­nue des Champs-Ely­sees hin­ab und dann durch das Bois de Bou­lo­gne.

      Es war ein herr­li­ches, nicht zu hei­ßes Som­mer­wet­ter. Die Schwal­ben zo­gen durch den blau­en Him­mel in wun­der­vol­len Kur­ven, sie flo­gen so schnell, dass man sie im­mer noch zu se­hen glaub­te, als sie schon vor­über wa­ren, Die drei Da­men sa­ßen tief im Vor­der­sitz des Lan­dau­ers, die Mut­ter zwi­schen den bei­den Töch­tern und im Rück­sitz die drei Män­ner, Wal­ter in der Mit­te, rechts und links die bei­den Gäs­te.

      Man fuhr über die Sei­ne am Mont-Valéri­en vor­bei und ge­lang­te nach Bou­gi­val. Dann ging es am Fluss ent­lang bis nach Pecq.

      Graf de La­tour-Yve­lin war schon ein rei­fer Mann mit ei­nem lan­gen, dün­nen Dop­pel­bart, des­sen Spit­zen sich beim lei­ses­ten Wind­hauch be­weg­ten und wie Du Roy oft be­haup­te­te, »der Wind schaf­fe die schöns­ten Ef­fek­te in sei­nem Bart«.

      Der Graf sah Rose lie­be­voll an; sie wa­ren seit ei­nem Mo­nat ver­lobt. Ge­or­ges war sehr bleich und blick­te oft zu Suzan­ne hin­über, die auch sehr bleich war. Ihre Au­gen tra­fen sich, sie schie­nen über­ein­zu­stim­men, sich ge­gen­sei­tig zu ver­ste­hen und ge­hei­me Ge­dan­ken aus­zut­au­schen, um sich dann gleich wie­der zu flie­hen. Frau Wal­ter war ru­hig und glück­se­lig.

      Das Früh­stück dau­er­te lan­ge. Vor der Rück­fahrt nach Pa­ris schlug Ge­or­ges vor, einen Spa­zier­gang auf der Ter­ras­se zu ma­chen.

      Man blieb zu­nächst eine Wei­le ste­hen, um die Aus­sicht zu be­wun­dern. Alle stell­ten sich in ei­ner Rei­he längs der Brüs­tung, und man war über den wei­ten un­ge­heu­ren Ho­ri­zont be­geis­tert. Am Fuße ei­nes lan­gen Hü­gel­rückens floss die Sei­ne nach Mai­son-La­fit­te zu, wie eine Rie­sen­schlan­ge, die auf ei­ner großen Wie­se lag. Rechts auf dem Kamm der Hü­gel­ket­te hob sich die Was­ser­lei­tung von Mar­ly vom Him­mel ab; sie sah wie eine rie­si­ge Rau­pe mit brei­ten Pfo­ten aus, und Mar­ly selbst ver­schwand in dem dich­ten grü­nen Laub der Bäu­me.

      Auf der wei­ten Ebe­ne, die sich vor ih­nen aus­brei­te­te, sah man hin und wie­der klei­ne­re Dör­fer. Die Seen von Ve­si­net bil­de­ten schö­ne wei­ße Fle­cke in dem spär­li­chen Grün der klei­nen Hai­ne. Links, ganz in der Fer­ne, rag­te über dem Ho­ri­zont der spit­ze Turm von Sar­trou­ville.

      Wal­ter er­klär­te:

      »Nir­gends in der Welt fin­det man solch ein Pa­n­ora­ma. Selbst in der Schweiz gibt es nichts Ähn­li­ches.«

      Dann be­gann man lang­sam auf und ab zu ge­hen, um den Blick auf die wei­te Land­schaft zu ge­nie­ßen.

      Ge­or­ges und Suzan­ne blie­ben et­was zu­rück. So­bald sie ein paar Schrit­te von den an­de­ren ent­fernt wa­ren, sprach er mit ge­dämpf­ter, lei­ser Stim­me zu ihr:

      »Suzan­ne, ich lie­be Sie über al­les, ich lie­be Sie zum Wahn­sin­nig­wer­den.«

      Sie flüs­ter­te:

      »Ich auch, Bel-Ami.«

      Er fuhr fort:

      »Wenn Sie nicht mei­ne Frau wer­den, ver­las­se ich für im­mer Pa­ris und die­ses Land.«

      »Ver­su­chen Sie doch, Papa um mei­ne Hand zu bit­ten, viel­leicht wil­ligt er ein.«

      Er mach­te eine kur­ze, un­ge­dul­di­ge Be­we­gung.

      »Nein, ich sage es Ih­nen zum zehn­ten Mal, es ist zweck­los. Er wür­de mir nur sein Haus ver­bie­ten; er jagt mich aus der Zei­tung fort, und wir wer­den uns nicht ein­mal se­hen kön­nen. Das wür­de das hüb­sche Er­geb­nis sein, wenn ich in der üb­li­chen Form um Sie an­hal­te. Man hat Sie dem Mar­quis de Ca­zol­les ver­spro­chen, und man hofft, dass Sie schließ­lich doch ja sa­gen. Man war­tet.«

      »Was soll man da tun?« frag­te sie.

      Er sah sie von der Sei­te an und frag­te zö­gernd:

      »Lie­ben Sie mich so heiß, dass Sie für mich eine Tor­heit be­ge­hen könn­ten?«

      »Ja«, sag­te sie ent­schlos­sen.

      »Eine große Tor­heit.«

      »Ja.«

      »Eine sehr große Tor­heit.«

      »Ja.«

      »Hät­ten Sie ge­nü­gend Mut, Ihrem Va­ter und Ih­rer Mut­ter zu trot­zen?«

      »Ja.«

      »Be­stimmt?«

      »Ja.«

      »Also gut. Es gibt ein ein­zi­ges Mit­tel, die gan­ze Sa­che muss von Ih­nen und nicht von mir aus­ge­hen. Sie sind die Lieb­ling­s­toch­ter, ein ver­wöhn­tes Kind. Sie dür­fen al­les sa­gen; man wird auch über eine neue Keck­heit Ih­rer­seits nicht so arg er­staunt sein. Also hö­ren Sie zu. Wenn Sie heu­te Abend nach Hau­se kom­men, su­chen Sie Ihre Mama auf, wenn sie ganz al­lein im Zim­mer ist und ge­ste­hen ihr, dass Sie mich hei­ra­ten wol­len. Sie wird in eine große Auf­re­gung ge­ra­ten und sehr wü­tend sein …«

      Suzan­ne un­ter­brach ihn:

      »Oh, Mama wird mit größ­ter Freu­de ein­wil­li­gen.«

      »Nein,« sag­te er leb­haft, »Sie ken­nen sie nicht, sie wird noch zor­ni­ger und auf­ge­reg­ter sein als Ihr Va­ter. Sie wer­den se­hen, wie sie es Ih­nen ver­wei­gert. Aber Sie hal­ten sich. Sie ge­ben nicht nach. Sie wie­der­ho­len im­mer­fort, dass Sie mich hei­ra­ten wol­len, nur mich al­lein und nie­man­den an­de­ren. Wer­den Sie das tun?«

      »Ja, ich wer­de es tun.«

      »Wenn Sie von Ih­rer Mut­ter kom­men, sa­gen Sie das­sel­be Ihrem Va­ter, aber sehr ru­hig und ent­schlos­sen.«

      »Ja, sehr gut; und dann?«

      »Und

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