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in meinem ganzen Leben wollte ich mir ein Tier ins Haus holen. Zu schmerzhaft war es, dieses zu verlieren.

      Und heute? Heute habe ich einen kleinen, flauschigen weißen Hund und freue mich über jeden Tag, den wir miteinander verbringen können. Und ich weiß, dass er es gut bei mir hat. Und ich weiß, dass es irgendwann kommen wird, wie es kommen muss. Aber ich will deshalb nicht auf die schönste Zeit meines Lebens verzichten. Und ich glaub, er auch nicht!

      Und weißt du was? Manchmal habe ich das Gefühl, als wenn die Seele meines alten Katers in meinem Hund steckt. Sie sind sich vom Wesen her so verblüffend ähnlich, dass ich oft verwundert bin. Wenn ich traurig bin, kuschel ich mich an ihn und erzähle ihm, was ich auf dem Herzen habe. Wenn ich irgendwo sitze, kommt er sofort angeflitzt und setzt sich zu mir, schaut mich mit seinen kleinen Knopfaugen an und guckt verständnisvoll. Und wenn ich nach Hause komme, steht er schon erwartungsvoll an der Tür und freut sich, wenn ich reinkomme.

      Und noch was „Lustiges“: Mein Hund frisst kein Hundefutter, er frisst nur Fleisch, das wir extra für ihn kochen und mit Gemüse verfeinern. Und wenn man ihm doch mal was anderes hinstellt, kann man das „Bäääääh, igitt, DAS soll ich essen?“ förmlich hören. Nur kleine Mäuse bringt er mir nicht. Und darüber bin ich echt froh!

      Wenn ich heute an meinen Kater Moritz zurückdenke, möchte ich keinen einzigen Tag missen. Es war eine sehr schöne Zeit! Und ja, es war schwer, ihn zu verlieren, aber zu wissen, dass er es gut bei uns hatte und sein Leben genießen konnte, macht es leichter. Heute sind es einfach nur noch schöne Erinnerungen. Und ich sitze auf meinem Sofa, meinen kleinen, flauschigen Hund auf meinem Schoß, und erinnere mich gerne an die vielen kuscheligen Stunden mit meinem Kater zurück.

      Und wer weiß schon, ob nicht doch ein kleines Stück des Katers in meinem Hund zu finden ist? Ein schöner Gedanke.

      Yasmin Mai-Schoger wurde 1970 in Niedersachsen geboren und wohnt seit ihrem Studium mit ihrer Familie in Baden-Württemberg. Die Autorin schreibt Gedichte und Märchen für Kinder und Erwachsene; die Geschichten über die Harznoks stammen aus ihrer Feder – zurzeit schreibt sie an einem lustigen Theaterstück.

      *

      Freunde vergessen einander nie

      „Theo geht es sehr schlecht“, sagte die Tierärztin vorsichtig und sah dabei meiner Mama ins Gesicht. Dann fuhr sie fort und ich bemerkte, dass ihr Blick dabei über mein Gesicht huschte. „Ich denke, es gibt jetzt nur noch eines, was wir für ihn tun können.“

      Mir schossen Tränen in die Augen. Meine Mama hatte mir zu Hause gesagt, dass es sein könnte, dass Theo heute eingeschläfert werden müsste. Sie hatte mir erklärt, was das bedeutete, aber bis eben hatte ich es nicht verstanden. Jetzt verstand ich es. Ich fühlte die Tränen in dicken Rinnsalen über meine Wangen laufen und von meinem Kinn tropfen. Theo war doch mein Freund!

      Die Tierärztin wandte sich mir zu. „Wie heißt du?“, fragte sie mich.

      „Emily.“

      In diesem Ton, den Erwachsene benutzten, wenn sie mit Kindern redeten, sagte sie dann: „Weißt du, Emily, Theo ist sehr krank.“ Ich nickte. Das hatte ich schon gewusst und Mama hatte das auch gesagt. Nach einem kurzen, fragenden Blick zu meiner Mama fuhr die Tierärztin fort: „Theo hat Schmerzen. Du hast bestimmt zu Hause gesehen, dass es ihm nicht gut geht, oder?“

      „Er hat Krebs“, sagte ich und fühlte eine weitere Träne auf mein T-Shirt tropfen.

      Die Tierärztin nickte. Dann fuhr sie fort: „Wir haben eine ganze Weile versucht, ihm zu helfen und ihm sein Leben so schön wie möglich zu machen. Aber jetzt geht es nicht mehr. Weißt du, was das bedeutet?“

      Ich biss mir auf die Unterlippe. „Wir werden ihn einschläfern“, presste ich mit zitternder Stimme hervor. „Wir müssen das für ihn tun. Mama sagt, es wäre nicht fair, wenn wir zuließen, dass er weiter so schlimme Schmerzen hat, nur damit wir ihn noch eine Weile bei uns haben können.“ Jetzt liefen die Tränen so schnell aus meinen Augen, dass ich nichts mehr sehen konnte.

      Meine Mama streichelte mir über den Kopf und die Tierärztin reichte mir ein Papiertuch. Ich wischte mir die Wangen ab und putzte mir die Nase. Es half nicht viel.

      „Das ist das Beste, was wir jetzt noch für ihn tun können“, bestätigte die Tierärztin.

      Zwischen zwei Schluchzern sagte ich: „Ich möchte seine Pfote halten, wenn er einschläft.“

      Die Tierärztin nickte. „Das ist sehr tapfer von dir, Emily. Und es ist sehr schön für Theo, wenn du bei ihm bleibst. Er weiß dann, dass du da bist und ihn niemals im Stich lässt.“

      Meine Mama setzte Theo vorsichtig auf den Tisch und nahm ihn fest in den Arm, damit er nicht wieder runterspringen konnte. Die Tierärztin breitete ihre Sachen auf dem Tisch aus, dann legte sie ein blaues Band um Theos Bein und zog es fest. Sie rasierte ein bisschen Fell weg, und als danach der kalte Alkohol auf seine Haut tropfte, zuckte Theo zusammen. Meine Mama beruhigte ihn wieder. Anschließend pikste die Tierärztin so ein Plastikding in sein Bein und klebte es fest.

      „So“, sagte sie dann zu mir, „wenn du magst, kannst du dich jetzt hier neben mich stellen und seinen Kopf streicheln. Erzähl ihm irgendwas, damit er deine Stimme hört und weiß, dass du bei ihm bist. Ich gebe ihm jetzt eine Spritze, dann schläft er ganz schnell ein. Das merkt er gar nicht.“ Sie schaute zu meiner Mama hinüber, die noch immer Theo fest in den Armen hielt. Meine Mama nickte.

      Ich fühlte Tränen in meinen Augen brennen. Doch ich hatte mir fest vorgenommen, in diesem Moment nicht zu weinen, damit Theo nicht noch mehr Angst haben musste. „Theo! Theo, alles wird gut. Wir sind bei dir! Ich hab dich so lieb. Du bist der beste Hund der Welt!“ Solche Sachen wisperte ich ihm zu und streichelte seine weichen Ohren. Dabei merkte ich gar nicht, wie die Tierärztin ihm die Spritze gab. Ich sah nur, wie Theo plötzlich ganz schlaff wurde in Mamas Armen. Vorsichtig bettete sie seinen Kopf auf den Tisch.

      Fassungslos stand ich da. Theo! Mein Theo ... Mir wurde erst in diesem Moment wirklich klar, was einschläfern bedeutete. Dass er jetzt tot war. Fort. Für immer. Mühsam holte ich Luft, den Blick starr auf meinen Freund gerichtet, mit dem ich jetzt nie wieder über die Wiese rennen würde, der nie wieder im Sommer in den Teich springen würde, der nie wieder unter einem Baum stehen und ein Eichhörnchen anbellen würde.

      Ich sah, wie die Tierärztin ihr Stethoskop an Theos Herz hielt und ein paar Sekunden lauschte. Dann nahm sie es aus den Ohren und hängte es sich wieder um den Hals.

      „Ist er schon tot?“, flüsterte meine Mama und ihre Stimme zitterte. Die Tierärztin nickte. Ich sah, wie meine Mama ihr Gesicht in den Händen vergrub und weinte. Da weinte ich auch.

      Die Tierärztin reichte meiner Mama ein paar Papiertücher, dann gab sie mir auch welche. „Du warst so tapfer, Emily“, sagte sie.

      Ich schluchzte noch mehr. „Ich kann nicht glauben, dass er jetzt weg ist! Und dass ich nie wieder mit ihm spielen und kuscheln kann!“

      Die Ärztin löste das Plastikding von Theos Bein, dann sagte sie: „Theo ist jetzt im Hundehimmel. Da tut ihm nichts mehr weh und er kann mit all den anderen Hunden dort rennen und spielen.“

      Ich weinte noch mehr. „Aber ich bin so traurig!“

      Die Ärztin strich sanft über Theos Kopf. „Natürlich bist du das. Aber weißt du was? Das ist gut so.“ Überrascht schaute ich sie an. „Du weinst so sehr um ihn und du bist so traurig, weil du ihn sehr geliebt hast. Er hatte bei euch ein wunderschönes Leben. Und ich bin sicher, er war glücklich und hätte sich kein schöneres Zuhause wünschen können.“

      Ich schaute sie mit tränenschwimmenden Augen an und dachte über ihre Worte nach. Und dann sah ich Bilder vor mir, von früher, bevor Theo krank wurde. „Mama, weißt du noch, damals, als er in den Teich gesprungen ist und sich in den Seerosen verheddert hat? Papa musste reingehen und ihn befreien!“

      Die

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