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wirklich so wichtig?«, fragte Van Doren.

      Wenn man nicht gleich erkennt, dass eine Bemerkung von Bruder Guillermo WICHTIG sein könnte, liegt das meistens nicht an ihm – sondern an einem selbst, wusste Rena.

      »Es ist wichtig, Captain«, beharrte Bruder Guillermo. »Sie können den K'aradan auf diese Weise deutlich machen, dass Sie ihre territoriale Herrschaft über diesen Raumsektor respektieren und sie nicht bevormunden wollen. Vielleicht gelingt es Ihnen dadurch, Ihre Vorstellungen bei der weiteren Vorgehensweise zu einem größeren Prozentsatz durchzusetzen.«

      Was für ein ausgefuchster Diplomat, ging es Rena durch den Kopf. Man sollte sich stets die Zeit nehmen, sich anzuhören, was dieser Olvanorer zu sagen hat.

      »Ein guter Vorschlag, Bruder Guillermo«, fand die Kommandantin der STERNENKRIEGER. Auch Van Doren nickte.

      Wenig später wurde der Kanal freigeschaltet und das Gesicht von Kommandant Sev Baldor erschien auf dem Hauptschirm der STERNENKRIEGER.

      Ein spöttisches Lächeln spielte um seine Züge, wobei Rena sich nicht sicher war, ob sie die Mimik eines K'aradan wirklich richtig zu interpretieren wusste. »Seien Sie gegrüßt, Captain Sunfrost. Gibt es irgendwelche Neuigkeiten?«

      Die Ortungssysteme der K'aradan waren zwar bei der Feinortung teilweise leistungsfähiger als jene der Menschen und was die Ortung im Sandström-Raum anging, hatten sie sogar ein Monopol. Aber was die Reichweite betraf, so waren die Ortungssysteme der STERNENKRIEGER denen der sie begleitenden K'aradan-Schiffe um etwa die Hälfte überlegen.

      Eine Lichtstunde weit vermochten die K'aradan ohne Zeitverzögerung Objekte von der Größe eines Raumschiffs zu erfassen. Das bedeutete, die Ansammlung von Dabsokaar-Schiffen war noch außerhalb ihres Erfassungsbereichs.

      Knapp setzte Sunfrost die K'aradan über die neue Lage in Kenntnis.

      »Fremde Raumschiffe auf unserem Territorium?«, ereiferte sich Sev Baldor.

      »Unseren bisherigen Erkenntnissen nach ist es keine Eroberungsflotte. Unser wissenschaftlicher Berater Bruder Guillermo glaubt sogar, dass sie nicht einmal über einen Überlichtantrieb verfügen«, stellte Rena die Neuigkeiten gleich wieder ins richtige Verhältnis. »Unsere Ortungsdaten gehen Ihnen mit dieser Transmission als Datenstrom zu, sodass Sie über alles informiert sind!«

      »Danke!«

      Es schien Sev Baldor ganz und gar nicht zu gefallen, auf die Hilfe der STERNENKRIEGER angewiesen zu sein.

      So hielt Rena den Augenblick für gekommen, ihn nach dem Namen des Trümmersystems zu fragen.

      »Diese vagabundierenden Brocken sind nie auf irgendeine Art und Weise beachtet worden«, erklärte Baldor. »Zumindest nicht in jenen Epochen, aus denen wir Aufzeichnungen besitzen, die detailliert genug wären, um das näher bestimmen zu können. Daher hat das System einen vollkommen neuen Namen bekommen. Es heißt Kar'shandre.«

      »Kar'shandre«, wiederholte Sunfrost. Sie hatte den Eindruck, das Sev Baldor zufrieden aussah. Danke für den Rat, Bruder Guillermo.

      Die Notwendigkeit, sich zunächst im Schleichflug Objekt 442 zu nähern, wurde von Sev Baldor nicht bestritten, obwohl dies die Reise verzögerte. Schließlich waren die STERNENKRIEGER und ihre K'aradan-Begleitschiffe dazu gezwungen, Objekt 442 in einem weiten Bogen anzufliegen.

      Da die Bremsmanöver auf ein Minimum reduziert wurden und möglichst nur durchgeführt werden sollten, wenn man sich im Ortungsschatten anderer Objekte des Kar'shandre-Systems befand, brauchte man einen entsprechend längeren Weg, um die Geschwindigkeit zu drosseln.

      »Sie haben die größere Erfahrung mit Anlagen dieser Art und ihren Bewohnern«, sagte Baldor, wobei sich Rena nicht ganz sicher war, ob in seinen Worten nicht auch ein leicht spöttischer Unterton mitschwang. »Also werden wir tun, was Sie vorschlagen. Schließlich ist Ihr Interesse, diesen mysteriösen Feind zurückzuschlagen, mindestens genauso groß wie unseres!«

      Die Verbindung wurde unterbrochen.

      Rena Sunfrost seufzte und blickte fragend in Richtung von Bruder Guillermo. Na, das war doch schon ganz passabel als Aushilfsdiplomatin, oder?

      Bruder Guillermo war jedoch gedanklich bereits wieder mit ganz anderen Dingen beschäftigt. Seine Finger glitten in geradezu rasendem Tempo über die Sensorfelder seines Touch Screens. Das Gesicht bekam nun einen fast fanatischen und etwas verkniffenen Zug.

      Schließlich hatte der Olvanorer wohl gefunden, was er offenbar in den Datenbanken der STERNENKRIEGER so intensiv gesucht hatte…

      »Kar'shandre – der Name bezieht sich auf Shandre, den altk'aradan'schen Gegenspieler des erhabenen Lichtgottes Tembor«, sagte Bruder Guillermo. »Dem Mythos nach wurde Shandre von einem zaubermächtigen Verbündeten verraten, was zur Folge hatte, dass er auf ewige Zeiten in seine Burg Kar'shandre verbannt wurde…«

      Na, wenn das kein schlechtes Omen ist, dachte Rena und berührte dabei das Projektil einer Steinschlosswaffe, die ein echsenartiger Bewohner des Planeten Dambanor II einst auf sie abgefeuert hatte und ihr jetzt als Talisman diente.

      *

      Man nannte ihn Geralgar, was in der Sprache der Rodanag der Schöne bedeutete. Geralgar war der oberste Krisenfall-Entscheider der Rodanag des Verheerten Landes, wie sie ihre Heimat seit jenen fernen Tagen nannten, da sie das Opfer einer furchtbaren Zerstörungsmacht geworden war.

      Geralgar war sich sehr wohl bewusst, dass er es auch deshalb zum Krisenfall-Entscheider gebracht hatte, weil er von den anderen Rodanag als schön empfunden wurde – wobei dieser Begriff bei den Angehörigen seines Volkes beinahe ein Synonym für groß war.

      Eine Laune der Natur bin ich – vielleicht auch ein Geschenk der Hohen Mächte. Wer weiß?, dachte Geralgar. Jedenfalls war der mit einer Reihe tentakelartiger Extremitäten unterschiedlicher Größe ausgestattete Kopffüßler etwa doppelt so groß, wie es dem Durchschnitt seiner Art entsprach.

      Schon als er die Membran seines Weicheis durchbrach, nachdem sein Bewusstsein kurz zuvor erwacht war, hatte er eine für Rodanag außergewöhnliche Größe gehabt und war von den Brutpflegern sehr bewundert worden. »Ein so schöner Nachwuchs!« hatten sie alle immer und immer wieder ausgerufen. »Und wie groß er ist!«

      In der gesamten Bewohnten Provinz des Verheerten Landes hatte sich die Nachricht vom Schlupf eines Riesenjungen wie ein Lauffeuer verbreitet.

      Sein Aufstieg an die Spitze seines Volkes war vorgezeichnet gewesen. Von Anfang hatte ihn eine Aura der Sympathie und der Bewunderung umgeben. Eine Aura, die für Geralgar selbst nicht erklärlich war.

      Geralgar hatte in den Schriften der Alten schließlich gelesen, dass seine Größe letztlich nichts weiter als eine Mutation war.

      Die Alten hatten mehr gewusst als die jüngeren Generationen der Rodanag – wenn auch nicht ganz so viel wie die Basir oder die Etnord…

      Ganz zu schweigen von den Erhabenen…

      Aber seit Erstere verschwunden und Letztere wahrscheinlich tot waren, nachdem sie diesen Teil des Universums in ihren sinnlosen Kämpfen vollkommen verheert hatten, sodass man selbst Jahrtausende später die Folgen noch sehen konnte, war der Großteil ihres Wissens verloren gegangen.

      Immer weniger Rodanag hatten sich mit der Bedienung von Maschinen zur Datenspeicherung ausgekannt.

      Elektromagnetische Entladungen auf Grund von irreparablen Systemfehlern in den technischen Anlagen unter der Oberfläche dieses planetengroßen Himmelskörpers waren die Folge.

      Außerdem war es immer wieder zu starken Strahlungsschauern mit fünfdimensionaler Komponente gekommen, was den technischen Fortschritt nicht gerade förderte – waren dadurch doch ganze Speicherbereiche unwiederbringlich verloren gegangen.

      Geralgar bewegte sich auf seinen teilweise recht unterschiedlich dicken Tentakeln ein Stück nach vorn. Vor ihm befand sich eine dreidimensionale Projektion, die das Verheerte Land und seine Außenbereiche darstellte. Die Position eines jeden Bruchstücks war exakt nachgebildet und bei Bedarf ließen

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