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rel="nofollow" href="#ua1f25cc9-3d79-4acb-bcee-8a21dfaa962d">November 2019

       Fathia Suleiman, 19, Somalierin

       März 2017

       Juni 2017

       Jahreswende 2017/18

       Juni 2019

       Dezember 2019

       Dekyi, 22, Tibeterin

       Februar 2017

       Juni 2017

       Februar 2018

       Sechstes Kapitel

       Leben in der Unsichtbarkeit

       Sans-Papiers in der Schweiz

       Dolores Estrella Schwanger und bedroht

       Rashid Nagvi Keine Komödie, sondern ein Drama

       Siebtes Kapitel

       Suche nach den Wurzeln

       Kindern eine neue Heimat bieten

       Aymara Nina »Bitte sagen Sie nicht Mutter«

       Nina Thao Zanetti Etwas ist zurückgeblieben

       Nachwort

       Wir brauchen eine neue Asylpolitik

       Anhang

       Literaturverzeichnis

       Dank

       Autoren

      Vorwort

      Ein Krieg bringt Leid über viele Menschen. Das schwere Los, das insbesondere Kinder dabei ziehen, berührt und beschäftigt uns und ist Anlass für dieses Buch. Kinder sind wehrlos, und sie haben das Recht, in einer geschützten Umgebung aufzuwachsen. Die große Welle des »Flüchtlingsdramas« erlebten wir 2015, doch wenn man genau hinsieht (auch dann noch, wenn die Kameras schon weitergezogen sind), ist das Leiden fliehender Kinder nicht vorbei. Während sich heute Kinder aus vielen zerrütteten Ländern via Iran, Syrien und die Türkei, durch die Sahara oder auf anderen gefährlichen Pfaden auf den Weg nach Europa machen, kamen sie früher aus europäischen Ländern, beispielsweise auf der Flucht vor der Franco- oder der Hitlerdiktatur und vor der stalinistischen Verfolgung. Kinder sind Opfer politischer Machtverhältnisse. Sie werden missbraucht. Kindersoldaten sind keine Erfindung perfider Warlords. Auch Hitler schickte Kinder an die Front und ins Gas. Die Entscheidung zur Flucht fällen meist die Erwachsenen, und wenn sich Minderjährige aus eigenem Antrieb auf den Weg machen, dann fliehen sie nicht immer vor Gewalt. Sie sind oft auch auf der Suche nach einer Zukunft, die besser ist als ein Kampf um die Deckung minimalster Grundbedürfnisse. Das war übrigens während Jahrhunderten auch in der Schweiz so. Im Tessin und in der Ostschweiz mussten Eltern überzählige Esser vom Tisch wegschicken: in die Kamine Mailands oder auf die Bauernhöfe im süddeutschen Raum. Heute würde man von sklavenähnlichen Verhältnissen sprechen, die die Kinder dort erdulden mussten.

      Ein Drittel der 2019 nach Europa Geflüchteten waren unbegleitete Minderjährige. Flucht- und Migrationsbewegungen werden anhalten, und sie werden sich noch verstärken. Auch von Kindern. Dafür wird nicht zuletzt der Klimawandel sorgen. Welche Antworten findet unsere Gesellschaft darauf? Die einen fordern eine einfache Lösung durch Abschottung, durch Zurückweisung. Die anderen appellieren an eine moralische und ethische Pflicht zur Solidarität. Doch beide Positionen blenden das große Dilemma zwischen Gesinnungs- und Verantwortungsethik einfach aus. Die Gesinnungsethik spricht von Menschenrechten und einer universellen Verpflichtung, Menschen in Not zu helfen, solange wir damit nicht überfordert sind. Die Verantwortungsethik möchte die Zuwanderung begrenzen und hält es für zulässig, Menschen abzuschieben. Eine Gesellschaft kann nicht beide Positionen gleichzeitig erfüllen. Die Gesinnungsethik ist politisch, die Verantwortungsethik moralisch nicht umsetzbar, sagt etwa der deutsche Philosoph Konrad Ott. Deshalb gilt es als erstes, diesen Widerspruch zu akzeptieren. Denn wo soll die Grenze verlaufen, an der wir die Geflüchteten scheiden in die, die bleiben dürfen, und jene, die gehen müssen? Um diese Grenze setzen zu können, bedarf es der Auseinandersetzung, zuallererst mit den Geflüchteten, mit ihrer Geschichte und ihren Geschichten. Das geht unter die Haut.

      Damit wir den Geflüchteten auf eine gerechte Art begegnen können, fragen wir in diesem Buch: Wie sieht eine Kindheit aus, die fern der Heimat gelebt wird? Wie gedeihen die Wurzeln in einem fremden Boden, mit anderen Nährstoffen als in der heimatlichen Erde? Wie entwickelt sich ein Leben ohne Vater, Mutter, Geschwister oder andere wichtige Bezugspersonen? Die Flucht beendet die Kindheit. Kinder auf der Flucht sind junge Erwachsene, sie müssen Entscheidungen für ihr eigenes Leben treffen. Und die Erlebnisse der Flucht lassen sich nicht einfach abschütteln.

      Die Recherchen haben viele Abzweigungen genommen. Unser journalistischer Maßstab endet nicht bei der Darstellung anerkannter Fluchtschicksale. Wir wollen Lebenswege aufzeigen, die wegen äußerer Umstände eine Benachteiligung erfahren haben. Menschen können keine Weltgerechtigkeit erwarten, aber sie können dazu beitragen, Lebensverläufe ein wenig weniger ungerecht erscheinen zu lassen. Im Zentrum unserer Beobachtung standen von Anfang an unbegleitete Minderjährige. Im Verlauf der Recherchen entschlossen wir uns, den Blick auszuweiten. Auch begleitete Minderjährige, aus Krisenregionen Adoptierte, als Sans-Papiers illegal in der Schweiz Lebende oder bis fast in die heutige Zeit in sogenannten Kinderrepubliken aufgewachsene Jugendliche sind konfrontiert mit dem Thema Flucht und den damit verbundenen Gefahren, Traumata, mit Einsamkeit, der Herausforderung der Integration und den Bedürfnissen einer speziellen Kindheit. Wir blicken auf die Jugendlichen an den verschieden Stationen ihrer Flucht, sei es im Libanon, auf Sizilien oder vor der Schweizer Grenze in Como. Und wir blicken zurück auf das 20. Jahrhundert, das in zwei Weltkriegen, mit Faschismus, Nationalsozialismus, Antisemitismus und Totalitarismus unermessliches Leid über Kinder gebracht hat.

      Die Kinderflucht in die Schweiz hat eine Geschichte; sie bildet den Anfang dieses Buchs. Ein roter Faden zieht sich durch alle Regionen und Epochen: Menschen engagieren sich, helfen oft auch unter Inkaufnahme persönlicher Benachteiligung und sind manchmal sogar bereit, ein hohes Risiko einzugehen. Eine Konstante ist daneben leider auch die Tatsache, dass der Hilfsbereitschaft oft mit Verachtung begegnet wird. Gewiss: Eine glückliche Kindheit ist eine Erfindung der Moderne – aber sie ist nicht die schlechteste. Die Anerkennung von Kinderrechten bildet dafür eine

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