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mit ei­nem Gar­ten nach den Champs-Elysées, sich in Geld­ver­le­gen­heit be­fand. Er schlug ihm vor, in vier­und­zwan­zig Stun­den die­ses Grund­stück nebst Ge­bäu­de ab­zu­kau­fen, wo­bei er auch die ge­sam­ten Mö­bel über­neh­men wür­de, ohne dass auch nur ein Ses­sel von sei­nem Platz ge­rührt wer­den dürf­te. Er bot drei Mil­lio­nen an. Der Prinz ließ sich durch die hohe Sum­me ver­lei­ten und nahm das An­ge­bot an.

      Am nächs­ten Tage zog Herr Wal­ter in sein neu­es Palais ein.

      Er hat­te dann noch einen an­de­ren Ein­fall; der Ein­fall ei­nes Ero­be­rers, der Pa­ris ein­neh­men will nach der Art ei­nes Bo­na­par­tes.

      Die gan­ze Stadt ging da­mals zum Kunst­ge­lehr­ten Jac­ques Le­no­ble, um ein Ge­mäl­de des un­ga­ri­schen Ma­lers Karl Mar­ko­witsch, »Je­sus auf dem Mee­re schrei­tend«, zu be­sich­ti­gen.

      Die Kunst­kri­ti­ker wa­ren be­geis­tert und er­klär­ten die­ses Bild für das groß­ar­tigs­te und herr­lichs­te Meis­ter­werk des Jahr­hun­derts.

      Wal­ter kauf­te es für 500000 Fran­cs und ließ es ab­ho­len; so schnitt er von heu­te auf mor­gen den Strom der Neu­gier­de des Pub­li­kums und der Kunst­lieb­ha­ber ab und zwang ganz Pa­ris, von ihm zu spre­chen, ihn zu be­nei­den, zu ta­deln oder zu lo­ben.

      Dann ließ er durch die Zei­tun­gen ver­kün­den, er wür­de be­kann­te Mit­glie­der der Pa­ri­ser Ge­sell­schaft ein­la­den, um das Meis­ter­werk des aus­län­di­schen Künst­lers zu be­wun­dern, da­mit man nicht sa­gen kön­ne, er habe das Kunst­werk hin­ter Schloss und Rie­gel ge­setzt.

      Sein Haus soll­te of­fen ste­hen, und je­der, der woll­te, konn­te kom­men. Es ge­nüg­te, an der Tür die Ein­la­dungs­kar­te vor­zu­zei­gen. Sie lau­te­te so:

      »Herr und Frau Wal­ter beeh­ren sich, Sie zum 30. De­zem­ber, zwi­schen neun Uhr und Mit­ter­nacht, zur Be­sich­ti­gung des Ge­mäl­des von Karl Mar­ko­witsch, Je­sus auf dem Was­ser schrei­tend, bei elek­tri­scher Be­leuch­tung, er­ge­benst ein­zu­la­den.«

      Als Post­skrip­tum stand da­hin­ter in ganz klei­nen Buch­sta­ben: »Nach Mit­ter­nacht wird ge­tanzt.«

      Die­je­ni­gen, die blei­ben woll­ten, konn­ten also blei­ben, und aus die­sen Gäs­ten woll­ten sich Wal­ters ih­ren Be­kann­ten­kreis für die Zu­kunft aus­wäh­len.

      Die an­de­ren wür­den das Kunst­werk, das Haus und sei­ne Ei­gen­tü­mer mit hoch­fei­ner, gleich­gül­ti­ger oder nei­di­scher und un­ver­schäm­ter Neu­gier­de be­trach­ten und dann wie­der ge­hen, wie sie ge­kom­men wa­ren. Und Papa Wal­ter wuss­te ganz ge­nau, dass sie spä­ter doch wie­der­kom­men wür­den, ge­nau so, wie sie mit sei­nen is­rae­li­ti­schen Stam­mes­ge­nos­sen ver­kehr­ten, die auch so wie er es zu Reich­tum ge­bracht hat­ten.

      Zu­nächst muss­ten alle ge­schei­ter­ten Wür­den­trä­ger und be­kann­te vor­neh­me Na­men, die in den Zei­tun­gen ge­nannt wur­den, sein Haus be­su­chen; sie wür­den kom­men, um das Ge­sicht des Man­nes zu se­hen, der bin­nen sechs Wo­chen fünf­zig Mil­lio­nen ver­dient hat­te, sie wür­den fer­ner kom­men, um die­je­ni­gen, die dort auch ver­kehr­ten, zu se­hen und auf­zu­zäh­len, sie wür­den schließ­lich kom­men, weil er so viel gu­ten Ge­schmack und Ge­wandt­heit ge­zeigt hat­te, sie zur Be­wun­de­rung ei­nes re­li­gi­ös-christ­li­chen Ge­mäl­des ein­zu­la­den — er, der doch ein Sohn Is­raels war. Er schi­en ih­nen al­len sa­gen zu wol­len: »Se­hen Sie, ich habe 500000 Fran­cs für das Meis­ter­werk re­li­gi­öser Kunst von Mar­ko­witsch, Je­sus auf dem Mee­re schrei­tend, ge­zahlt. Und die­ses Meis­ter­werk bleibt jetzt bei mir, vor mei­nen Au­gen, im Hau­se des Ju­den Wal­ter.« In den vor­neh­men Ge­sell­schafts­krei­sen, in den Krei­sen der Her­zo­gin­nen und des Jock­ei­klubs, hat­te man über die­se Ein­la­dun­gen, die doch zu gar nichts ver­pflich­te­ten, hin und her ge­re­det. Man wür­de hin­ge­hen, wie man bei Herrn Pe­tit die Aqua­rel­le be­sich­tig­te. Wal­ters be­sa­ßen ein Meis­ter­werk, und nun öff­ne­ten sie für einen Abend die Tü­ren ih­res Hau­ses, da­mit alle Welt es be­wun­dern könn­te. Bes­ser und ein­fa­cher könn­te es doch gar nicht sein.

      Die Vie Françai­se brach­te seit vier­zehn Ta­gen je­den Mor­gen eine No­tiz über die­se Soi­ree vom 30. De­zem­ber und gab sich alle Mühe, die Neu­gier­de des Pub­li­kums mög­lichst zu stei­gern.

      Du Roy ras­te in­ner­lich ge­gen den Tri­umph sei­nes Herrn Di­rek­tors. Er hat­te sich mit sei­nen 500000 Fran­cs für un­er­mess­lich reich ge­hal­ten, die er sei­ner Frau ab­ge­presst hat­te, und nun kam er sich so arm, so bet­tel­arm im Ver­gleich zu dem Mil­lio­nen­re­gen vor, der rings­um­her nie­der­ge­fal­len war, ohne dass er da­von et­was hat­te auf­fan­gen kön­nen. Sei­ne grim­mi­ge Wut und sein Neid nah­men täg­lich zu: er hass­te alle Welt, die Wal­ters, zu de­nen er jetzt über­haupt nicht mehr hin­ging, sei­ne Frau, die sich von Lar­oche be­schwat­zen ließ und ihm ab­ge­ra­ten hat­te, die ma­rok­ka­ni­sche An­lei­he zu kau­fen, und vor al­len Din­gen groll­te er ge­gen den Mi­nis­ter, der ihn her­ein­ge­legt und aus­ge­nutzt hat­te und noch zwei­mal die Wo­che bei ihm zu Tisch speis­te. Ge­or­ges diente ihm als Se­kre­tär, als Agent, als eine le­ben­de Fe­der, und wenn er nach sei­nem Dik­tat schrieb, emp­fand er oft eine wahn­sin­ni­ge Lust, die­sen tri­um­phie­ren­den, wich­tig­tu­en­den Ge­cken zu er­dros­seln. Als Mi­nis­ter hat­te Lar­oche einen sehr be­schei­de­nen Er­folg, und um sei­ne Stel­lung zu be­hal­ten, ver­such­te er, nicht durch­bli­cken zu las­sen, dass er nun ein stein­rei­cher Mann ge­wor­den war. Doch Du Roy spür­te die­ses Gold an dem hoch­mü­ti­gen Tone des em­por­ge­kom­me­nen Rechts­an­walts, an sei­nem fre­chen Auf­tre­ten, an sei­nen selbst­si­che­ren Be­haup­tun­gen und sei­nem un­be­schreib­li­chen Selbst­ver­trau­en. Lar­oche re­gier­te jetzt im Hau­se Du Roys, wo er die Stel­le des Gra­fen de Vau­drec ein­ge­nom­men hat­te so­wie sei­ne Be­suchs­ta­ge; und er sprach mit den Dienst­bo­ten, als ob er der zwei­te Haus­herr wäre.

      Ge­or­ges dul­de­te ihn zäh­ne­knir­schend, wie ein Hund, der bei­ßen will, es aber nicht wagt. Er war jetzt öf­ters hart und rück­sichts­los ge­gen Ma­de­lei­ne, die mit den Ach­seln zuck­te und ihn als ein un­ar­ti­ges Kind be­han­del­te.

      Üb­ri­gens wun­der­te sie sich über sei­ne an­dau­ern­de schlech­te Lau­ne und sag­te oft: »Ich ver­ste­he dich nicht. Du musst dich stets über et­was be­kla­gen, da­bei hast du eine ge­ra­de­zu groß­ar­ti­ge Stel­lung.« Er dreh­te ihr den Rücken zu und er­wi­der­te gar nichts.

      Er hat­te zu­nächst er­klärt, er gin­ge nicht zum Fest beim Chef; er den­ke nicht dar­an, mit die­sem schmut­zi­gen Ju­den zu ver­keh­ren.

      Seit zwei Mo­na­ten schrieb ihm Frau Wal­ter täg­lich Brie­fe und bat ihn, zu ihr zu kom­men oder ihr ein Ren­dez­vous zu be­stim­men, wo es ihm pass­te, um ihm, wie sie sag­te, die 70000 Fran­cs aus­zu­hän­di­gen, die sie für ihn ge­won­nen hat­te.

      Er ant­wor­te­te über­haupt nicht und warf alle die­se ver­zwei­fel­ten Brie­fe ins Feu­er. Nicht etwa weil er auf sei­nen Ge­winnan­teil ver­zich­tet hät­te, son­dern er woll­te sie ver­rückt ma­chen, sie auf die Knie zwin­gen, und sie spü­ren las­sen, wie ver­ächt­lich er sie be­han­de­le. Sie war zu reich! Er woll­te sich stolz zei­gen!

      Noch am Tage der Aus­s­tel­lung des Bil­des woll­te Ma­de­lei­ne ihm vor­stel­len, wie un­recht er täte, nicht hin­zu­ge­hen, aber

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