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Field Office Los Angeles.

      4

      Das Echo des Schusses rollte noch über das ausgedörrte Land, als Roberto seinem Pferd die Hacken in die Flanken hieb und es gegen Eileen Hamiltons Fuchs trieb. Er drängte das Tier des Mädchens zur Seite.

      „Runter von den Pferden!“, schrie er heiser. „Runter! Runter!“

      Er ließ sich aus dem Sattel fallen. Seine Hand zuckte zur Pistole, doch er zog die Waffe nicht, weil er wusste, dass er doch kein Ziel für sie erkennen würde. Der Heckenschütze benutzte ein Gewehr, und er lag irgendwo in sicherer Deckung, außerhalb der Reichweite einer Handfeuerwaffe.

      Eileen kippte aus dem Sattel. Roberto fing sie auf. Er sah ihre weit aufgerissenen Augen. Sie zuckte erschreckt, als ein zweiter Schuss aufpeitschte. Die Kugel jaulte vorbei und prallte gegen einen Felsbrocken. Kleine, scharfe Steinsplitter spritzten gegen Robertos und Eileens Gesichter.

      Die anderen Mitglieder der Ausflugsgesellschaft reagierten unterschiedlich. Die Cowboys hatten alle Hände voll zu tun, um die verwirrten Pferde am Durchgehen zu hindern. Hank Burns, der Oldtimer, schwenkte sein Gewehr und stieß schrille Schreie aus. Die stampfenden Pferdehufe wirbelten den grauen Wüstenstaub in dichten Wolken auf.

      Roberto hob den Kopf. Er hoffte, dass der Schütze den Boden der Rinne nicht einsehen konnte, als er Eileen allein ließ. Er kroch ans Ende der Kolonne, wo sich einer der Führer über Charles Lavery beugte.

      Neben dem jungen Autoverkäufer warf Roberto sich auf den Boden. Der Cowboy sah Roberto stumm und betroffen an. Lavery bewegte sich nicht. Er lag auf dem Rücken. Blut sickerte aus einer Wunde an der Schläfe. Als Roberto vorsichtig das schwarze Haar zur Seite schob, erkannte er, dass die Wunde vom Sturz herrühren musste und nicht sehr gefährlich aussah.

      Wesentlich schlimmer sah dagegen das Loch unter dem linken Rippenbogen aus. Roberto zerfetzte das Hemd, riss einen Streifen heraus und presste ihn auf die Wunde. Das Gesicht des Führers schwebte nahe vor seinem.

      „Verbandszeug!“, zischte Roberto. „Ich brauche Verbandszeug!“

      „Äh, das hat Hank“, stieß der Mann hervor.

      „Dann holen Sie’s, zum Teufel!“

      „Ja, ja.“ Der Cowboy richtete sich auf. Blitzschnell zog er den Kopf wieder ein, als eine Kugel an seinem Ohr vorbeipfiff. Geduckt robbte er davon. Auch die anderen Reiter lagen jetzt am Boden, keiner rührte sich. Einige Pferde rannten davon.

      Roberto suchte den Puls des Verletzten, der rasend schnell ging. Die Atmung war flach. Lavery würde sterben, wenn er nicht sehr bald in ärztliche Behandlung kam. Die Hitze, der Schock und die innere Blutung ließen den Kreislauf jetzt schon nahezu zusammenbrechen.

      Aber der Heckenschütze schien sich davon überzeugen zu wollen, dass er sein Opfer auch richtig erwischt hatte. Er floh nicht, wie Roberto es eigentlich erwartet hätte. Der Mafia Jäger war sicher, dass er es mit einem stahlharten Profi zu tun hatte. Er fluchte verhalten, während er das kalkweiße, eingefallene Gesicht des Getroffenen betrachtete.

      Der Killer hatte den Falschen erwischt. Das stand fest.

      Aber hatte der Anschlag ihm, Roberto Tardelli persönlich, gegolten?

      Unsinn, dachte er. Niemand konnte wissen, dass es ausgerechnet Roberto Tardelli war, der auf die Green Valley Ranch gekommen war.

      Oder doch? Hatte der Halunke, der hinter diesem Mordanschlag steckte, gewusst, wer auf den Köder anbeißen würde? Es war denkbar. Die Jagd auf ihn lief auf Hochtouren. Das durfte er niemals vergessen.

      Jetzt verschob er alles Nachdenken auf später. Er musste sich auf etwas Anderes konzentrieren nämlich darauf, den Heckenschützen auszuschalten. Und zwar bald. Bevor Lavery verblutete.

      Es war Hank Burns, der mit dem Verbandskasten zurückkam und sich keuchend neben Roberto ausstreckte. Der Killer hatte eine Bewegung mitbekommen, und er feuerte eine ganze Salve über die Rinne hinweg. Die Gäste der Green Valley Ranch zogen wieder die Köpfe ein.

      „Wo haben Sie das Gewehr?“, herrschte Roberto den Oldtimer an.

      „Das habe ich vorn gelassen“, knurrte der Cowboy. „Bei Ringo. Einer muss versuchen, die Gruppe zu schützen. Was dagegen? Ich werde mich um diesen Burschen hier kümmern müssen, oder?“

      „Okay, okay“, sagte Roberto.

      Hank Burns machte sich entschlossen an die Arbeit, und als Roberto erkannte, dass der alte Reiter etwas von der Behandlung einer Schussverletzung zu verstehen schien, zog Roberto den breitrandigen Stetson ab, der ihm seltsamerweise nicht vom Kopf gefallen war.

      „Ich werde mir den Schweinehund greifen“, sagte er zu Hank.

      Der Oldtimer blickte Roberto scharf an. „Ich bin für diesen Kindergarten hier verantwortlich“, knurrte er. „Ich habe genug auszustehen, wenn der da ins Gras beißt ...“

      Roberto hielt dem Blick stand. „Hat er eine Chance?“

      „Klar hat er eine. Wenn sich ’n Doc um ihn kümmert, und wenn wir ’nen Helikopter herbestellen können.“

      „Yeah“, sagte Roberto. „Warum bestellen Sie dann keinen her?“

      Hank Burns verstand, was Roberto meinte, und der Mafia-Jäger schob seinen Kopf über den Rand der Rinne.

      5

      Special Agent Arthur Freed vom FBI Field Office Los Angeles lehnte sich in seinem Sessel zurück und bedachte seinen Besucher mit einem leicht amüsierten Blick.

      „Wir werden Sie hier vermissen, Art“, hatte Fred Feinberg von der Los Angeles Times gerade gesagt, um dann hinzuzufügen: „Ich betrachte das als typisch für eine große Behörde da wird ein fähiger Mann von dem Platz wegbefördert, an dem er die beste, effektivste Arbeit geleistet hat. In Washington wird man Ihnen einen schönen Büroraum und eine knackige blonde Schreibtante zur Verfügung stellen und Sie mit Berichten eindecken.“

      „Ganz so schlimm wird es nicht werden“, versuchte der G-man den Journalisten zu beschwichtigen, und doch ahnte er, dass Feinberg in etwa recht haben mochte. Er hatte Erfolge im Kampf gegen das organisierte Verbrechertum aufzuweisen. Er hatte dem PlancataMob einige empfindliche Niederlagen zugefügt.

      Er? Er dachte an einen schlanken schwarzhaarigen jungen Mann, der diesen Kampf mit dem Mut des Zornigen begonnen hatte. Rasch schüttelte er den Gedanken an den Sohn des Mafia Killers Ernesto Tardelli wieder ab. Für ihn stand Roberto Tardelli auf der anderen Seite des Zauns, auch wenn dieser Tardelli, das musste der FBI-Agent einräumen, ungleich mehr gegen die Mafia erreicht hatte, als das ganze FBI zusammen. Unwillkürlich schüttelte Arthur Freed den Kopf.

      Er war ein mittelgroßer schlanker Mann mit strengen Gesichtszügen und klaren hellen Augen. Washington war auf ihn aufmerksam geworden, und er sollte in die Bundeshauptstadt gehen, um von dort aus die Maßnahmen mehrerer Bundesbehörden, die gegen das organisierte Verbrechen kämpften, zu koordinieren. Das war eine große Aufgabe, und er würde sie anpacken.

      „Die Herren von der Ehrenwerten Gesellschaft werden sich melden“, prophezeite Feinberg. „Es gibt da Gerüchte ...“

      Art Freed kannte diese Gerüchte. Schließlich verfügte er über einige Verbindungen zur Unterwelt von Los Angeles, denn ganz von Ungefähr kamen seine Erfolge schließlich nicht zustande. Es hieß, die Mafia der Westküste rüste zu einem großen, vernichtenden Schlag gegen ihre Feinde. Vom Field Office Chicago hatte er erst vor drei Tagen ein Fernschreiben erhalten mit dem Hinweis, dass sich einer der übelsten Profikiller aus der Stadt verzogen habe – angeblich soll er nach Los Angeles gereist sein. Freed hätte gern ein Foto dieses Killers gehabt, einen Namen, irgendetwas. Aber es gab nichts.

      Das Telefon auf seinem Schreibtisch gab einen leisen Summton von sich. Freed lächelte entschuldigend und nahm den Hörer ab.

      „Ja?“, meldete er sich knapp.

      „Ein Gespräch, Mr. Freed“,

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