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Ho­fein­fahrt zum Palais Carls­bourg war durch vier Bo­gen­lam­pen, die wie vier klei­ne bläu­li­che Mon­de aus­sa­hen, von al­len vier Ecken hell be­leuch­tet. Ein pracht­vol­ler Tep­pich lag auf den Stu­fen der ho­hen Freitrep­pe und auf je­der Stu­fe stand, un­be­weg­lich wie eine Bild­säu­le, ein Die­ner in Li­vree.

      Du Roy brumm­te: »Die­se Prot­ze­rei!« Er zuck­te die Ach­seln, ver­zehrt von Neid und Ei­fer­sucht.

      »Schweig doch und mach’ es ih­nen nach«, sag­te sei­ne Frau lei­se.

      Sie tra­ten ein und lie­ßen sich ihre schwe­ren Abend­män­tel von den Die­nern ab­neh­men, die auf sie zu­tra­ten. Es wa­ren dort auch meh­re­re Da­men, die mit ih­ren Män­nern ge­kom­men wa­ren; sie leg­ten eben­falls ihre Pel­ze ab. Man hör­te rings­um­her flüs­tern: »Wie herr­lich, wie wun­der­schön.«

      Die ge­wal­ti­ge Vor­hal­le war mit Go­bel­ins be­hängt, wel­che den Lie­bes­my­thus des Mars und der Ve­nus dar­stell­ten. Rechts und links stie­gen die bei­den Tei­le der prunk­haf­ten, mo­nu­men­ta­len Trep­pe em­por, die im ers­ten Stock zu­sam­men­lie­fen. Das ei­ser­ne Ge­län­der war ein Meis­ter­werk der Schmie­de­kunst; sei­ne alte ver­blass­te Ver­gol­dung warf einen zar­ten und sanf­ten Schim­mer auf die ro­ten mar­mor­nen Trep­pen­stu­fen.

      Am Ein­gan­ge zu den Sa­lons stan­den zwei klei­ne Mäd­chen, die eine in Rosa, die an­de­re in Blau ge­klei­det und über­reich­ten den Da­men Blu­men­sträu­ße. Alle fan­den das ent­zückend.

      In den Sä­len be­fan­den sich schon eine gan­ze Men­ge Be­su­cher.

      Die meis­ten Frau­en wa­ren in Stra­ßen­toi­let­te er­schie­nen, um da­mit zu be­to­nen, dass sie hier­her nur so ge­kom­men wa­ren wie zu je­der an­de­ren pri­va­ten Kunstaus­stel­lung. Die­je­ni­gen, die zum Ball blei­ben woll­ten, tru­gen Ge­sell­schaft­stoi­let­ten.

      Frau Wal­ter hielt sich, um­ge­ben von Freun­din­nen, im zwei­ten Säle auf und be­grüß­te die Gäs­te. Vie­le, die sie über­haupt nicht kann­ten, gin­gen her­um wie in ei­nem Mu­se­um, ohne sich um die Gast­ge­ber zu küm­mern.

      Als sie Du Roy er­blick­te, wur­de sie lei­chen­blass und mach­te eine un­will­kür­li­che Be­we­gung, als woll­te sie ihm ent­ge­gen­ge­hen. Dann blieb sie un­be­weg­lich ste­hen und war­te­te. Er be­grüß­te sie höf­lich, wäh­rend Ma­de­lei­ne sie mit zärt­li­chen Schmei­che­lei­en über­schüt­te­te. Ge­or­ges ließ sei­ne Frau ne­ben der Frau Di­rek­tor ste­hen und misch­te sich un­ter die Men­ge, um sich bos­haf­te Be­mer­kun­gen an­zu­hö­ren, die hier si­cher­lich nicht feh­len dürf­ten.

      Fünf Sa­lons folg­ten ei­ner auf den an­de­ren, sie wa­ren mit kost­ba­ren Stof­fen ta­pe­ziert, mit al­ten ita­lie­ni­schen Sti­cke­rei­en oder ori­en­ta­li­schen Tep­pi­chen in al­len Far­ben und Stilar­ten ge­schmückt; dar­über hin­gen an den Wän­den Ge­mäl­de al­ter be­rühm­ter Meis­ter. Vor al­lem be­wun­der­te man einen klei­nen Sa­lon im Stil Louis XVI., eine Art von Bou­doir, das ganz mit hell­blau­er Sei­de mit aus­ge­stick­ten Ro­sen­sträu­ßen ta­pe­ziert war. Die Mö­bel aus ver­gol­de­tem Holz wa­ren mit dem glei­chen Stoff be­zo­gen; die gan­ze Ein­rich­tung war von ei­ner wun­der­ba­ren Fein­heit.

      Ge­or­ges er­kann­te in der Men­ge die Pa­ri­ser Berühmt­hei­ten, die Her­zo­gin de Ter­ra­ci­ne, den Gra­fen und die Grä­fin Ra­ve­nel, den Ge­ne­ral Prinz d’Andre­mont, die bild­schö­ne Mar­qui­se des Du­nes, und dann alle die Her­ren und Da­men, die man ge­wöhn­lich bei Pre­mie­ren sieht.

      Plötz­lich fass­te ihn je­mand am Arm und eine jun­ge und fro­he Stim­me flüs­ter­te ihm ins Ohr:

      »Ah, da sind Sie end­lich, bö­ser Bel-Ami. Wa­rum las­sen Sie sich denn gar nicht mehr se­hen?«

      Es war Suzan­ne Wal­ter, die ihn mit ih­ren fei­nen Email­leau­gen un­ter den krau­sen, blon­den Lo­cken ih­res Haa­res an­sah.

      Er war ent­zückt, sie wie­der zu se­hen und drück­te ihr of­fen­her­zig die Hand. Dann ent­schul­dig­te er sich.

      »Ich konn­te nicht. Ich habe so viel zu tun; seit zwei Mo­na­ten bin ich gar nicht aus­ge­gan­gen.«

      »Das ist gar nicht nett,« sag­te sie ernst­haft, »so­gar sehr, sehr häss­lich, Sie ha­ben uns viel Kum­mer be­rei­tet, Mama und mir, denn wir lie­ben Sie bei­de sehr. Ich kann Sie über­haupt nicht mehr ent­beh­ren. Ich lang­wei­le mich zu Tode, wenn Sie nicht da sind. Sie se­hen, ich sage Ih­nen das ganz of­fen, da­mit Sie nicht mehr das recht ha­ben, so von der Ober­flä­che zu ver­schwin­den. Ge­ben Sie mir Ihren Arm, ich will Ih­nen selbst ›Je­sus auf dem Mee­re schrei­ten­d‹ zei­gen. Das Bild hängt drü­ben hin­ter dem Win­ter­gar­ten. Papa hat ex­tra die­sen Platz ge­wählt, da­mit man durch alle Räu­me ge­hen muss. Es ist di­rekt er­staun­lich, wie Papa mit die­sem Hau­se re­nom­miert.«

      Sie gin­gen lang­sam durch die Men­ge. Man dreh­te sich um und blick­te die­sem schö­nen jun­gen Mann und die­ser ent­zücken­den Pup­pe nach.

      Ein be­kann­ter Ma­ler mein­te:

      »Die­ses Paar ist tat­säch­lich sehr hübsch und rei­zend.«

      Ge­or­ges dach­te:

      »Wenn ich wirk­lich stark wäre, müss­te ich die hei­ra­ten. Es wäre doch mög­lich. Wa­rum habe ich nie dar­an ge­dacht? Wie konn­te ich nur die an­de­re neh­men? Wie tö­richt! Man han­delt im­mer zu schnell und denkt nie ge­nü­gend nach.«

      Und der Neid, der bit­te­re Neid, fiel trop­fen­wei­se in sein Herz wie Gal­le, die ihm alle sei­ne Freu­de verd­arb und sein gan­zes Le­ben ver­hasst mach­te.

      Suzan­ne sag­te:

      »Oh, kom­men Sie recht oft, Bel-Ami, wir kön­nen jetzt, wo Papa nun so reich ist, Strei­che und Dumm­hei­ten un­ter­neh­men und uns wie toll amü­sie­ren.«

      Er folg­te noch im­mer sei­nem Ge­dan­ken­gang und ant­wor­te­te :

      »Oh, Sie wer­den jetzt bald hei­ra­ten; Sie wer­den einen schö­nen, viel­leicht et­was rui­nier­ten Prin­zen hei­ra­ten, und wir wer­den uns nicht mehr se­hen.«

      Sie rief of­fen­her­zig aus :

      »O nein, noch nicht. Ich will je­man­den, der mir ge­fällt, den ich sehr gern hät­te, den ich so­gar lieb hät­te. Geld habe ich für bei­de ge­nug.«

      Er lä­chel­te iro­nisch und hoch­mü­tig und be­gann die Na­men der Vor­über­ge­ben­den zu nen­nen, al­les sehr vor­neh­me Leu­te, die ihre ver­ros­te­ten Adels­schil­der an Töch­ter rei­cher Finanz­leu­te so gern ver­kauft hat­ten, die nun mit ih­ren Frau­en oder auch ohne sie leb­ten, je­den­falls frei, un­ver­schämt und doch be­kannt und ge­ach­tet.

      Er fuhr fort:

      »Es ver­ge­hen kei­ne sechs Mo­na­te und Sie ha­ben auf die­sen Kö­der an­ge­bis­sen. Sie wer­den Mar­qui­se, Her­zo­gin oder Fürs­tin, und Sie wer­den dann auf mich von oben her­abbli­cken, mein lie­bes Fräu­lein.«

      Ent­rüs­tet schlug sie ihm mit dem Fä­cher auf den Arm und schwor, sie wür­de nur aus Lie­be hei­ra­ten.

      Er grins­te:

      »Wir wer­den es se­hen. Ich glau­be, Sie sind zu reich.«

      Sie sag­te:

      »Sie doch auch. Sie ha­ben doch eine

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