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Herzhaft Verkorkst. René Bauhus
Читать онлайн.Название Herzhaft Verkorkst
Год выпуска 0
isbn 9783347081826
Автор произведения René Bauhus
Жанр Контркультура
Издательство Readbox publishing GmbH
»Wenn du nichts dagegen hast, dann würde ich mich gerne abtrocknen und anziehen.«
Auf Inas Wangen zeigte sich ein rötlicher Schimmer. Die Situation schien ihr wenigstens ein bisschen peinlich zu sein, wie Matthias mit einiger Befriedigung feststellte. Sie biss sich auf die Unterlippe und zwinkerte ihm zu.
»Klar, ich sage Lotte, dass sie frischen Kaffee aufsetzen kann.« Sie grinste spitzbübisch und wandte sich zur Tür. Als sie in der Tür stand, drehte sie sich noch einmal zu ihm um.
»Nettes Muttermal«, sagte sie. Matthias spürte, wie er tiefrot anlief. Sie meinte das Muttermal direkt an seiner Hüfte. Es war etwa so groß wie ein Daumennagel und nur sichtbar, wenn er vollkommen nackt war. Es war eines der intimen Details, das nur sehr wenige Menschen über ihn wussten. Die Tür schloss sich hinter Ina und er blieb verwirrt zurück. Nachdenklich putzte er sich die Zähne, kämmte sich die Haare und rasierte sich, so gut es ging, mit einem der Einwegrasierer, die Oma Lotte immer bereithielt, falls unangekündigt Besuch vorbeikam. Er betrachtete sich im Spiegel. Unter seinen Augen zeichneten sich dunkle Schatten ab. Man sah ihm an, dass er in der letzten Zeit nicht viel geschlafen hatte. Sein Gesicht war schmal geworden, ebenso wie seine Oberarme. Es war schon eine Weile her, dass er das letzte Mal den Weg in das Fitnessstudio gefunden hatte und ihm fiel auf, dass er sich wieder ein wenig mehr um sein Äußeres kümmern könnte. Er musterte sich genau. Seit er mit Hanna zusammen war, trug er das Haar kürzer, weil sie fand, dass es »gepflegter« aussah, wie sie es nannte, obwohl er es eigentlich gerade in der Stirn gern ein wenig länger trug. Er griff nach seinem Shirt und streifte es sich über. Es roch ein wenig nach Rauch und Schweiß. Es war eines der Polohemden, wie sie Hanna liebte, auch wenn er eigentlich mehr auf Longshirts stand. Dann schlüpfte er in seine Jeans, verließ das Badezimmer und ging nach unten in die Küche. Oma Lotte stand mit Schlappen und Lockenwicklern im Haar am Herd und wendete die Rühreier. Ina saß mit einer großen Tasse Kaffee am Tisch und lächelte ihn an, als er hereinkam.
»Da bist du ja«, begrüßte ihn Lotte. »Gut geschlafen?«
Matthias räusperte sich. Ohne seinen Blick von Ina abzuwenden, sagte er: »Geht so.«
»Na komm, setze dich, ich mache dir ein anständiges Frühstück. So ein großer Kerl wie du muss essen, nicht immer nur dieses Fitnesszeugs, mit dem dich Hanna foltert«, sagte Lotte und schichtete ihm eine dicke Portion Rührei mit Speck und Schnittlauch auf den Teller. Matthias ließ sich auf seinen Stuhl sinken. Der verführerische Geruch von Lottes starkem Kaffee stieg ihm in die Nase. Er rieb sich den Hinterkopf, wo sich bereits eine dicke Beule bildete.
»Wie ich sehe, habt ihr beide euch ja bereits kennengelernt«, erklärte Lotte fröhlich und setzte sich ihm gegenüber.
»Das ist Ina, die Enkelin meiner Freundin Gabi. Du weißt schon, Gabi aus dem Nähkurs, den ich letztes Jahr gemacht habe.«
Matthias nahm schlürfend einen Schluck aus der Tasse.
»Nähkurs?«, fragte er zerstreut.
»Ja, davon habe ich dir doch erzählt. Ina ist so lieb und nimmt mich hin und wieder zum Einkaufen mit. Du weißt ja, dass ich nicht mehr so gut zu Fuß bin und du und Hanna ihr habt ja selten Zeit, so beschäftigt wie ihr immer seid.«
Matthias ließ seine Tasse sinken.
»Aber Oma, das stimmt doch nicht. Ich bin immer für dich da und wenn du mich brauchst, dann nehme ich mir die Zeit. Du musst nur etwas sagen.«
Oma Lotte lächelte und tätschelte beruhigend seine Hand.
»Alles gut, mein Junge.«
Ina lächelte ebenfalls.
»Ich fahre meine Oma ja ohnehin, da macht es mir nichts aus, Lotte mitzunehmen, es liegt auf dem Weg. Und wir verbringen gerne Zeit miteinander. Das ist immer lustig.«
Oma Lottes Augen leuchteten bei Inas Worten auf.
»Du bist so ein gutes Kind, Ina, viel zu gut für diese Welt.« Ein zärtlicher Ausdruck trat auf ihr Gesicht. Matthias ertappte sich bei der Frage, wie es sein konnte, dass ein Mensch eine so große Rolle im Leben seiner Großmutter spielte und er nichts davon mitbekommen hatte. Er war wirklich mit zu viel anderem beschäftigt gewesen in der letzten Zeit und hatte sich zu selten blicken lassen, warf er sich selbst in Gedanken vor.
Matthias rieb sich seinen schmerzenden Hinterkopf.
»Das gibt eine fiese Beule«, stellte er fest. Lotte stand auf, ging zum Kühlschrank und holte einen Beutel gefrorener Erbsen aus dem Tiefkühlfach.
»Hier«, sagte sie. »Halt das an die Stelle. Dann wird die Beule nicht zu groß.« Matthias gehorchte. Die Kälte tat gut.
»Ich bin froh, dass ihr euch endlich kennenlernt«, erklärte Lotte, während sie wieder Platz nahm. »Ina ist ein durch und durch vernünftiges Mädchen und ich glaube, sie könnte dir dabei helfen, dein Problem in den Griff zu bekommen.«
Matthias runzelte die Stirn.
»Welches Problem?«, fragte er.
»Na, mit Hanna. Ich glaube, du kannst jemanden gebrauchen, der dir einfach hin und wieder zuhört. Jemand mit Herz und Verstand.« Matthias schob ruckartig seinen Stuhl zurück und stand auf. Der Beutel mit den gefrorenen Erbsen fiel zu Boden, riss auf und die Erbsen kullerten über den Küchenboden.
»Danke, ich brauche keine Hobbytherapeutin«, sagte er, deutlich gereizter als er beabsichtigt hatte. Er verließ die Küche und schlug die Tür hinter sich zu. Draußen vor Lottes Haus zog er sein Handy aus der Tasche und blickte in seine Messenger App. Zu seiner Verwunderung war Hanna gerade online, hatte seine Nachricht von gestern Nacht aber weder gelesen, noch ihm geantwortet.
HALLO SCHATZ, schrieb er ihr. KÖNNEN WIR REDEN? ICH VERMISSE DICH.
Die blauen Häkchen zeigten an, dass Hanna seine Nachrichten las.
JETZT NICHT, antwortete sie knapp. ICH MUSS IN DAS GESCHÄFT UND HABE ÜBERHAUPT KEINE ZEIT FÜR SO ETWAS. WIR REDEN SPÄTER.
Schon war sie wieder offline. Dass Hanna so kurz angebunden war, versetzte Matthias einen Stich. Offensichtlich hatte es für sie keine große Priorität, sich wieder mit ihm zu vertragen. Traurigkeit, gefolgt von Wut, stiegen in ihm auf. Was hatte er ihr getan, dass sie so mit ihm umsprang? Ja, es mochte sein, dass er in der letzten Zeit abgelenkt gewesen war und ihr nicht die Aufmerksamkeit geschenkt hatte, die sie sich vermutlich wünschte. Aber in der Werkstatt war eine Menge los gewesen, weil Christoph sich lieber mit irgendwelchen Frauen traf, statt sich um sein Geschäft zu kümmern. Matthias sog scharf die Luft ein. Trotzdem hatte Hanna kein Recht, so mit ihm umzuspringen. Immerhin hatte auch er Gefühle. Unentschlossen blieb er auf dem Treppenabsatz stehen und überlegte, was er als Nächstes tun sollte.
Lotte beobachtete ihn aus dem Fenster und nippte zufrieden an ihrer Kaffeetasse.
»Was denkst du, wird er jetzt tun?«, fragte Ina und rührte den Zucker in ihrem Kaffee um.
»Er wird eine Weile mit sich kämpfen, aber so, wie ich ihn kenne, wird er zur Vernunft kommen. Der Junge hat seinen Stolz und Hanna behandelt ihn schon viel zu lange wie ihr dressiertes Schoßhündchen. Er ist ein Kerl und kein Kuscheltier, aber das wird sie auch irgendwann kapieren. Weißt du, wenn man jemanden liebt, dann ist man bereit, sich ganz schön zu verbiegen, nur um so zu sein, wie diese Person einen gerne haben möchte, aber irgendwann kommt der Augenblick, an dem man begreift, dass jemand, der einen nicht so liebt, wie man ist, diese Liebe und all diese Mühen gar nicht verdient. Matthias war schon immer wählerisch, was seine Frauen anging, er war noch nie ein Draufgänger, eher schüchtern und zurückhaltend. Das hat Hanna sich zu Nutze gemacht. Sie ist eine Frau von dem Schlag, die weiß, wie man Männer manipuliert. Sie hat sofort erkannt, was für ein Goldstück er ist und ihn unter ihre Fuchtel gestellt, bevor er überhaupt wusste, was mit ihm los ist. Ich habe so oft versucht, mit ihm darüber zu reden und ihn zur Vernunft zu bringen, doch sobald ich das Thema anspreche, blockt er komplett ab. Er verteidigt sie, ganz gleich, was sie tut und sie lässt ihn am langen Arm verhungern. Frauen wie Hanna sind wie