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North Carolina, gab. Sie war die Tochter eines städtischen Angestellten, lebte bei ihren Eltern und arbeitete in der Marketingabteilung eines Textilkonzerns. Das klang unverdächtig. Doch ihre hartnäckige Neugier schürte Robertos Misstrauen.

      „Ich kann es nicht ändern“, sagte er hart und legte den Gang ein. Eileen trat zurück.

      „Gute Reise, Fremder“, sagte sie leise, als der Wagen anrollte.

      Roberto nickte und gab Gas. Er zog eine hohe Staubfahne hinter sich her, als er über den unbefestigten Weg auf die Nationalstraße 19 Zufuhr.

      Durch das hintere Fenster sah er den Mann, der sich mit der unverletzten Hand festzuklammern versuchte. In den blassen Augen flackerte so etwas wie Hass. Wenn Robertos Blick die Augen traf, versuchte er, den Ausdruck darin zu verbergen.

      Die Dämmerung ließ die Konturen verschwimmen, und die Ranchgebäude verschwanden im Staub, den der Dodge aufgewirbelt hatte. Roberto ließ die Scheinwerfer ausgeschaltet, so lange es ging. Er erinnerte sich an eine Weggabelung, die tiefer in den Green Valley National Park führte. Roberto wollte die Nationalstraße nach Tucson möglichst nicht auf direktem Weg ansteuern. Er hielt es immer noch für möglich, dass der Killer nicht alleingekommen war.

      Um ein Haar hätte er die tief ausgefahrene Spurrille im letzten Licht des Tages verfehlt. Er kurbelte das Lenkrad herum. Der Wagen tanzte über die Unebenheiten des Bodens, und einmal krachte er mit der Bodenwanne auf. Dann schien der Weg fast schnurgerade in die flachen Hügel der Santa Rita Range zu führen.

      Roberto setzte die Geschwindigkeit herab. Immer noch fuhr er mit gelöschten Lichtern. Der Gangster hämmerte mit der Faust gegen die Rückwand des Fahrerhauses.

      „Halt an, du Schinder!“, schrie er. „Halt an, verdammt, ich verrecke!“

      Roberto reagierte nicht. Der Killer tobte, bis seine Rufe schwächer wurden.

      Links und rechts des Weges wuchsen bizarre dunkle Formen auf. Roberto rangierte den Dodge geschickt zwischen den Felsen hindurch. Hier fühlte er sich sicherer als in der Umgebung der Nationalstraße oder auf der Green Valley Ranch. Er hielt an und stellte den Motor ab. Der Killer verhielt sich atemlos still, als Roberto ausstieg und in die Nacht lauschte.

      Er sah weder ein Licht, noch vernahm er ein Geräusch außer dem Knacken des abkühlenden Metalls. Es war jetzt so dunkel, dass er nicht mehr ohne Licht würde weiterfahren können. Licht würde ihn jedoch jedem Verfolger ausliefern. Roberto kletterte auf einen Felsen und sah sich um, so gut das bei der Dunkelheit möglich war.

      Ein Stück die Straße hinauf erkannte er den Umriss eines spitzgiebeligen Daches gegen den etwas helleren Himmel. Er merkte sich die Richtung und fuhr auf das Anwesen zu.

      Es war eine quadratische Blockhütte. Ein offener Schuppen, ein Brunnen und eine außenliegende Kochstelle verrieten ihre Bestimmung Roberto hatte die Schutzhütte einiger Jäger entdeckt.

      Roberto stellte den Motor ab. Er glitt aus dem Wagen und näherte sich dem Haus.

      Die Tür war weder verschlossen noch verriegelt. Knarrend schwang sie nach innen, als Roberto sie mit der linken Hand berührte.

      Staubtrockene Luft drang ihm entgegen. Roberto bewegte sich lautlos, als er über die Schwelle trat und sich neben der Tür gegen die Holzwand presste. Er wartete einige Sekunden lang mit angehaltenem Atem, ehe er sein Feuerzeug aufleuchten ließ.

      Zuckende Schatten tanzten über die rohen Wände. Unter der Decke hing ein Gecko. Blitzschnell verschwand das Reptil in einer Spalte.

      Auf einem Regal entdeckte Roberto eine Petroleumlampe. Er stellte sie griffbereit auf den Tisch, ohne sie jedoch gleich anzuzünden.

      Er ging zum Dodge zurück. Der Gangster drückte sich in eine Ecke. Roberto packte ihn an der Schulter. Der Mann zitterte heftig, und Roberto stellte fest, dass er fieberte. Auch das noch, dachte er düster.

      „Was hast du mit mir vor?“, fragte der Killer japsend.

      „Ich lasse dich hier zurück“, sagte Roberto mit gespielter Gleichgültigkeit, als er den Kerl unter den Achseln packte und vom Wagen zerrte.

      Der Gangster schrie vor Schreck und Schmerz auf. „Das kannst du doch nicht machen!“, heulte er entsetzt. „Ich kann nicht laufen, ich kann mir nicht einmal was zu trinken holen ...“

      „Wenn du mich erwischt hättest, könnte ich nicht einmal mehr um mein Leben betteln“, konterte Roberto.

      Er zerrte den Stöhnenden in die Hütte, wo er die Tür Schloss, ehe er den Killer dorthin schleifte, wo er eben im fahlen Schein des Feuerzeugs eine primitive Pritsche gesehen hatte. Er wuchtete den Verbrecher hinauf, dann zündete er die Lampe an.

      Die Augen des Burschen glänzten fiebrig. Die Verbände am Fuß und an der Hand waren durchblutet. Roberto war es bewusst, dass er den feigen Schützen schnellstens in ein Krankenhaus schaffen musste. Aber vorher musste er feststellen, mit wem er es zu tun hatte. Und wer den Kerl auf ihn angesetzt hatte. Obwohl Roberto ziemlich sicher war, denjenigen zu kennen, der den Köder in die Falle gesteckt hatte.

      Roberto filzte die Taschen des Gangsters und warf ihren Inhalt auf den Tisch. Ausweise waren nicht dabei, nicht einmal ein Führerschein. Den hatte dieser Profi vermutlich in irgendeinem Motel zurückgelassen. Aber der Strolch hatte nicht daran gedacht, den Mietvertrag des Dodge Ramcharger irgendwo zu verstecken. Roberto hatte die Papiere des Wagens in einem Fach des geländegängigen Fahrzeugs gefunden. Im Licht der Petroleumlampe studierte er jetzt die Angaben.

      Der Wagen war vor drei Tagen in Nogales gemietet worden. Im Namensfeld waren die Daten einer Kreditkarte abgedrückt, die auf den Namen Adam Petrie, Dallas, Texas, lautete.

      Roberto steckte den Mietvertrag ein. Anhand der Nummer des Führerscheins, den der Kerl beim Vermieter hatte vorlegen müssen, würde sich nachprüfen lassen, ob dieser Petrie echt war.

      „Mann, Tardelli, ich verrecke!“

      „Gib mir eine Telefonnummer“, sagte Roberto. „Ich kann deinen Boss anrufen und ihm sagen, wo ich dich abgelegt habe. Wenn er dich liebt, lässt er dich vielleicht abholen, bevor die Ameisen kommen.“

      „Mann, du bist verrückt!“ Die Augen quollen aus den Höhlen. „Du kennst das Gesetz ...“

      Das Gesetz des Schweigens. Wer redet, muss sterben, Roberto kannte es, weil er laufend Mafiosi zwang, dagegen zu verstoßen.

      Roberto zuckte die Achseln. „Es ist deine Beerdigung“, sagte er scheinbar ungerührt.

      „He! Warte!“

      Roberto blieb stehen, wandte sich um. „Was ist denn noch?“

      „Wenn ich ... dir etwas sage, bringst du mich dann zu einem Doc?“

      „Sicher“, antwortete der Mafia Jäger.

      „Schwör’s!“

      „Ich verspreche es dir.“

      Adam Petrie richtete sich etwas auf. „Gib mir was zu trinken“, forderte er heiser. „Meine Kehle brennt.“

      Roberto rührte sich nicht. „Hier gibt’s nichts zu trinken. Erzähl mir deine Lebensgeschichte, dann fahre ich dich in die nächste Stadt.“

      Der Gangster beugte sich vor. Sein Gesicht überzog sich mit jäher Blässe. Roberto bewegte sich auf den Mann zu. Bevor der Strolch von der Pritsche kippen konnte, fing er ihn auf und legte ihn zurück.

      Roberto biss sich auf die Lippe. Lange konnte er die Show nicht mehr durchziehen.

      „Große Sache, Tardelli“, flüsterte der Gangster. „Sie kriegen dich, bestimmt. Bestimmt ... dich ... und einen G-man ... du hast keine Chance ... Don Alfredo räumt auf.“

      Don Alfredo. Da war der Name. Alfredo Plancata war sein Todfeind, das zu erfahren bedeutete keine sensationelle Enthüllung für Roberto. Aber was faselte der Killer da von einem G-man? Don Alfredo wollte sich auch einen FBI-Agenten vom Hals schaffen? Das hörte sich böse an. Roberto schüttelte den Verbrecher.

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