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      Portner schüttelte den Kopf.

      »Kalten Braten hätt' ich, ein Gansviertel wär' auch noch vorhanden, guter Schinken – nichts gefällig?«

      »Nichts!«

      Der Wirt verzog keine Miene und blieb regungslos am Tische stehen. »Was ich gehört habe, Herr Portner,« begann er nach einer Weile und sah lauernd auf den Landsassen, »nichts für ungut, wenn's nicht wahr sein sollt', Herr Portner, die Leut' reden gar viel, aber ich weiß jetzt nimmer, wer mir's erzählt hat, daß Euch Theuern feilsteht?«

      »Könnte wohl sein,« sagte Portner und wandte den Blick nicht vom Fenster.

      »Ei was, ei da soll doch, also ist's wirklich wahr? Erlaubt schon, da will also der Herr aus dem Lande ziehen?«

      »Das geht Euch nichts an!« sagte Portner.

      »I, das darf mir der Herr nicht übelnehmen, es ist ja nicht böse gemeint. Und – na – um wieviel wär' denn hernach das Theuern feil?«

      »Wollt Ihr's kaufen?« fragte Portner, wandte sich und streifte mit einem Blicke das feiste Gesicht.

      »I, wo denkt Ihr hin, Herr! Ich und so 'n Landsassengut kaufen? Aber ich wüßt' vielleicht jemand; wär' auch nicht das erste Gut, das ich thät verkaufen helfen.«

      »Ja, es ist uns feil,« sagte Portner und starrte wieder durch die kleinen Scheiben.

      »Das geht jetzt auch den ganzen Tag straßauf, straßab, daß ein Bürgersmann sich an den Häusern hindrücken muß,« sagte der Wirt und wies mit dem kurzen, dicken Zeigefinger auf eine Reihe von Offizieren, die nebeneinander in der ganzen Straßenbreite daherkamen. »Ei, du lieber Gott, wo das hinaus will! Gestern abend sind wieder zwei Compagnien eingezogen, für die nächste Woche ist gar ein ganzes Regiment angesagt. Alles dick voll in den Bürgerhäusern – bald mehr Soldaten als Inwohner. – Mit Verlaub!« murmelte er und setzte sich auf den Stuhl. – Portner schwieg.

      »Na, mir kann's ja recht sein, ich bin akkemmediert. Hab' alle Tag' meine Stube voll und krieg' auch meine Bezahlung. Da fehlt nichts. Und von Einquartierung ist unsereiner ohnedem verschont. Aber« – seine Stimme sank zum Flüstern – »was die Halsstarrigen sind, die sich nicht akkemmedieren wollen, gute Nacht, denen geht 's Wasser an den Hals! Zehn, fünfzehn, zwanzig Soldaten im Haus; jeder Soldat kriegt täglich seine zwei Pfund Brot, zwei Maß Bier und ein Pfund Fleisch – ja, Herr, da kann einem Hausvater schon der Schnaufer ausgehen in der bösen Zeit.« Er lachte und rieb die Hände. »Aber warum denn auch so halsstarrig? Warum denn? Muß ja nicht sein, beileib nicht!«

      »Haben sich noch viele nicht accommodiert zu Amberg?« fragte Portner.

      »O ja, vielleicht vier-, fünfhundert nicht.«

      Portner schwieg.

      »Und mit Verlaub,« sagte der Wirt nach einer Weile und faltete die Hände auf der weißen Tischplatte, »was soll dann Theuern kosten?«

      »Zwanzigtausend.«

      »Zwanzigtausend!« murmelte der Wirt und blickte tiefsinnig vor sich hin. »Zwanzigtausend!« wiederholte er nach einer Weile. »Ist nicht zu viel,« sagte er endlich.

      »Das mein' ich auch,« bekräftigte Portner und wandte sich vom Fenster ab.

      »Ist nicht zu viel – an und für sich, Herr Portner, an und für sich! – Ist nicht zu viel« – er schlug mit der flachen Hand auf den Tisch und sah schief hinüber auf den andern – »aber kriegen thut Ihr's nicht, Herr.«

      »Und warum nicht?«

      Der Wirt zuckte die Achseln. Dann fuhr er mit dem klotzigen Zeigefinger prüfend über eine fettige Stelle auf dem weißen Holze der Ahornplatte, griff in die Tasche, zog sein Messer heraus und begann, bedächtig das Fett abzuschaben.

      »Ihr kriegt's nicht, Herr! Und warum nicht? Nu, wenn auf den Rindermarkt zwei-, dreihundert Stück Hornvieh getrieben werden und sind nur ihrer zwanzig Kauflustige vorhanden – nu, Herr, was bedeutet das für den Gescherten – nu?«

      Portner schwieg, und bedächtig steckte der Wirt sein Messer in die Tasche. Dann begann er an den Fingern abzuzählen:

      »Da ist dem alten Mendel von Steinfels Lintach feil und dem Kaspar Haller Ammerthal; die Loefen möchten Heimhof verkaufen und der Konrad Teufel Schwarzenfeld; der Sparnecker emegriert von Trausnitz im Thal und der Fuchs von Winklarn. Und wenn einer unter diesen Gütern noch nicht genug Auswahl hat, so sag' ich ihm: da ist Kaibitz und Ebnat, Stefling und Reuslas, Wolframshof und Grafenried, Pertolzhofen, Gleiritsch, Thann, Arnstein, Neusath, Pulnreuth –« Er hielt inne und schöpfte Atem. Dann wischte er sich mit dem gepolsterten Zeigefinger einmal rechts und einmal links über die Nase und schloß wohlwollend: »Hundert Adelsdörfer, wenn's nicht mehr sind, Herr Portner!«

      »Ihr wißt gut Bescheid,« sagte Portner mühsam.

      »O ja, so ein Wirtshaus ist wie ein Bienenstock, und was der eine nicht weiß, das bringt der andre daher. – Na, und was wär's dann, wenn ich sagen thäte: Herr Portner, da ist Theuern, und da sind – das heißt, versteht mich recht, ich kann's nicht sagen, aber ich wüßt' einen, der's wohl sagen könnt' – also, da ist Theuern, und da sind neuntausend Gulden in gutem Geld –?«

      »Das Tagwerk um einen Gulden, zwei Schlösser und den Hammer obendrein!« rief Portner grimmig, wandte dem Wirte den Rücken und starrte auf die Straße hinaus.

      »Ich hab' ja nichts davon, Herr Portner,« meinte der Wirt, machte ein bedauerndes und gekränktes Gesicht, stand auf und wischte mit der gekrümmten Hand einige Brosamen von der Platte. »Ich hab' Euch nur wollen einen Gefallen thun, Herr Portner – im Andenken an den seligen Herrn Vater. War ein lieber Herr, der selige Herr Portner von Theuern!« Er machte sehr betrübte Aeuglein, hob seufzend die Arme in den Achseln, faltete die Hände über dem Bauche und ließ die fetten, grauen Backen hängen.

      Als ihn aber der Junker nicht weiter beachtete, wandte er sich und schlurfte hinaus. –

      Hansjörg Portner saß in dumpfem Brüten.

      Nach einer Weile kam ein kleiner, verwachsener Mann in die Stube und setzte sich in die Nische an seinen Tisch.

      »Wenn's erlaubt ist,« sagte er und riß an der Glocke, faltete die Hände und zog den Kopf lauernd zwischen die hohen Schultern.

      Portner nickte und sah durch das Fenster auf die Straße, der Wirt brachte einen vollen Krug und ging wieder hinaus.

      »Kalt heute,« begann der Kleine.

      Portner schwieg.

      »Das ist eine böse Zeit, vornehmlich für oberpfälzische Edelleute,« sagte der Kleine nach einer Pause, blies den Schaum vom Biere auf die Diele und that einen langen Zug.

      Portner schwieg.

      »Ihr seid ja auch einer,« flüsterte der Verwachsene; »auf zehn Schritte sieht man's Euch an, das heißt, wenn einer den Blick dafür hat, was edelgeboren ist.«

      Portner wandte das Haupt, maß den Kleinen einen Augenblick, wandte sich ab und blickte wieder durchs Fenster.

      »Und jetzt, hört man ja, soll's an die Landsassen gehen?« fuhr der andre fort und rückte näher. »Da kann einer auch sein Teil denken. Oder nicht? Wißt Ihr, wie mir das vorkommt, Herr? Wie wenn sich einer im Wahnsinn die Schlagader anhaut!«

      »Herr Portner!« rief der Wirt und guckte zur Thüre herein.

      »Was giebt's?«

      »Da wär' einer, der Euch sprechen wollt'!«

      Hansjörg erhob sich und ging sporenklirrend aus der Stube.

      Draußen zog ihn der Wirt in den Hof und raunte ihm zu:

      »Herr, dem traut nicht, dem Buckligen! Mir kann's ja gleich sein, er zahlt sein Bier wie jeder andre, aber – nu, Herr, Ihr werdet mich schon verstehen. Es thät' mir leid um Euch.«

      »Danke!« sagte Portner und ging zurück.

      »Denn

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