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Becca - Liebe ist nichts für Feiglinge. Rachel Hauck
Читать онлайн.Название Becca - Liebe ist nichts für Feiglinge
Год выпуска 0
isbn 9783765574740
Автор произведения Rachel Hauck
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
Eigentlich bin ich genau da, wo ich in meinem 33-jährigen Leben sein wollte – bis zu dieser widerwärtigen E-Mail.
Ich stürme zurück an meinen Schreibtisch, zerre den Stuhl zurück und werfe mich darauf, während ich versuche, die widersprüchlichen Gefühle in mir zu sortieren. Verwirrung mischt sich mit Zorn, Tränen der Ohnmacht mischen sich mit trotziger Entschlossenheit. Ich hatte gedacht, über Momente wie diesen sei ich hinweg.
Das dürfte ein langer Tag werden.
„Becca?“ Jill, meine Assistentin, drückt sich vor der Tür herum.
Blitzschnell tauche ich aus meiner Schmollecke auf und schnappe mir die Maus, um vorzutäuschen, ich sei beschäftigt. „Jill, was kann ich für dich tun?“ Ich rüttele an der Maus, um den schwarzen Bildschirm zum Leben zu erwecken.
„Alles okay?“, fragt sie und steckt ihren Kopf zur Tür herein.
Ich zwinge mich zu einem Lächeln. „Klar. Wieso nicht?“ Schreie ich wirklich? Hört sich zumindest ganz danach an. Also räuspere ich mich und frage leiser: „Sonst noch was?“ Ich rüttele wieder an der Maus. Der Bildschirm erwacht.
Die grässliche Mail grinst mich an. Loser!
Jill lässt sich auf den Polsterstuhl auf der anderen Seite meines Schreibtischs fallen. „Ich hab dich heute Morgen kommen sehen. Neue Stiefel?“
„Ja.“
„Superschick.“
„Hab ich aus New York mitgebracht.“
„Wie teuer?“ Jill redet nicht um den heißen Brei herum.
„So viel, wie du in einer ganzen Woche nicht verdienst.“ Ich nehme auch kein Blatt vor den Mund. „Kommst du wirklich her, um mit mir über meine Schuhe zu reden?“
„J-ja, hörst du doch.“ Eine dunkle Röte überzieht Jills Wangen.
„Weißt du, dass du rot wirst, wenn du lügst?“
„Attila hat die neue Organisationsstruktur rumgeschickt“, platzt sie heraus und wirft eine Kopie des Organigramms auf meinen Schreibtisch.
Attila ist unser Codename für Veronica Karpinski. Kurz für Attila, der Hunnenkönig. Den Spitznamen hab ich ihr vor ein paar Jahren verpasst – unabsichtlich, als sie auf ihrer Karriereleiter gerade den ersten Sprung machen wollte und hypergeschäftig durch die Abteilung wuselte, alle und jeden herumkommandierte und ihr Terrain absteckte. Zu meinem Leidwesen blieb der Name an ihr kleben. Zum Glück erinnert sich aber niemand mehr daran, wer ihn erfunden hat.
„Verstehe.“ Ich verschwinde hinter meinem Laptop.
Jill beugt sich zu mir vor und flüstert: „Sie haben dir Mike Perkins vor die Nase gesetzt.“
Jetzt möchte ich am liebsten losschreien. Danke! Mails lesen kann ich auch! Die Tränen steigen mir wieder in die Augen, und wenn ich jetzt nur einmal blinzele, laufen sie bestimmt los.
Ich klicke auf eine alte Mail von Lucy, nur damit die ekelhafte An-diesem-Platz-brauchen-wir-dich-nicht-mehr-Mail vom Bildschirm verschwindet.
„Sonst noch was, womit ich dir behilflich sein kann?“, frage ich, um das Gespräch zu beenden. Bei mir ist so viel Dampf unterm Kessel, dass es jeden Moment zur Explosion kommen könnte. Ich kann keine Garantie für Jills Sicherheit übernehmen.
„Was denkt Attila sich nur? Ich meine, alle hier mögen dich. Und Mike ist so …“
„Sie weiß, was sie tut.“ Egal, wie sauer ich gerade auf Veronica bin, ich kann nicht zulassen, dass Jill Holmes, die größte Klatschtante im ganzen Unternehmen, mich hier zu unvorsichtigen Äußerungen verleitet. Jedes Wort, das ich jetzt sage, wird spätestens morgen in der ganzen Firma die Runde machen.
„Also, wenn ich dir irgendwie …“
Ich stehe auf und schneide ihr das Wort ab. „Mir geht’s bestens. Danke.“
Mein Telefon klingelt, als Jill den Raum verlässt. Das Display verrät mir, dass es Lucy ist – dem Himmel sei Dank.
„Becca, was ist los?“, fragt Lucy ungefähr zehn Mal, bevor ich mich aufrappeln kann zu antworten.
„Ich bin so wütend, so megawütend“, bringe ich zwischen zwei Schluchzern heraus. Ich lasse den Kopf hängen. Tränen tropfen auf das Eichenimitat der Schreibtischplatte. Ich wische sie mit dem Organigramm weg, das Jill dagelassen hat.
„Was ist passiert?“
„Attila, der Hunnenkönig, hat die ganze Abteilung umstrukturiert.“
„Wann?“
„Am Wochenende, nehme ich an.“
„Und?“
„Ich bin nicht mehr Leiterin des Kundendienstes.“
„Was? Kann sie das denn einfach machen?“
„Ganz offensichtlich.“ Eine aufsteigende Gefühlswelle hämmert in meinem Kopf. Casper ist ein mittelgroßes, aber enorm erfolgreiches Software-Unternehmen. Jonathan Caspers jüngste Kopfgeburt, W-Book, dürfte das World Wide Web im Sturm erobern. Damit kann jeder seine eigene Website kreieren – jeder vom kleinen Steppke bis zur Uroma. Total easy.
Aber ich schweife ab. „Du weißt ja, wie so was läuft, Lucy. Sie machen, was sie wollen. Ganze Abteilungen und Abteilungsleiter mal eben mit einem Fingerschnippen austauschen – das ist nichts Neues. Ich hab nur nicht damit gerechnet, dass es mich treffen würde.“
„Becca, du bist so gut in deinem Job“, versucht Lucy mich zu trösten. „Du hast dir diesen Job echt verdient.“
„Glaubst du, das weiß ich nicht? Aber seit dieser E-Mail von heute Morgen hab ich diesen Mike Perkins über mir. Er ist der neue Leiter der Abteilung Kundendienst. Und über dem steht Veronica.“
„Sie hätte wenigstens seine Position anders nennen können“, bemerkt Lucy leise.
„Sollte man meinen.“ Ich koche wieder. Es gibt keinen Grund, absolut keinen, mir diese Position wegzunehmen. Meine Arbeitsergebnisse sind ausgezeichnet, keine Spur von mangelnder Qualifikation oder fehlender Führungskompetenz.
Ich investiere mich zu 130 Prozent in Casper & Company. Ich komme früh, gehe spät. Letztes Jahr habe ich freiwillig sogar über das Thanksgiving-Wochenende gearbeitet, damit ein Auftrag im Wert von einer halben Million rechtzeitig rausgehen konnte. Und im Dezember habe ich zwei Tage meines Colorado-Urlaubs geopfert, um den Verkaufsleiter zu einem Kunden zu begleiten.
„Becca, es muss doch einen Grund geben“, schließt Lucy.
„Attilas irrwitzige Inkompetenz?“
„Rede mit Jonathan“, schlägt sie vor.
„Der hat doch kein Rückgrat. Er wird mir erzählen, ich soll mit Veronica reden, und dann wird er sich hinter ihren Argumenten verstecken.“
„Dann sprich mit Veronica.“ Lucy gibt mir lauter Ratschläge, die ich nicht hören will.
„Nein. Sie hat das ausgeheckt – soll sie doch zu mir kommen.“
„Prima.“ Lucy seufzt. „Dann musst du eben damit leben. Aber beschwer dich nicht!“
Ich lache. „Wie gut kennst du mich überhaupt?“
„Becca, schon seit der zehnten Klasse. Du bist für mich wie eine Schwester, aber ich werde mir in den nächsten zwölf Monaten nicht dein Gejammer anhören, was diese Veronica Karpinski dir angetan hat.“
Lucy kennt mich tatsächlich. Aber ihre Offenheit ändert nichts an den Tatsachen: Ich werde jammern. Am liebsten würde ich ja zu Veronica marschieren und die Sache noch mal verhandeln. Aber das