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Becca - Liebe ist nichts für Feiglinge. Rachel Hauck
Читать онлайн.Название Becca - Liebe ist nichts für Feiglinge
Год выпуска 0
isbn 9783765574740
Автор произведения Rachel Hauck
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
Lucy streckt mir ihren knochigen Zeigefinger entgegen. „Ihr wart euch schon fast einig, stimmt’s?“
O Mann, ich hoffe nicht. „Einig sein würde ich es nicht gerade nennen.“
„Bist du dir sicher, dass er überhaupt Christ ist?“
Ich spüre, wie mir die Röte in die Wangen steigt. „Na ja, er ist mit mir in den Gottesdienst gegangen.“ Manchmal zumindest. „Er hat dem Pastor die Hand geschüttelt und gesagt: Gute Predigt.“
„Becca, ich bitte dich.“
Ich hätte nicht gedacht, dass das mal rauskommen würde, aber die Wahrheit ist: Ich habe ihn nie wirklich nach seinem Glauben gefragt. Er hat respektiert, dass ich Christin bin. Und ich mochte ihn, liebte ihn vielleicht sogar und für den Moment war das genug. Vielleicht war das ja so was wie „sich einig sein“.
„Als wir zusammen im Kino waren, habe ich mitgekriegt, wie er zu Ruben Edwards gesagt hat, Jesus wäre für ihn einfach ein großer Mensch.“
„Stopp, Lucy. Der Tag ist wirklich schon schlimm genug.“ Ich will es nicht hören. Ich weiß. Ich weiß. Ich habe ein paar Dinge an Chris übersehen. Wichtige Dinge. Es war diese biologische Uhr, ich sag’s euch. Dieses ständige laute Ticken hat mein klares Denken getrübt.
Lucy bedient sich noch einmal am gebratenen Reis. (Chinesisch ist das einzige Fast Food, bei dem sie schwach wird.) „Nur weil du dreiunddreißig bist, musst du noch lange nicht verzweifeln.“
„Ach ja, ich vergaß. Das war: Lucy O’Brian, die jedes Wochenende ein Date hat.“
Sie verdreht die Augen. „Stimmt gar nicht. Nicht jedes Wochenende.“
Letztes Jahr im Frühling hat Lucy mich mitgeschleppt zu so einem Singleevent, obwohl ich mich mit Händen und Füßen gewehrt habe. „Nein, das kann ich nicht“, habe ich wieder und wieder beteuert. „Ich bin allergisch gegen diese Singletreffen.“
Obwohl sich meine Kehle schon beim Gedanken daran zugeschnürt hat, bin ich am Ende doch eingeknickt und mit ihr zu diesem Singlezirkus gefahren. Nachdem sie mich daran erinnert hatte, dass ich seit mehr als einem Jahr kein einziges Date gehabt hatte. Es gab ein Lagerfeuer am Strand, Spanferkel am Spieß, in der Dämmerung Volleyball und Kerzen in den kleinen Pavillons. Das Ganze begleitet von einer pseudohawaiianischen Ukuleleband. Alles in allem ein recht netter Abend, das muss ich zugeben.
Aber am Ende war es, wie ich befürchtet hatte, doch nur das übliche Standardevent, das Gemeinden so für Singles veranstalten. Fünf Mädels auf einen Kerl und die Männer durch die Bank Fehlanzeige – jedenfalls meiner unmaßgeblichen Meinung nach. Der einzige coole Typ, der ohne Polyestershorts, Klettverschlusssandalen und USB-Stick um den Hals aufkreuzte, umging mich elegant, magisch angezogen von Lucy.
„Becca, hey, komm auf den Teppich.“ Lucy schnippt mit den Fingern. „Das hier ist die Wirklichkeit.“
„Was?“ Ich kehre blitzartig zurück in die Gegenwart.
„Was ist mit deinem Job? Was willst du jetzt machen?“
Ach, das. Nach dem Erdbeben bei Casper und dem Erdbeben mit Chris weiß ich nicht mehr, wo oben und unten sind.
„Keine Ahnung. Mein ganzes schönes Leben … ein einziger Scherbenhaufen.“ So, jetzt ist es raus. Und ich mitten in meiner Depression gelandet.
„Becca, bitte, versteh das jetzt nicht falsch …“, beginnt Lucy mit einem nachdenklichen Gesichtsausdruck.
„Oh, keinesfalls. Ich liebe Gespräche, die mit ,Bitte versteh das jetzt nicht falsch‘ anfangen.“ Ich wappne mich innerlich gegen eine ihrer berüchtigten freundschaftlichen Breitseiten.
„Deine Karriere ist allmählich zu deiner absoluten Priorität geworden.“
„Was?“ Das ist jetzt wirklich nicht fair.
„Im letzten Jahr hast du dich verändert. Erst hast du wie verrückt gearbeitet. Dann hast du Chris getroffen …“
„Ich hab wie verrückt gearbeitet?“, wiederhole ich und beiße in meine Frühlingsrolle.
„Du warst nur noch darauf aus, auf deiner Karriereleiter weiterzukommen, und das hat deiner Begeisterung geschadet“, sagt Lucy.
„Begeisterung? Hast du nicht gerade was von ,arbeiten wie verrückt‘ gesagt?“
Meine Freundin sieht mich einen fast endlosen Augenblick lang an und ich weiß, jetzt kommt gleich etwas Tiefgründiges. „Deine Begeisterung für Jesus ist verflogen. Total ausgeleiert. Wie Dauerwellen oder überweite Blusen mit Gürtel.“
Jetzt bin ich wirklich verletzt. Mein geistliches Leben mit der abstoßenden Mode der 80er zu vergleichen! Ich schieße meine Verteidigung ab. „Meine Begeisterung für Jesus zeigt sich darin, dass ich meinen Job so gut wie möglich mache.“
„Jetzt verdreh nicht die Tatsachen, Becca. Diese ganze schicke Yuppie- und Karrierewelt hat dich schon total geprägt. Die Autos, die Klamotten, die Geschäftsessen und eine Fünfzig- oder Sechzigstundenwoche.“ Lucy greift zur Packung mit dem gebratenen Reis und häuft sich noch eine Portion auf den Teller.
„Was willst du damit sagen? Soll ich meine Träume aufgeben?“
„Natürlich nicht. Was ich nur sagen will: Nimm eine Neujustierung vor. Was wir im Leben tun, ist doch nur ein Spiegel dessen, wer wir als Christen sind: Menschen, die Gott lieben und ihm dienen.“
Lucys Worte erschüttern mich. Sie hat recht. Ich war blind. Ich wollte es nicht sehen. Ich hasse diese Aha-Momente. Als ob man erst merkt, dass die Ampel auf Rot gesprungen ist, nachdem man in vollem Schwung in den fünften Gang hochgeschaltet hat.
„Casper weiß offensichtlich nicht zu schätzen, wie viel du für die Firma aufgegeben hast. Und Chris hat dir heute auch gezeigt, wie viel ihm deine Liebe wert ist. Er hatte deinen Namen vergessen, Becca.“
„Mann!“
„Echt.“ Lucy lehnt sich in der Couch zurück, den Teller in den Händen, und angelt nach der Fernbedienung. Bei der neuesten Folge von Big Boss bleibt sie hängen.
„Lucy, hey, macht’s dir was aus, das wegzuschalten?“ Ich zeige mit meinen Essstäbchen auf den Fernseher. „Ich brauche echt keine Erinnerung.“
Ob der Big Boss mich feuern würde? Oder besser, ob er Veronica Karpinski feuern würde? „Veronica, du kannst gehen.“ Hmm. Keine schlechte Vorstellung. Ich fühle mich gleich besser.
Seufz. Aber mein Leben ist keine Realityshow. Es ist viel schlimmer. Dieses Organigramm zu sehen, auf dem mein Name von der Managementebene in die breite Masse der normalen Angestellten gewandert ist, hat mich echt verletzt. Gedemütigt. Und dann auch noch auf Chris mit dieser anderen Tussi zu treffen …
Ich frage mich, ob ich ihn anrufen soll. Die Sache klären. Aber wenn er nun bei ihr ist? Das könnte ich nicht ertragen. Also werde ich nicht anrufen. Würde ja so aussehen, als sei ich verzweifelt. Nein, wenn er etwas loswerden will, kann er selbst kommen und es sagen.
Mitten in meinen geistigen und geistlichen inneren Dialog hinein klingelt das Telefon. Lucy geht ran und reicht mir das Handy, die Augen weit aufgerissen, die Finger über dem Mikrofon.
„Dein Boss“, flüstert sie.
„Du brauchst nicht zu flüstern, Lucy.“ Ich reiße ihr das Handy aus der Hand.
„Hi Veronica.“ Vielleicht sieht sie auch gerade Big Boss und ruft an, um sich zu entschuldigen.
„Rebecca, hier ist Mike Perkins.“
Kapitel 4
Oh. Da war doch was. Mein Boss. „Was kann ich für Sie tun?“
„Tut