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blassen Lippen verzerrten sich zu einem Grinsen. „Sei doch froh, Mann! Der G-man ...“ Petrie keuchte, schnappte nach Luft. „Er ist doch dein Feind! Er hat dich gejagt!“

      Mich haben viele G-men gejagt, dachte Roberto bitter. Seit er jenen Police Lieutenant erschießen musste, hatte er sie auf den Fersen. Aber da war einer, der ihn mit besonderer Zähigkeit gejagt hatte, der ihm gefolgt war wie ein Schatten, ein Mann, der seine Schritte vorauszuahnen schien.

      France rannte nach draußen. Er durchsuchte den Wagen und fand schließlich eine angebrochene Flasche mit Mineralwasser. Das Zeug war lauwarm. Er flößte dem Gangster etwas von dem Wasser ein. Petrie hustete, schluckte aber gierig.

      „Wie heißt der G-man?“, fragte Roberto. Er kannte den Namen.

      „Er hat keine Chance, der G-man.“ Petrie kicherte, während er mit der unverletzten Hand die Flasche festhielt. „Das sind ein paar Jungs aus Chicago unterwegs ... Don Alfredo hat sich die besten Kanonen bei den anderen Dons ausgeborgt... die besten ...“

      Eine Kanone hatte er sich in Dallas ausgeliehen. Pech, dass dieser Schurke auf den Falschen geschossen hatte. Doch ein Mann wie Don Alfredo lernte aus seinen Fehlern. Bisher hatte er Roberto Tardelli nicht in direktem Angriff erwischen können. Deshalb hatte er dieses Mal eine zweite Feuerlinie aufgebaut.

      „Ich will den Namen wissen, zum Teufel!“, knirschte Roberto.

      „Er heißt Freed, glaube ich.“

      9

      G-man Arthur Freed fuhr wie ein Roboter. Er bog vom Wilshire Boulevard in die stille Hicksville Road ein, an deren rechter Seite sein Haus lag. Er wich dem großen gelben Möbelwagen aus, der ihm entgegenkam, ohne ihn wirklich zu sehen. Es war bereits dunkel. Er kam später, viel später, als er seiner Frau versprochen hatte. Er konnte sich ausmalen, wie die Ungewissheit ihr zusetzte. Aber er hatte an einer Sitzung teilnehmen müssen; und dann hatte er auf den Anruf aus Washington warten müssen, der über sein weiteres Schicksal befand. Über seins und Ronnys.

      Von der Dienststelle aus hatte er zweimal mit Doris telefoniert, ohne mehr tun zu können, als ihr mit hohlen Worten Trost zuzusprechen. Doris schien die Ungewissheit jedoch stumm und tapfer zu ertragen.

      Bis er die Diele seines Hauses betrat. Sie fiel ihm um den Hals, und er fühlte ihre warmen Tränen an seinem Gesicht, spürte das heftige Zittern des schmalen Körpers.

      Er schloss die Haustür, und minutenlang blieb er in der dunklen Diele stehen, ohne ein Wort zu sagen.

      Bis Doris Freed das Schweigen brach. Ihre Stimme klang brüchig und schwach.

      „Warum?“, fragte sie. Nur dieses eine Wort.

      Mechanisch streichelte er ihren Rücken. „Sie wollen mich treffen. Sie wollen mich zu etwas zwingen.“

      „Wozu? Und wer?“

      Freed sprach selten über seine Arbeit, wenn er zu Hause war. Doch es blieb nicht aus, dass Doris ziemlich gut über alles informiert war. Freed war ein bekannter G-man. Sein Name erschien oft in den Zeitungen, und manchmal wurde er sogar in den Fernsehnachrichten erwähnt. Und natürlich wusste Doris, weshalb sie mit Ronny und ihrem Mann nach Washington ziehen sollte – weil Art ein Experte in allem war, was die Mafia betraf.

      „Ich soll zurücktreten. Ich soll kündigen, meinen Job hinschmeißen ...“

      „Oh Gott!“ Doris hob den Kopf und sah in seine Augen, die dunkel wie Ölpfützen im blassen Gesicht zu schwimmen schienen. Von der Straße drang etwas Licht herein. „Und was wirst du tun?“, fragte sie unsicher. Ihr Gesicht war starr wie eine Lehmmaske.

      „Man hat mich vom Dienst suspendiert ...“

      „Suspendiert? Oder bist du zurückgetreten?“

      „Ich wäre nicht zurückgetreten, dass weiß dieser Verbrecher auch ganz genau. Er weiß, dass er mich nicht dazu zwingen kann ... Deshalb hat Gotthart mich vom Dienst suspendiert.“ Robert J. Gotthart war der Chef des FBI Los Angeles. „Der Justizminister lässt mir sein Vertrauen aussprechen. Scheiß drauf“, knirschte Freed bitter.

      „Werden sie Ronny freilassen?“

      Doris sah ihn an, Tränen quollen aus ihren dunklen Augen, und die Furcht schüttelte erneut ihren Körper.

      Nein, dachte Arthur Freed, sie werden ihn jetzt nicht freilassen. Plancata musste etwas anderes Vorhaben, wenn er den Sohn eines G man entführen ließ. Er musste wissen, dass er einen FBI-Agenten nicht zwingen konnte, zurückzutreten oder Ermittlungen einzustellen. Es sei denn, er tötete diesen G-man. Freed fröstelte plötzlich.

      Doris klammerte sich an ihn. „Warum sagst du nichts?“, schrie sie plötzlich unbeherrscht. „Du verschweigst mir etwas! Ich spüre es! Sie werden Ronny nicht freilassen? Was werden sie mit ihm machen? Werden sie ihn ...“

      „Sie werden ihn nicht töten“, sagte er schwer. „Sie werden ihn freilassen, wenn sie erreicht haben, was sie wollen.“

      „Was wollen sie denn? Art! Was wollen sie, um Gottes willen?“

      „Ich weiß es nicht, Doris“, antwortete er ausweichend. Er schob seine Frau in die Küche. Auch hier war es dunkel, die Schatten füllten die Ecken. Er trat ans Fenster.

      Das Haus auf der anderen Straßenseite war hell erleuchtet. Hinter den Fenstern sah er einen jungen Mann und eine blonde Frau, die Kisten auspackten. Die neuen Mieter, dachte er abwesend, und vergaß sie sofort wieder. Immer wieder fragte er sich: warum?

      Doris’ Beine gaben nach, und sie sank auf einen Stuhl.

      „Du, Doris“, sagte er schwer, und ihm war bewusst, wie sehr er sie jetzt traf. „Es ist besser, wenn ich allein bleibe, bis ...“

      „Nein!“ Ihr Schrei war gellend und schrill.

      Freed grub seine Finger hart in ihre Schulter, bis der Schrei erstarb.

      „Es muss sein. Du musst Vertrauen haben. Geh zu deiner Schwester.“ Er beugte sich vor, als er das Scheinwerferpaar näherkommen sah. Eine geschlossene Limousine hielt vor dem Haus. Die Scheinwerfer erloschen, doch niemand stieg aus. „Draußen warten Harvey und Jerome. Sie werden dich zu deiner Schwester bringen.“

      „Nein!“

      „Doch. Komm, wir packen das Nötigste. Ich hole dich, sobald alles vorbei ist.“

      Doris klammerte sich an Freed fest. Er trug sie ins Obergeschoss und schob sie ins Bad. Während sie sich ein wenig zurechtmachte, rief er Doris’ Schwester an, die in Santa Barbara lebte, und sagte ihr, was es zu sagen gab. Dann packte er einen kleinen Koffer für Doris.

      Doris reagierte steif wie eine Puppe, als er sie nach unten führte. Er hielt sie fest und küsste sie hart, ehe er die Tür öffnete und sie hinausschob. Er vermochte den Panzer, den sie um sich herum aufgebaut hatte, nicht mehr zu durchbrechen. Doris wirkte wie eine Tote.

      Die G-men Harvey Neff und Jerome Haskins wussten Bescheid. Art und Doris waren seit Jahren mit ihnen und ihren Frauen befreundet.

      Freed sah dem davonrollenden Wagen nach, und er ballte in ohnmächtigem Zorn die Hände zu Fäusten. Er fragte sich, ob sein Leben und das seiner Frau und seines Kindes jemals wieder wie vorher sein würde.

      Die Stille im Haus kam ihm bedrückend vor. Ronny, dachte er, und hieb die Faust gegen die Wand. Warum vergreifen sie sich an einem Kind? Wenn sie auf ihn, Art Freed, geschossen hätten, hätte er es verstehen können. Doch was wollte dieser verfluchte Alfredo Plancata mit der Entführung erreichen? Für Freed stand fest, dass Don Alfredo hinter dem Kidnapping stand. In dieser verfluchten Stadt passierte keine Schweinerei, die der Don nicht angeordnet oder wenigstens zu verantworten hätte.

      Aber wenn er, Art Freed, nicht nach Washington ging, würde ein anderer den Job machen.

      Die Entführung schien keinen Sinn zu haben.

      Doch der G-man kannte die Mitglieder der Ehrenwerten Gesellschaft und ihr Verhalten zu gut. Er wusste genau,

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