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nicht fein­ge­formt wie die un­sern, und sei­ne Kinn­ba­cken sa­hen sehr stark aus. Er war glat­tra­siert wie ein Pries­ter. Braucht ein Mann sich der Haa­re zu schä­men, die er im Ge­sicht hat? Hat Gott sie ihm nicht ge­ge­ben? Ja, ich glau­be an Gott. Ich bin kein Hei­de. Gott ist gut. Er mach­te mich zu ei­nem Ecua­do­ria­ner mit zehn­tau­send Skla­ven. Und wenn ich st­er­be, wer­de ich zu Gott ein­ge­hen.

      Um aber zu John Har­ned zu­rück­zu­keh­ren. Er war ein stil­ler Mann. Er sprach im­mer mit lei­ser Stim­me und be­weg­te nie die Hän­de beim Spre­chen. Man hät­te glau­ben sol­len, dass sein Herz aus Eis war. Aber es war doch ein biss­chen Wär­me in sei­nem Blut, denn er be­glei­te­te Ma­ria Va­len­zue­la nach Qui­to. Aber wenn er auch lei­se und ohne die Hän­de zu be­we­gen sprach, war er doch ein Tier, wie man se­hen wird – ein Tier, ein dum­mer, grau­sa­mer Wil­der aus der fer­nen Vor­zeit, der sich in Fel­le klei­de­te und mit Bä­ren und Wöl­fen zu­sam­men in Höh­len leb­te.

      Luis Cer­val­los ist mein Freund. Er be­sitzt drei Ka­kao­plan­ta­gen in Na­ranji­to und Cho­bo. Bei Mi­la­gro liegt sei­ne große Zucker­plan­ta­ge. Er hat große Be­sit­zun­gen bei Am­ba­to und La­ta­cun­ga und war an Pe­tro­le­um­quel­len im Küs­ten­ge­biet be­tei­ligt. Er hat­te auch viel Geld in Gum­mi­plan­ta­gen am Gua­yas ge­steckt. Er ist ein mo­der­ner Mensch wie die Yan­kees, ein rei­ner Ge­schäfts­mann. Er hat viel Geld, aber das ist in vie­len Un­ter­neh­mun­gen an­ge­legt, und er braucht im­mer mehr Geld, so­wohl für die neu­en Un­ter­neh­mun­gen wie für die al­ten. Er ist über­all ge­we­sen und hat al­les ge­se­hen. Als ganz jun­ger Mann war er auf der Mi­li­tär­aka­de­mie der Yan­kees, die West Point heißt. Da pas­sier­te ir­gend et­was. Er muss­te fort. Er lieb­te die Ame­ri­ka­ner nicht. Aber er lieb­te Ma­ria Va­len­zue­la, die aus sei­nem ei­ge­nen Lan­de war. Au­ßer­dem brauch­te er ihr Geld für sei­ne Un­ter­neh­mun­gen und für sei­ne Gold­mi­ne in Oste­cua­dor, wo die ge­mal­ten In­dia­ner le­ben. Er war ihr Freund. Es war mein Wunsch, dass er Ma­ria Va­len­zue­la hei­ra­ten soll­te. Zu­dem hat­te ich viel Geld in sei­ne Un­ter­neh­mun­gen, na­ment­lich in die Gold­mi­ne ge­steckt, die sehr reich war, aber noch mehr Geld er­for­der­te, ehe sie Ge­winn ge­ben konn­te. Wenn Luis Cer­val­los Ma­ria Va­len­zue­la hei­ra­te­te, hät­te ich sehr bald noch mehr Geld.

      Aber John Har­ned be­glei­te­te Ma­ria Va­len­zue­la nach Qui­to, und uns – Luis Cer­val­los und mir – wur­de es bald klar, dass sie sehr freund­li­che Ge­füh­le für John Har­ned heg­te. Es heißt, dass eine Frau im­mer ih­ren Wil­len durch­setzt, aber in die­sem Fall stimm­te das nicht, denn Ma­ria Va­len­zue­la be­kam ih­ren Wil­len nicht – je­den­falls nicht in Be­zug auf John Har­ned. Vi­el­leicht wäre al­les auch ge­gan­gen, wie es ging, selbst wenn Luis Cer­val­los und ich an dem Tage beim Stier­ge­fecht in Qui­to nicht in der Loge ge­ses­sen hät­ten. Aber das weiß ich: Wir sa­ßen an dem Tage in der Loge, und ich wer­de Ih­nen er­zäh­len, was ge­sch­ah.

      Wir sa­ßen zu vie­ren in der einen Loge von Luis Cer­val­los. Ich saß di­rekt ne­ben der Prä­si­den­ten­lo­ge. Auf der an­de­ren Sei­te be­fand sich die Loge Ge­ne­ral José Eli­ceo Sala­zars. Bei ihm be­fan­den sich Joa­quin En­dara und Ur­ci­si­no Ca­stil­lo, bei­de Ge­nerä­le, so­wie Oberst Ja­cin­to Fier­ro und Haupt­mann Bal­ta­zar de Eche­ver­ria. Nur die Stel­lung und der Ein­fluss ei­nes Luis Cer­val­los konn­te ih­nen die Loge ne­ben der des Prä­si­den­ten si­che­ren. Ich weiß be­stimmt, dass der Prä­si­dent den Wunsch aus­ge­drückt hat­te, Luis Cer­val­los zum Nach­barn zu be­kom­men.

      Das Or­che­s­ter hat­te ge­ra­de die Na­tio­nal­hym­ne von Ecua­dor ge­spielt. Der Prä­si­dent gab durch Kopf­ni­cken das Zei­chen zum An­fang. Die Hör­ner er­schall­ten, und der Stier kam her­ein­ge­stürzt – Sie ken­nen das, auf­ge­regt, wild ge­macht durch die Wurf­pfei­le, die wie Feu­er in sei­ner Schul­ter brann­ten, such­te er ra­send nach ei­nem Feind, um ihn zu ver­nich­ten. Plötz­lich er­schie­nen auf al­len Sei­ten die Ka­pea­do­re, fünf im gan­zen, mit ih­ren bun­ten, flat­tern­den Um­hän­gen. Beim An­blick ei­nes sol­chen Über­flus­ses von Fein­den blieb der Stier ste­hen; of­fen­bar wuss­te er nicht recht, wen er an­grei­fen soll­te. Da ging ei­ner der Ka­pea­do­re al­lein auf den Stier los. Der Stier war sehr er­bost. Mit sei­nen Vor­der­fü­ßen stampf­te er in den Sand der Are­na, dass eine Staub­wol­ke ihn um­gab. Dann ging er mit ge­senk­tem Haupt zum An­griff auf den Ka­pea­dor über.

      Der ers­te An­griff des ers­ten Stiers ist im­mer in­ter­essant. Nach ei­ni­ger Zeit wird man ganz na­tür­li­cher­wei­se ein we­nig müde, und die Auf­merk­sam­keit er­schlafft. Aber der ers­te An­griff des ers­ten Stiers! John Har­ned sah es zum ers­ten Male, und ob er woll­te oder nicht, es riss ihn mit – der An­blick des Man­nes, der nur mit ei­nem Stück Tuch be­waff­net war, und des Stiers, der mit weit aus­ein­an­der­ste­hen­den spit­zen Hör­nern ge­ra­de auf ihn zu ras­te.

      »Se­hen Sie!« rief Ma­ria Va­len­zue­la. »Ist das nicht pracht­voll?«

      John Har­ned nick­te, sah sie aber nicht an. Sei­ne Au­gen fun­kel­ten und wa­ren nur auf die Are­na ge­rich­tet. Der Ka­pea­dor trat bei­sei­te und wich dem Stier mit ei­ner ra­schen Be­we­gung des Um­hangs aus und warf ihn ihm über die Schul­ter.

      »Was sa­gen Sie dazu?« frag­te Ma­ria Va­len­zue­la. »Nen­nen Sie das nicht Sport – sa­gen Sie!«

      »Wahr­haf­tig«, sag­te John Har­ned. »Das war gut ge­macht.«

      Sie klatsch­te vor Ver­gnü­gen in die Hän­de. Es wa­ren klei­ne Hän­de. Das gan­ze Pub­li­kum klatsch­te. Der Stier mach­te kehrt und kam wie­der zu­rück. Wie­der wich der Ka­pea­dor aus und warf ihm den Um­hang über die Schul­ter, und wie­der klatsch­ten die Zuschau­er. Drei­mal wie­der­hol­te sich das. Der Ka­pea­dor war aus­ge­zeich­net. Dann trat er zu­rück, und ein an­de­rer Ka­pea­dor spiel­te mit dem Stier. Hier­auf hef­te­ten sie die Ban­de­ril­las an den Stier, an die Schul­tern, zu bei­den Sei­ten des Rück­grats, je zwei auf ein­mal. Dann trat Or­do­nez, der ers­te Ma­ta­dor, mit der lan­gen Klin­ge und dem schar­lach­ro­ten Um­hang vor. Die Hör­ner ga­ben das Si­gnal für den Tod. Er war nicht so ge­schickt wie Ma­tes­ti­ni. Aber er war doch ganz tüch­tig und trieb die Klin­ge mit ei­nem ein­zi­gen Stoß in das Herz des Tie­res. Der Stier knick­te in die Knie ein, leg­te sich nie­der und starb. Es war ein schö­ner Stoß, ge­nau und si­cher; der Bei­fall war denn auch stark, und vie­le von den Zuschau­ern war­fen ihre Hüte in die Are­na. Ma­ria Va­len­zue­la klatsch­te Bei­fall wie die an­de­ren, aber John Har­ned, auf des­sen kal­tes Herz die Be­ge­ben­heit kei­nen Ein­druck mach­te, sah sie neu­gie­rig an.

      »Sie mö­gen das?« frag­te er.

      »Im­mer«, sag­te sie und klatsch­te wei­ter in die Hän­de.

      »Schon als sie ein klei­nes Mäd­chen war«, sag­te Luis Cer­val­los. »Ich er­in­ne­re mich ih­res ers­ten Stier­kamp­fes. Sie war da­mals vier Jah­re alt und klatsch­te in die Hän­de, ge­nau wie jetzt. Sie ist eine ech­te Spa­nie­rin.«

      »Jetzt ha­ben Sie es ge­se­hen«, sag­te Ma­ria Va­len­zue­la zu John Har­ned, als Maul­tie­re vor den to­ten Stier ge­spannt wur­den, um ihn hin­aus­zu­schlep­pen.

      »Sie ha­ben einen Stier­kampf ge­se­hen, und er ge­fällt Ih­nen, nicht wahr? Was mei­nen Sie?«

      »Ich mei­ne, dass der Stier kei­ne Chan­ce hat­te«, sag­te er. »Der Stier war von An­fang an zum Tode ver­ur­teilt. Der Aus­gang war un­zwei­fel­haft. Noch ehe der Stier in die

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