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wiederzusehen, fiel mein Blick auf Bills Pistole, und ich fragte mich unwillkürlich, ob er sie mir leihen würde, nachdem er mich ins Gefängnis gesteckt hatte, damit ich mich von meinem Leid erlösen könnte. Er bemerkte, dass ich seine Waffe betrachtete.

      Auf einmal sah ich mich vor die Wahl gestellt, meinen Mann zu stehen und ihm die Wahrheit zu sagen oder zu kneifen. Ich entschied mich für Letzteres.

      »Das war eine dumme Idee«, räumte ich ein und wandte mich hastig ab, um Bill zu verlassen. »Bis später.«

      »Hey, warte doch mal. Dieser ganze Mist macht schließlich uns allen Angst, aber jetzt bin ich ernsthaft um dich besorgt. Rück doch einfach raus mit der Sprache, vielleicht kann ich dir ja helfen.«

      Weil er wahrscheinlich meine Verletzbarkeit spürte, setzte Bill nun eine sanftere Miene auf und legte mir eine Hand auf die Schulter.

      »Wir brauchen Waffen«, sagte ich jetzt ganz offen zu ihm.

      Als ich versuchte, aus seinem Gesichtsausdruck schlau zu werden, konnte ich nicht den Hauch einer emotionalen Regung bei ihm erkennen.

      »Ich verstehe. Du denkst wohl, ich kann euch welche besorgen.«

      »Das habe ich gehofft, ja.«

      »Tja, ich fürchte, das ist nicht drin. Auf diesem Stützpunkt gibt es nämlich keine Waffen, die sich in jemandes persönlichem Besitz befinden – zumindest nicht, dass ich wüsste – und man kann sich deshalb gehörigen Ärger einhandeln, wenn herauskommt, dass man welche hat.«

      »Das weiß ich ja, aber ich würde doch nie preisgeben, von wem ich die Waffe … oder die Waffen habe.«

      Ich starrte Bill weiter an und suchte beklommen nach einem Anzeichen dafür, dass mein Spiel aus war. Es vergingen nur wenige Sekunden, doch länger ertrug ich sein Schweigen einfach nicht. »Du wirst mich doch jetzt nicht verpfeifen, oder?«

      Plötzlich frischte der Wind auf, und Regenwolken, die von Osten heraufzogen, verdunkelten den Himmel. Die Luft wurde merklich kühler, als die Sonne hinter der gewaltigen Formation verschwand. Bill kaute angespannt auf seinem Zahnstocher herum, während er über meine Frage nachdachte. Dann schaute er mich aufmunternd an.

      »Nein. Dein Geheimnis ist bei mir gut aufgehoben.« Er klopfte mir wieder auf den Rücken.

      »Also gibt es wirklich nichts, was du für uns tun kannst? Du hortest nicht zufällig irgendwo Waffen, von denen wir ein paar haben könnten, ohne dass es jemandem sofort auffallen würde?«

      »Eigentlich nicht. Um genau zu sein, nehmen wir vor jeder Schicht Bestand von unseren Dienstpistolen und der dazugehörenden Munition auf. Die Liste muss jedes Mal unterschrieben und von einem Kollegen gegengezeichnet werden. Um so etwas durchzuziehen, müsste also die halbe Belegschaft der Polizei hinter mir stehen. Und der Rest unserer Ausrüstung liegt unter Verschluss in der Waffenkammer. Dort kann ich auf keinen Fall etwas entwenden, ohne damit sofort alle möglichen Leute auf den Plan zu rufen.«

      »Kannst du mir denn dann vielleicht wenigstens Leute nennen, die eigene Waffen auf der Insel haben und bereit wären, diese zu verkaufen?«

      »Ich kenne zwar Männer, die welche haben, aber ob sie diese verkaufen würden, das weiß ich nicht, vor allem in dieser Situation.«

      »Also?«, drängte ich.

      »Ich kann dir die Namen nicht verraten. Ich habe geschworen, nie etwas zu sagen, und würde in die Mangel genommen werden, wenn alles rauskommt, weil ich davon gewusst, aber nie etwas erzählt habe.«

      Ich seufzte. Ich wusste nicht, was ich jetzt noch sagen sollte. »Du warst unsere einzige Hoffnung. Jetzt bleibt uns wohl nichts anderes mehr übrig, als zu improvisieren.«

      »Ihr habt echt gar nichts zur Verteidigung?«

      »Nein.«

      »Teufel auch«, brummte Bill bestürzt bei dieser Vorstellung. Es war das erste Mal während unseres Gesprächs, dass er ein negatives Gefühl äußerte.

      »Vielleicht werdet ihr ja auf Ebeye fündig, doch falls ihr die falsche Person darauf ansprecht, könntet ihr schnell im Knast landen. Und was das bedeutet, weißt du.«

      Und wie ich das wusste. Auf den Marshallinseln lag die Verantwortung, sich um eingesperrte Straftäter zu kümmern, bei deren Angehörigen. Hatte man keine vor Ort, musste man deshalb das Wachpersonal oder Mithäftlinge dazu bringen, einem Lebensmittel auszuhändigen. Im Austausch musste man dann wie in vielen Gefängnissen auf der ganzen Welt sexuelle Dienste leisten. Der Knast an sich war schon schlimm genug, doch zu ihrer weiteren Demütigung mussten sich Inhaftierte vor Strafantritt nackt ausziehen, damit ihnen auch die letzten Mittel zu ihrem persönlichen Schutz vorenthalten blieben.

      Mehrere Jahre zuvor hatte es eine Gruppe von Greenpeace-Aktivisten geschafft, Sicherheitssysteme auszuschalten, und so einen Raketentest in der Region zu verzögern. Sie waren mit Zodiac-Booten gelandet und einfach frech bis zum Silo gelaufen, um hineinzuschauen. Man hatte ihren Wagemut und umso mehr die Leichtigkeit, mit der sie das geschafft hatten, bewundert.

      Die Leitung der Basis war natürlich nicht allzu erbaut davon gewesen, also hatte sie die Ahndung des Vergehens der Polizei vor Ort überlassen, von der man wusste, dass diese wesentlich härtere Bandagen anlegten und potenziellen Nacheiferern ein abschreckendes Beispiel liefern würden. Monate später berichteten die Aktivisten in Blogs von ihren Erlebnissen im Gefängnis auf Ebeye und von ihrer Verlegung in die Anstalt von Majuro, der Hauptstadt der Inselgruppe, wo es sogar noch schlimmer zugegangen sein sollte. Einer von ihnen schrieb, dass er wochenlang nackt in seiner Zelle gehaust habe, kaum etwas zu essen bekommen hatte und umgeben von Gewalttätern aufrecht an einer Wand sitzend hatte schlafen müssen – Letzteres zum Schutz seiner Analjungfräulichkeit.

      »Ich versuche mein Glück vielleicht lieber da draußen«, sagte ich daraufhin und zeigte auf das Meer. Ungeachtet dieser Behauptung wusste ich aber schon jetzt ganz genau, dass ich nach meiner Unterhaltung mit Bill möglichst bald nach Ebeye aufbrechen würde. Denn dort wohnte ein Freund von mir, der hier geboren war und auf den ich bestimmt würde zählen können. Niemand wusste, wann der Colonel die Schotten dort ebenfalls dichtmachte, aber lange würde es meiner Meinung nach bestimmt nicht mehr dauern.

      »Ich könnte mich ja mal umhören, vielleicht schnapp ich ja etwas auf«, schlug Bill vor. »Man begegnet ja manchmal Leuten, die so manches wissen, vor allem unter den Alteingesessenen.«

      »Ich weiß nicht. Je weniger Personen meinen Plan kennen, desto besser. Du bist der Erste, dem ich davon erzählt habe. Außerdem läuft uns die Zeit davon.«

      Auf dem Rückweg zum Polizeirevier schwiegen wir. Bevor ich losfuhr, verabschiedete sich Bill mit den Worten von mir: »Mach dir keine Sorgen. Man weiß nie, was letzten Endes geschieht. Ich spitze auf jeden Fall meine Ohren. Melde dich noch einmal bei mir, ehe ihr aufbrecht, vielleicht finde ich ja etwas für euch.«

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