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Cer­val­los.«

      »Und doch lie­ben wir Spa­nier den Stier­kampf«, sag­te Luis Cer­val­los, und ich möch­te dar­auf schwö­ren, dass der Teu­fel ihm zu­flüs­ter­te, das zu tun, was ich Ih­nen jetzt er­zäh­len will.

      »Dann muss es ein an­er­zo­ge­ner Ge­schmack sein«, ant­wor­te­te John Har­ned. »Wir tö­ten Tau­sen­de von Stie­ren täg­lich in Chi­ca­go, aber nicht ein ein­zi­ger wür­de et­was be­zah­len, um zu­se­hen zu dür­fen.«

      »Das ist Schlach­te­rei«, sag­te ich. »Dies aber, oh, dies ist Kunst. Es ist pracht­voll. Es ist herr­lich. Es ist aus­er­le­sen.«

      »Nicht im­mer«, sag­te Luis Cer­val­los. »Ich habe un­ge­schick­te Ma­ta­do­re ge­se­hen und kann Ih­nen ver­si­chern, dass es nicht schön war.«

      Ihn schau­er­te, und in sei­ner Mie­ne mal­te sich Ekel ab, und in die­sem Au­gen­blick wuss­te ich, dass der Teu­fel ihm et­was zu­flüs­ter­te und dass er sei­ne Rol­le zu spie­len be­gann.

      »Vi­el­leicht hat Señor Har­ned recht«, fuhr Luis Cer­val­los fort. »Ge­gen­über dem Stier ist es viel­leicht kein ehr­li­ches Spiel. Wis­sen wir nicht alle, dass der Stier vier­und­zwan­zig Stun­den lang kein Was­ser be­kommt, aber un­mit­tel­bar vor dem Kampf so­viel Was­ser trin­ken darf, wie er will?«

      »Und dann kommt er schwer von Was­ser in die Are­na?« frag­te John Har­ned schnell, und ich sah, dass sei­ne Au­gen sehr grau, sehr scharf und sehr kalt wa­ren.

      »Das ist not­wen­dig für den Sport«, er­klär­te Luis Cer­val­los. »Wol­len Sie, dass der Stier so stark ist, dass er die To­rea­do­re tö­tet?«

      »Ich möch­te nur, dass er eine Chan­ce im Kamp­fe ha­ben soll«, sag­te John Har­ned und blick­te wie­der in die Are­na, um den zwei­ten Stier her­ein­kom­men zu se­hen.

      Es war kein gu­ter Stier. Er hat­te Furcht. Er lief in der Are­na her­um und such­te eine Stel­le, wo er hin­aus­schlüp­fen könn­te. Die Ka­pea­do­re tra­ten vor und schwan­gen ihre Män­tel, aber er woll­te sie nicht an­grei­fen.

      »Es ist ein dum­mer Stier«, sag­te Ma­ria Va­len­zue­la.

      »Ver­zei­hung«, sag­te John Har­ned. »Ich fin­de, es ist ein klu­ger Stier. Er weiß, dass er nicht mit Men­schen kämp­fen kann. Se­hen Sie! Er wit­tert schon den Tod in der Are­na.«

      Wirk­lich. Der Stier war an der Stel­le ste­hen­ge­blie­ben, wo der ers­te ge­tö­tet wur­de, und er roch an dem nas­sen Sand und schnauf­te, dann lief er wie­der in der Are­na her­um und be­trach­te­te mit er­ho­be­nem Kopf die Tau­sen­de von Men­schen, die ihn aus­pfif­fen, ihn mit Ap­fel­si­nen­scha­len be­war­fen und be­schimpf­ten. Aber der Blut­ge­ruch ließ ihn sei­nen Ent­schluss fas­sen, und er griff einen Ka­pea­dor ganz plötz­lich und un­er­war­tet an, dass der Mann ihm nur mit Mühe und Not ent­kam. Er ließ sei­nen Um­hang fal­len und such­te Schutz hin­ter der Bar­rie­re, ge­gen die der Stier kra­chend prall­te.

      Und John Har­ned sag­te lei­se wie zu sich sel­ber:

      »Ich gebe tau­send Dol­lar für das Qui­to­er Kran­ken­haus, wenn der Stier heu­te einen Mann tö­tet.«

      »Sie ha­ben Stie­re gern?« frag­te Ma­ria Va­len­zue­la lä­chelnd.

      »Je­den­falls lie­ber als sol­che Män­ner«, sag­te John Har­ned. »Ein To­rea­dor ist kein tap­fe­rer Mann. Er kann kein tap­fe­rer Mann sein. Se­hen Sie, der Stier lässt schon die Zun­ge her­aus­hän­gen. Er ist müde, und da­bei hat es noch gar nicht an­ge­fan­gen.«

      »Das macht das Was­ser«, sag­te Luis Cer­val­los.

      »Ja, das macht das Was­ser«, sag­te John Har­ned. »Wäre es nicht am si­chers­ten, den Stier zu fes­seln, ehe er an­greift?«

      Ma­ria Va­len­zue­la wur­de zor­nig über den Hohn in John Har­neds Wor­ten. Aber Luis Cer­val­los lä­chel­te, dass ich es sah, und in die­sem Au­gen­blick er­kann­te ich, wel­che Ko­mö­die er spiel­te. Er und ich soll­ten Ban­de­ril­los spie­len. Der große ame­ri­ka­ni­sche Stier saß ne­ben uns in der Loge. Wir soll­ten ihn mit Wurf­pfei­len spi­cken, bis er böse wur­de, denn dann wur­de viel­leicht nichts aus ei­ner Ehe zwi­schen ihm und Ma­ria Va­len­zue­la. Das war ein gu­ter Sport. In un­sern Adern rann Stier­kämp­fer­blut.

      Der Stier war jetzt zor­nig und auf­ge­regt. Die Ka­pea­do­re spiel­ten pracht­voll mit ihm. Er war sehr be­weg­lich, und zu­wei­len mach­te er so plötz­lich kehrt, dass sei­ne Hin­ter­bei­ne den Halt ver­lo­ren und er den Sand mit sei­nem Hin­ter­teil pflüg­te. Aber er griff im­mer nur die flat­tern­den Um­hän­ge an und tat kei­nem et­was.

      »Er hat kei­ne Chan­ce«, sag­te John Har­ned. »Er kämpft mit dem Win­de.«

      »Er glaubt, dass der Um­hang sein Feind sei«, er­klär­te Ma­ria Va­len­zue­la. »Se­hen Sie, wie ge­wandt die Ka­pea­do­re ihn an­füh­ren.«

      »Es ist sein Schick­sal, sich an­füh­ren zu las­sen«, sag­te John Har­ned. »Des­halb ist er im vor­aus dazu ver­ur­teilt, mit dem Win­de zu kämp­fen, das wis­sen die To­rea­do­re. Und das Pub­li­kum weiß es auch. Sie wis­sen es, ich weiß es, wir alle wis­sen von An­fang an, dass er mit dem Win­de kämp­fen muss. Nur er al­lein weiß es nicht. Weil er ein Tier ist. Er hat kei­ne Chan­ce.«

      »Es ist ganz ein­fach«, sag­te Luis Cer­val­los. »Der Stier schließt die Au­gen, wenn er an­greift. Des­halb –«

      »Tritt der Mann bei­sei­te, und der Stier stürzt an ihm vor­bei«, fiel John Har­ned ihm ins Wort.

      »Ja«, sag­te Luis Cer­val­los. »So ist es. Der Stier schließt die Au­gen, und das weiß der Mann.«

      »Aber Kühe schlie­ßen nicht die Au­gen«, sag­te John Har­ned. »Ich ken­ne in mei­ner Hei­mat eine Kuh, eine Jer­sey-Kuh, die Milch gibt; die wür­de mit der gan­zen Ge­sell­schaft doch fer­tig wer­den.«

      »Aber die To­rea­do­re kämp­fen nicht mit Kü­hen«, sag­te ich.

      »Sie ha­ben Angst da­vor«, sag­te John Har­ned.

      »Ja«, sag­te Luis Cre­val­los. »Sie ha­ben Angst da­vor, mit Kü­hen zu kämp­fen. Es wür­de kein Sport sein, wenn die To­rea­do­re ge­tö­tet wür­den.«

      »Es wür­de ge­ra­de Sport sein«, sag­te John Har­ned, »wenn hin und wie­der ein To­rea­dor ge­tö­tet wür­de. Wenn ich alt und, wer weiß, viel­leicht ein Krüp­pel bin und mir mein Brot ver­die­nen soll, aber nicht im­stan­de bin, schwe­re Ar­beit zu leis­ten, dann will ich Stier­kämp­fer wer­den. Das ist ein leich­ter, an­ge­neh­mer Be­ruf für äl­te­re Her­ren und pen­sio­nier­te Be­am­te.«

      »Aber se­hen Sie doch«, sag­te Ma­ria Va­len­zue­la, als der Stier einen tap­fe­ren An­griff mach­te, dem der Ka­pea­dor durch Schwin­gen des Um­hangs ent­ging. »Es ge­hört Ge­schick­lich­keit dazu, dem Stier zu ent­ge­hen.«

      »Ja, ge­wiss«, sag­te John Har­ned. »Aber glau­ben Sie mir, es ge­hört tau­send­mal mehr Ge­schick­lich­keit dazu, all den vie­len und schnel­len Stö­ßen zu ent­ge­hen, die ein Bo­xer mit of­fe­nen Au­gen und großer Er­fah­rung aus­teilt. Au­ßer­dem macht sich die­ser Stier nichts dar­aus zu kämp­fen: Se­hen Sie, er läuft weg!«

      Es war kein gu­ter Stier; er lief in der Are­na her­um und such­te nach ei­nem Aus­gang.

      »Und doch sind die­se Stie­re zu­wei­len

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