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ihn zu Bo­den zu schla­gen. Ri­ve­ra ge­dach­te nicht, sich die­se Ge­le­gen­heit ent­ge­hen zu las­sen. Er um­kreis­te sei­nen Geg­ner, aber der Schieds­rich­ter kreis­te vor ihm, und Ri­ve­ra merk­te, dass die Se­kun­den, die er zähl­te, sehr lan­ge dau­er­ten. Alle Grin­gos wa­ren ge­gen ihn, so­gar der Schieds­rich­ter.

      Bei »neun« gab der Schieds­rich­ter Ri­ve­ra einen Stoß, dass er zu­rück­flog. Das war un­fair, aber da­durch wur­de es Dan­ny mög­lich, lä­chelnd wie­der auf­zu­ste­hen. Halb ge­krümmt und mit den Ar­men Ge­sicht und Un­ter­leib schüt­zend, wank­te er vor­wärts und ging ge­wandt in Clinch. Nach den Re­geln des Box­sports hät­te der Schieds­rich­ter sei­nen Griff lö­sen müs­sen, aber er tat es nicht, und Dan­ny klam­mer­te sich an wie eine Mu­schel im Wo­gen­prall der Bran­dung und kam all­mäh­lich wie­der zu Kräf­ten. Die letz­te Mi­nu­te der Run­de war an­ge­bro­chen. Wenn er bis zu ih­rem Ende durch­hielt, konn­te er sich eine gan­ze Mi­nu­te lang in sei­ner Ecke er­ho­len. Und er hielt durch und lä­chel­te trotz al­ler Verzweif­lung und Kläg­lich­keit.

      »Seht, Dan­ny lä­chelt!« schrie ei­ner, und das Pub­li­kum lach­te laut und er­leich­tert.

      »Eine ver­fluch­te Stoß­kraft hat der Lau­seben­gel«, sag­te Dan­ny äch­zend in sei­ner Ecke zu dem Trai­ner, wäh­rend sei­ne Ad­ju­tan­ten ihn wie toll be­ar­bei­te­ten. Die zwei­te und die drit­te Run­de wa­ren matt. Dan­ny, der ein kal­ter, ge­ris­se­ner Bo­xer war, stell­te sich und block­te, um sich von dem be­täu­ben­den Schlag, den er in der ers­ten Run­de be­kom­men hat­te, zu er­ho­len. In der vier­ten Run­de war er wie­der ganz der alte. Ob­wohl er zer­schla­gen und ver­wirrt war, setz­te sei­ne gute Form ihn in­stand, sei­ne Kraft wie­der­zu­ge­win­nen. Aber er ver­such­te es nicht wie­der mit sei­ner mör­de­ri­schen Tak­tik. Der Me­xi­ka­ner hat­te ihm ge­zeigt, dass sie bei ihm ver­sag­te. Statt des­sen tisch­te er jetzt sei­ne bes­ten Bo­xer­küns­te auf. In al­len Tricks so­wohl wie in Er­fah­rung und Aus­bil­dung war er ein Meis­ter; wenn er auch nichts Ent­schei­den­des aus­rich­ten konn­te, so schlug er doch wei­ter auf sei­nen Geg­ner los und zer­mürb­te ihn nach al­len Re­geln der Kunst. Er schlug drei­mal, wenn Ri­ve­ra ein­mal schlug, aber es wa­ren nicht ent­schei­den­de Schlä­ge. Die Sum­me vie­ler Schlä­ge soll­te den Aus­schlag ge­ben. Er be­wun­der­te die­sen mit bei­den Hän­den gleich gut bo­xen­den Neu­ling, des­sen Fäus­te mit er­staun­li­cher Wucht stie­ßen.

      In der Ver­tei­di­gung zeig­te Ri­ve­ra sich im Be­sitz ei­ner er­staun­li­chen Tech­nik der Lin­ken. Im­mer wie­der, in ei­nem An­griff nach dem an­de­ren, schoss sie vor und rich­te­te Dan­nys Mund und Nase übel zu. Aber Dan­ny pass­te sich an. Das war es, was ihn spä­ter zum Welt­meis­ter ma­chen soll­te. Er konn­te nach Be­lie­ben eine Kampf­art mit der an­de­ren ver­tau­schen. Jetzt rück­te er sei­nem Geg­ner nahe auf den Leib. Durch die­se Tech­nik, die ihm be­son­ders lag, wur­de es ihm mög­lich, der Lin­ken des an­de­ren zu ent­ge­hen. Jetzt brach­te er das Pub­li­kum mehr­mals dazu, vor Be­geis­te­rung zu to­ben, und den Vo­gel schoss er ab, in­dem er durch einen mäch­ti­gen Schlag den Me­xi­ka­ner in die Luft hob und auf die Mat­te fal­len ließ. Ri­ve­ra ruh­te auf dem einen Knie und nutz­te die Se­kun­den nach Mög­lich­keit aus, aber er war in­ner­lich über­zeugt, dass der Schieds­rich­ter die Se­kun­den für ihn sehr ab­kürz­te.

      In der sie­ben­ten Run­de glück­te es Dan­ny wie­der, den teuf­li­schen Schlag zu lan­den. Er brach­te Ri­ve­ra nur zum Wan­ken, aber im nächs­ten Au­gen­blick, als er hilf- und wehr­los da­stand, ließ er ihn durch einen neu­en Schlag zwi­schen den Sei­len hin­durch­flie­gen. Ri­ve­ra fiel mit­ten zwi­schen die Pres­se­leu­te, die ihn auf­ho­ben und au­ßer­halb der Sei­le in sei­ne Ecke be­för­der­ten. Hier ruh­te er auf dem einen Knie, wäh­rend der Schieds­rich­ter ei­lig die Se­kun­den zähl­te. In­ner­halb der Sei­le, un­ter de­nen er sich du­cken muss­te, um wie­der auf den Kampf­platz zu ge­lan­gen, war­te­te Dan­ny auf ihn. Der Schieds­rich­ter leg­te sich we­der da­zwi­schen, noch stieß er Dan­ny zu­rück.

      Die Zuschau­er wa­ren au­ßer sich vor Be­geis­te­rung. »Schlag ihn tot, Dan­ny, schlag ihn tot!« wur­de ge­brüllt.

      Dut­zen­de von Stim­men grif­fen den Schrei auf, und es klang wie das Kriegs­ge­heul ei­nes Wolfs­ru­dels.

      Dan­ny tat sein Bes­tes, als aber nicht »neun«, son­dern erst »acht« ge­zählt wur­de, schlüpf­te Ri­ve­ra un­er­war­tet durch die Sei­le hin­ein und ret­te­te sich durch Clin­chen. Jetzt war der Schieds­rich­ter gleich da, riss ihn los, so­dass er ge­trof­fen wer­den konn­te, und half Dan­ny so viel, wie ein un­fai­rer Schieds­rich­ter hel­fen kann.

      Aber Ri­ve­ra über­stand den An­griff, und der Schwin­del ver­zog sich aus sei­nem Hirn. Sie wa­ren alle gleich. Sie wa­ren die ver­hass­ten Grin­gos, und sie wa­ren alle un­ehr­lich. Aber selbst in den schlimms­ten Au­gen­bli­cken leuch­te­ten und fun­kel­ten die Vi­sio­nen in sei­nem Hirn – lan­ge Ei­sen­bahn­zü­ge, die durch die Wüs­te rat­ter­ten, Ge­fäng­nis­se und Ker­ker, Va­ga­bun­den an Was­ser­stel­len – das gan­ze qual­vol­le, schmut­zi­ge Pa­n­ora­ma, das er auf sei­nem Um­her­ir­ren nach den Ta­gen von Rio Blan­co und dem Streik ge­se­hen hat­te. Und in ei­ner herr­li­chen, strah­len­den Vi­si­on sah er die große Re­vo­lu­ti­on über das Land hin­brau­sen. Die Ge­weh­re wa­ren da, ge­ra­de vor ihm. Je­des ein­zel­ne der ver­hass­ten Ge­sich­ter war ein Ge­wehr. Für die Ge­weh­re kämpf­te er. Er und die Ge­weh­re wa­ren eins. Er und die Re­vo­lu­ti­on wa­ren eins. Er kämpf­te hier für ganz Me­xi­ko.

      Das Pub­li­kum be­gann är­ger­lich auf Ri­ve­ra zu wer­den. Wa­rum steck­te er die Prü­gel nicht ein, die ihm zu­ge­dacht wa­ren? Na­tür­lich wur­de er be­siegt, aber warum mach­te er da so vie­le Ge­schich­ten? Nur sehr we­ni­ge in­ter­es­sier­ten sich für ihn, und das war der be­stimm­te, be­grenz­te Pro­zent­satz von Spie­lern, die ein ho­hes Spiel spiel­ten. Ob­wohl sie an Dan­nys Sieg glaub­ten, hat­ten sie doch vier zu zehn oder eins zu drei auf den Me­xi­ka­ner ge­setzt. Ziem­lich er­heb­lich wa­ren die Wet­ten, wie vie­le Run­den Ri­ve­ra durch­hal­ten wür­de. Man­che hat­ten so­gar leicht­sin­ni­ger­wei­se dar­auf ge­setzt, dass er kei­ne sie­ben, ja kei­ne sechs Run­den durch­hal­ten wür­de. Die, wel­che da­ge­gen ge­hal­ten, also ge­won­nen und die Fra­ge be­züg­lich des ge­wag­ten Gel­des glück­lich ge­löst hat­ten, schlos­sen sich jetzt den an­de­ren an und ju­bel­ten dem Me­xi­ka­ner zu.

      Ri­ve­ra woll­te sich nicht schla­gen las­sen. In der ach­ten Run­de ver­such­te sein Geg­ner ver­ge­bens, den Up­per­cut zu wie­der­ho­len. Die neun­te Run­de ver­blüff­te wie­der das Pub­li­kum. Mit­ten in ei­nem Clinch mach­te sich Ri­ve­ra mit ei­ner schnel­len, ge­schmei­di­gen Be­we­gung frei, und in dem en­gen Zwi­schen­raum zwi­schen ih­ren Lei­bern fuhr sei­ne Rech­te von un­ten hoch. Dan­ny ging auf den Bo­den und nutz­te das Zäh­len aus. Die Zuschau­er wa­ren er­schro­cken. Er war auf sei­nem ei­ge­nen Ge­biet ge­schla­gen. Sein be­rühm­ter rech­ter Up­per­cut war ge­gen ihn selbst an­ge­wandt wor­den. Als er bei »neun« auf­stand, ver­such­te Ri­ve­ra nicht, ihn zu tref­fen. Der Schieds­rich­ter hät­te es ja doch ver­hin­dert, ob­wohl er im um­ge­kehr­ten Fal­le, wenn es Ri­ve­ra war, der auf­ste­hen soll­te, bei­sei­te trat.

      In der zehn­ten Run­de führ­te Ri­ve­ra den rech­ten Up­per­cut vom Gür­tel ge­gen das Kinn sei­nes Geg­ners aus. Dan­ny ge­riet vor Wut au­ßer sich. Das Lä­cheln ver­ließ zwar nicht einen Au­gen­blick sein Ge­sicht,

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