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stimmte. Ein Blick auf die Uhr verriet ihr, dass Dr. Weber, der Tierarzt, noch Sprechstunde hatte.

      „Clara, ich rufe schnell bei Dr. Weber an und frage, ob wir mit Benny kommen können.“

      „Mach das, Mama. Benny braucht bestimmt seine Hilfe.“

      Anna ging zurück ins Haus und telefonierte mit der Tierarztpraxis. Sie hatten Glück und konnten gleich mit Benny vorbeikommen.

      Anna ging in den Garten und nahm gleich die Transportkiste mit. „Clara, hol Benny. Wir setzen ihn in die Box und fahren zu Dr. Weber.“

      Schnell ging Clara zu Benny, nahm ihn auf den Arm und trug ihn zu ihrer Mutter. Problemlos ließ sich das Zwergkaninchen in die Box setzen.

      Wenig später kamen die drei bei Dr. Weber an. Nach kurzem Warten wurden sie ins Sprechzimmer gerufen.

      „Hallo Clara, guten Tag, Frau Schröter. Wie geht es denn unserem Benny?“ Vorsichtig hob Dr. Weber Benny aus der Kiste und setzte ihn auf den Untersuchungstisch.

      Clara beobachtete alles genau. „Benny mag gar keinen Löwenzahn. Den frisst er doch immer so gern.“ Mit großen Augen sah sie den Tierarzt an.

      Dr. Weber nickte. „Ich sehe mir das mal an.“

      Er begann damit, Benny gründlich zu untersuchen. Clara ließ ihn dabei nicht aus den Augen. Auch Anna machte sich Sorgen, denn der Gesichtsausdruck des Tierarztes wirkte besorgt.

      Nach einer Weile richtete Dr. Weber seine Aufmerksamkeit auf Clara und ihre Mutter. „Ich kann es noch nicht mit Bestimmtheit sagen, aber ich fürchte, Benny ist sehr krank. Ich würde gern Blut abnehmen und ein Röntgenbild machen.“

      Anna nickte. „Alles, was helfen kann, Dr. Weber.“

      „Gut, dann machen wir jetzt die Aufnahme. Gehen Sie doch so lange mit Clara ins Wartezimmer, bitte.“

      Clara sah Dr. Weber an. „Wird es Benny wehtun?“

      „Nein, Clara, von der Röntgenaufnahme merkt dein Benny nichts. Er ist bald wieder bei dir.“ Clara nickte und ging gemeinsam mit ihrer Mutter ins Wartezimmer.

      Kurze Zeit später bat Dr. Weber sie wieder zu sich. Sein Gesicht war ernst.

      „Es tut mir leid, aber die Aufnahme bestätigt meine Befürchtung. Benny hat ein Krebsgeschwür. So wie es aussieht, kann man kaum etwas dagegen machen. Ich würde gern noch die Blutuntersuchung abwarten, um Ihnen Näheres sagen zu können.“

      Anna legte den Arm um Claras Schultern. Das Mädchen hatte Tränen in den Augen. „Wird mein Benny sterben?“

      Der Tierarzt sah sie eindringlich an. „Dein Benny ist sehr krank. Wenn ich sein Blut untersucht habe, weiß ich, ob ich ihm helfen kann. Es ist möglich, dass es für ihn keine Medizin gibt.“

      Clara schluckte. Sie streichelte ihr Kaninchen und sah dann wieder zu Dr. Weber. „Benny soll nicht leiden. Ich möchte nicht, dass er Schmerzen hat.“

      Dr. Weber strich ihr über den Kopf. „Ich werde alles tun, damit dein Benny keine Schmerzen hat. Jetzt darfst du ihn mit nach Hause nehmen und morgen reden wir darüber, wie es weitergeht.“

      Clara nickte. Sie setzte Benny in seine Kiste und bedankte sich. Auch Anna verabschiedete sich von dem Tierarzt. Traurig kehrten sie nach Hause zurück.

      Den ganzen Nachmittag blieb Clara bei ihrem Kaninchen. Benny kuschelte sich an seine kleine Freundin. Es schien, als ob er wüsste, dass es vielleicht bald nicht mehr möglich war, das zu tun. Ab und zu schaffte Clara es, Benny ein bisschen Futter zu geben. Viel war es jedoch nicht.

      Am Abend saß Clara still am Tisch. Anna beobachtete ihre Tochter. „Es tut mir leid, dass Benny so krank ist.“

      Clara sah ihre Mutter an. „Ich habe Benny so lieb. Ich möchte nicht, dass er leiden muss.“

      Anna nickte. „Morgen reden wir mit Dr. Weber. Wenn er uns gesagt hat, was er dazu meint, entscheiden wir, was passieren soll.“ Clara nickte ebenfalls.

      In dieser Nacht konnte sie nicht gut schlafen. Früh am nächsten Morgen machten Anna und Clara sich mit Benny auf den Weg zum Tierarzt.

      Dr. Weber machte ein ernstes Gesicht. „Ich habe mir die Ergebnisse der Blutuntersuchung und das Röntgenbild noch einmal genau angesehen. Benny ist sehr krank. Der Krebs ist leider nicht heilbar. Ich kann ihn nicht stoppen.“

      Clara schluckte und blinzelte die Tränen weg. „Benny soll nicht leiden. Wenn er Schmerzen haben muss, dann möchte ich das nicht. Ich habe ihn doch so lieb.“

      Dr. Weber strich Clara über die Locken. „Du bist ein sehr tapferes Mädchen. Dass du nicht möchtest, dass Benny leidet, beweist, wie lieb du ihn hast. Wenn du einverstanden bist, werde ich ihn von seinen Qualen erlösen.“

      Clara nickte.

      „Möchtest du lieber rausgehen, wenn ich Benny die Spritze gebe?“

      Clara schüttelte den Kopf. „Benny möchte bestimmt, dass ich bei ihm bleibe.“

      Nachdem Anna ihr Einverständnis erklärt hatte, bereitete Dr. Weber alles vor. Kurz darauf erlöste er Benny von seinem Leiden. Clara streichelte ihren Freund bis zum Ende. Sie war traurig, aber sie wusste auch, dass es so richtig war.

      Nachdem alles vorbei war, wurde Benny zurück in seine Transportkiste gelegt. Clara wollte ihn zu Hause im Garten beerdigen. Dr. Weber lobte noch einmal ihre Tapferkeit, dann verabschiedete er sich.

      Anna und Clara fuhren mit Benny nach Hause. Dort holte Anna einen schönen Karton. In diesen betteten sie das Kaninchen. In Claras Lieblingsecke im Garten wurde eine Kuhle ausgehoben, wo sie den Karton hineinlegten. Vorsichtig bedeckte Clara ihn mit Erde. Als das Loch gefüllt war, holte sie Blumen und schmückte das Grab. Zusammen mit ihrem Vater baute sie ein Holzkreuz, auf das sie Bennys Namen und sein Geburts- und Sterbedatum schrieb.

      Oft saß sie anschließend neben Bennys Grab und erzählte ihrem Freund von ihren Tageserlebnissen.

      Antje Steffen wurde 1969 in Kiel geboren. Die Autorin lebt seit über fünfzehn Jahren im Süden von Schleswig-Holstein. Ihre Geschichten und Gedichte wurden bereits in vielen Anthologien veröffentlicht. Mehr über Antje Steffen erfahrt ihr unter www.kunterbuntergeschichtenbasar.jimdo.com.

      *

      Anton

      Anton war der Kater meiner Großeltern. Wir wohnten weit weg von Oma und Opa, aber mir machte es nichts aus, lange im Auto sitzen zu müssen, um sie zu besuchen.

      Als wir letztes Jahr an Weihnachten die lange, schneebedeckte Einfahrt zu Omas und Opas Haus hinauffuhren, merkte ich schon, dass etwas nicht stimmte. Ich weiß nicht, warum, aber ich spürte es. Oma öffnete uns die Haustür mit einem furchtbar traurigen Gesicht.

      „Meine Lieben, ich sage es euch besser gleich“, meinte sie. „Anton ist letzte Nacht gestorben.“

      In diesem Augenblick zerbrach meine ganze Welt, es fühlte sich an, als würde irgendetwas mein Herz umklammern und es ganz fest zusammendrücken. Ich bekam fast keine Luft mehr und dann begann ich zu weinen, so lange, bis Mama mich in die Arme nahm und ins Haus trug, als sei ich noch ein Kleinkind.

      Ich war sieben geworden in diesem Jahr, und seit ich denken konnte, war Anton Teil meines Lebens gewesen. Früher, als Opa noch etwas besser gesehen hatte, hatten auch sie uns oft besucht und Anton immer mitgebracht, er hatte die Fahrt über auf der Hutablage gelegen und geschlafen, aber kaum waren sie angekommen, war er aufgesprungen und mir sofort um die Beine geschnurrt.

      Als ich ein Baby war, das erzählt Mama oft, hatte er sich gerne zu mir in die Wiege gelegt und bei mir geschlafen oder einfach nur auf mich aufgepasst. Später spielten wir zusammen, wir tollten selbst bei Schnee auf der riesigen Wiese hinter dem Haus meiner Großeltern herum, und auch wenn er nicht sprechen konnte, verstanden wir

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