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isst mit deiner Oma Butterbrote?«

      »Ja, es war anders geplant, aber dann haben wir uns gestritten. Seit sie den neuen Job hat, hat sie kaum noch Zeit für etwas anderes. Alles hat sich verändert. Wir sehen uns kaum noch und wenn, dann ist sie abwesend oder gereizt. Sie redet nur noch über die Arbeit.«

      »Ach, mein Junge, mach dir darüber keine Sorgen. Das Leben verändert sich so schnell, da kommt man manchmal eben kaum hinterher.«

      Lotte angelte sich eine Gurke vom Tellerrand und biss mit lautem Krachen hinein. Matthias Magen erinnerte ihn ebenfalls wieder an seinen Hunger, also langte er zu.

      »Ja, das weiß ich. Aber ich liebe sie so und ich möchte, dass sie glücklich ist. In der letzten Zeit ist sie immer so abwesend, so als wäre sie da und ist es doch nicht. Es ist nichts, was man greifen könnte, nur so ein Gefühl. Wir leben nebeneinander her, nicht mehr miteinander. Früher hat sie mich manchmal so angesehen, sie hat gelacht, wir haben rumgealbert, aber all das passiert nicht mehr. Ich wünsche mir so, mit ihr glücklich zu sein.«

      Lotte hörte auf zu kauen und kniff die Augen zusammen.

      »Wie oft soll ich dir noch sagen, dass du mit dieser Frau nicht glücklich werden kannst? Sie ist einfach nicht die Richtige für dich!«

      Matthias verdrehte die Augen.

      »Bitte, Oma, jetzt fang nicht wieder damit an. Ich habe mich für Hanna entschieden und sie ist die Richtige für mich. Ich weiß doch, was ich für sie fühle. Und woher willst du überhaupt wissen, wer die Richtige für mich ist?«

      Seine Oma schob ihren Teller beiseite und fixierte ihren Enkel.

      »Lebenserfahrung, mein Junge,

      Lebenserfahrung. Ich kann auf einen Blick sehen, ob zwei Leute zusammengehören und bei dir und Hanna ist das definitiv nicht der Fall. Bist du satt?«

      »Ja, danke.« Matthias schob den Teller von sich und dachte nach. Es war nicht das erste Mal, dass Lotte ihm sagte, dass Hanna nicht zu ihm passte. Schon nach ihrer ersten Begegnung hatte sie ihm gesagt, dass Hanna nicht die richtige Frau für ihn war.

      »Du brauchst etwas Handfestes, mit Herz und Hirn. Hirn hat sie, aber was das Herz angeht, fehlt ihr etwas.«

      »Hast du etwas dagegen, wenn ich heute Nacht hierbleibe?«, fragte Matthias. Lotte lächelte.

      »Aber natürlich nicht. Das Gästebett ist frisch bezogen. Ich wecke dich morgen früh.«

      Matthias gab ihr einen Kuss auf die Wange.

      »Du bist die Beste.«

      Im Gästezimmer streifte er seine Jeans ab und kuschelte sich in die frisch bezogenen Laken, die nach Oma Lottes Waschmittel dufteten. Es war ein vertrauter Geruch, der Sicherheit und Gemütlichkeit vermittelte und ihn an seine Kindheit erinnerte. Seine Gedanken wanderten zurück an den Tag, als er mit seinen wenigen Habseligkeiten hier bei Oma Lotte und Opa Erich eingezogen war, kurz nach dem Unfalltod seiner Eltern. Damals war er gerade 12 Jahre alt gewesen. Er erinnerte sich noch an den Schock, den er damals gehabt hatte. Er hatte sich verloren gefühlt, mutterseelenallein auf der Welt, doch Lotte und Erich hatten ihn aufgefangen, ihn mit Liebe und Fürsorge überschüttet, so sehr sie nur konnten und irgendwann hatte der Schmerz nachgelassen.

      Matthias dachte an Hanna. Ihre Eltern lebten beide noch. Hanna war kein Einzelkind wie er, sondern hatte noch eine größere Schwester. Ihre Eltern hatten sich scheiden lassen, und Hanna war der festen Überzeugung, dass ihr Vater ihre Schwester immer bevorzugte.

      Matthias seufzte und starrte mit geöffneten Augen in die Dunkelheit. Die Lichter der vorbeifahrenden Autos zeichneten Muster an die Zimmerdecke. Warum war der heutige Abend nur so furchtbar schiefgelaufen? Er ertappte sich bei dem Wunsch, mehr Geduld gehabt zu haben, immerhin war es ihr Jahrestag. Er zückte sein Handy und schrieb Hanna eine Nachricht.

      ES TUT MIR LEID, schrieb er. ICH VERMISSE DICH. WIR HOLEN DEN ABEND EINFACH NACH, OK? SCHLAF GUT. Er drückte auf »Senden« und war binnen weniger Sekunden eingeschlafen.

      Am nächsten Morgen weckte ihn der dichte Verkehr auf der vielbefahrenen Straße vor Oma Lottes Haus. Blinzelnd öffnete Matthias die Augen. Obwohl er nur zwei Bier getrunken hatte, spürte er einen klopfenden Schmerz hinter seiner Stirn. Er griff nach seinem Handy und blickte auf das Display. Es zeigte ihm keine Nachricht von Hanna an. Müde erhob er sich und rieb sich den Schlaf aus den Augen. Verschlafen schlurfte er über den Flur in das Badezimmer. Von unten drang der Duft frischer Brötchen und Kaffees nach oben. Matthias drehte die Dusche an und beugte sich über das Waschbecken, um sich kaltes Wasser in das Gesicht zu spritzen. Dann streifte er seine Boxershorts von den Hüften und stieg unter die dampfende Dusche. Das heiße Wasser weckte seine Lebensgeister. Er seifte sich ein und spülte den Schaum mit kaltem Wasser ab. Als er das Wasser abstellte und den Duschvorhang zurückschob, traf ihn fast der Schlag. Vor ihm, am Waschbecken, stand eine Frau, ungefähr in seinem Alter. Sie hatte schulterlanges, glattes braunes Haar, große, sanfte Augen und eine helle Haut, auf der vereinzelte Sommersprossen aufleuchteten. Bei ihrem Anblick erschrak er so sehr, dass er nach dem Duschvorhang griff und an ihm zerrte. Vor Schreck wendete er ein wenig zu viel Kraft an und riss die ohnehin nicht sonderlich fest angebrachte Halterung aus der Wand. Der Duschvorhang samt Stange gab nach und kam ihm entgegen. Matthias versuchte, der Stange auszuweichen und machte einen ungeschickten Schritt nach hinten. Dabei glitt er in der vom Wasser rutschigen Dusche aus. Er stürzte nach hinten und kam unsanft auf dem Rücken auf. Einen Moment lang wurde ihm schwindelig und er brachte nur ein schmerzerfülltes Ächzen hervor. Im nächsten Moment schob sich das Gesicht der Fremden in sein Gesichtsfeld. Ihre Augen zeigten Schrecken und Besorgnis.

      »Alles ok?«, fragte sie. Matthias blinzelte. Für einen Augenblick kam sie ihm vor wie eine Traumgestalt. Er blinzelte erneut und der Eindruck war verschwunden. Benommen rappelte Matthias sich auf, ohne seine Augen von ihr abzuwenden.

      Sie trug ein schlichtes, grünes Kleid, das hervorragend ihre hellgrüne Augenfarbe unterstrich und ihren großen, sinnlichen Mund mit den weichen, dunklen Lippen, die sich bei seinem Anblick langsam zu einem Lächeln verzogen. Sofort bemerkte er die kleinen Grübchen an ihren Mundwinkeln. Ihre Nase war klein, fast ein wenig zu klein, ihre Schultern waren schmal, dafür zeichneten sich unter dem T-Shirt-Stoff ihres Kleides ihre vollen, wohlgeformten Brüste und die rundlichen Hüften mit den stämmigen Oberschenkeln ab. Unsicher kam Matthias auf die Füße. Keinesfalls wollte er erneut ausrutschen und sich auf den Hintern setzen.

      »Geht es dir gut?«, fragte sie und legte den Kopf schief. Dabei legte sie ihren langen, perfekt geschwungenen Hals mit der hellen Haut frei und ein leichter Schauder fuhr durch Matthias‘ Körper. Alles an ihr sprach von Weiblichkeit und Sanftheit und während Matthias sie anstarrte, vergaß er einen Moment, dass er völlig nackt vor ihr stand.

      »Wwwwer bist du?«, fand er schließlich seine Sprache wieder. Ihr Lächeln wurde noch eine Spur breiter.

      »Ich bin Ina«, sagte sie freundlich, so als erlebte sie solche Situationen täglich. »Du musst Matthias sein, Lottes Enkel. Ich habe schon viel von dir gehört.«

      »Ähm«, machte Matthias und kam sich ein wenig unbeholfen dabei vor. »Gibst du mir mal das Handtuch?« Sein Hinterkopf und sein Steißbein schmerzten gehörig, doch das war nicht der einzige Grund, weshalb ihm das Denken schwerfiel. Es lag vielmehr an Inas Anwesenheit. Etwas an ihr verwirrte und faszinierte ihn zugleich, dabei war sie eigentlich gar nicht sein Typ. Sie war ein wenig zu unscheinbar, ganz anders als die stets perfekt gestylte Hanna, doch es war gerade ihre natürliche Schönheit, ganz ohne Make-Up und das schlichte Kleid, die ihn reizte. Leider zeigte sich diese Wirkung unmittelbar auf seinem nackten Körper. Inas Blick wanderte nach unten und sie hob eine ihrer Augenbrauen. Matthias spürte, wie er tiefrot anlief.

      »Das Handtuch, bitte«, stieß er mit rauer Stimme hervor.

      Ina riss sich von dem Anblick zwischen seinen Beinen los und griff nach dem Duschhandtuch. Sie reichte es ihm, ohne den Blick von ihm zu wenden. Dabei wirkte sie kein wenig schüchtern, im Gegenteil machte sie keinen Hehl daraus, dass ihr gefiel, was sie da sah und Matthias spürte, wie er unter ihrem Blick noch mehr errötete. Eigentlich war er

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