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mir friedlich im Herzen geworden hernach. Und jetzo, wie ich das schreib, trägt ein reitender Bote den Brief schon gen Neuburg.

       * * *

      Ich Lorenz Bscherer, gewester Schuelmeister zu Wildau, schreib jetzo da weiter, wo der Herr Richter, Gott hab ihn selig, aufgehört hat. Hätt meiner Lebtag nit gedacht, daß ich in dem gestrengen Herrn sein Bibelbuch eine Chronika schreiben sollt. Das ist aber also kommen:

      Wie ich dazumalen in die Wälder entwichen bin, haben mir gutthätige Holzhauer einen Unterschlupf gewähret. Dieweilen sie aber selbsten nit viel gehabt haben, ist es mir gar schlecht ergangen. Da hat es sich eines Tages begeben, daß mich der Hunger aus dem Wald nacher Waidhaus getrieben hat.

      Ist um die Mittagszeit gewest, wie ich in das Dorf kommen bin. Da hab ich gesehen, daß allerhand zerlumptes Kriegsvolk im Dorf liegt, waren Gartbrüder, so an die fünfzig Mann. Die haben gar wilde Reden geführet, haben Schwerter geschärft, Kugeln gegossen, und weil sie mich nit gekennt haben, thaten sie ohne Scheu von ihrem Vorhaben reden, wie daß sie auf Hohendreß wollten ziehen. Und wie ich weiter hinhorch, da kommt ums Eck ein böser Bekannter von mir, der Wildauer. Da hab ich mich auf die Seiten gemacht und bin, so schnell ich gekonnt hab, zwei Stunden gen Hohendreß geloffen.

      Dorten hab ich mich hinten zum Schloß hineingeschlichen, bin zum Richter in seine Amtsstuben getreten und hab ihm meine Aussag gemacht. Hab's ihm gesagt, daß ein großer Haufen drüben in Waidhaus läg und auf den Abend das Städtlein überrumpeln wollt.

      Der Herr Richter hat ein gar ernsthaft Gesicht gemacht, hat mir in kurzem gedankt und gesagt, daß vor dreien Tagen alle Soldaten, so im Städtl gelegen waren, zu einer besondern Verrichtung weggezogen wären. Hernach hat er mir einen Imbiß heißen vorsetzen und ist selbsten ins Städtl hinunter gangen, hat die Burger aufs Rathaus kommen lassen. Bin hernach auch hinberufen worden, hab alles erzählen müssen. Es waren aber dazumal nit mehr denn achtzig Männer in dem Städtl, ganz alte Leut und unausgewachsene Junge.

      Der Richter hat ihnen mit beweglichen, kurzen Worten vorgestellt, wie daß die, so jetzo kommen werden, Mordbrenner sind, und daß sie, die Burger, jetzo nur Gott den Herrn zum Helfer haben.

      Schreit einer aus dem Haufen, was der Herr Richter für einen Herrgott meinen thät, den papistischen oder den lutherischen, und ob er meinet, daß vielleicht der papistische der stärker wär; er für seine Person wüßt's nit, könnt auch niemanden danach fragen, sintemalen der Pater Strobel vor etlichen Minuten mit den drei übrigen Soldaten zum Thor hinaus gen Weiden geflohen wär.

      Der alt Richter ist ganz rot worden vor Zorn bis unter die Haar, hat aber ruhig gesagt, daß er für seine Person an den dreieinigen, allmächtigen Gott glaube, der Himmel und Erden geschaffen hat und uns auch in dieser Bedrängnus helfen könnt. Darauf hin hat der andere sein Maul gehalten, ich aber hab mir gedenket, daß der stolze Richter doch jetzo ein recht armer Mann wär. –

      Jetzt ist alles auseinander geloffen, und auf den Gassen und in den Häusern hat ein erbärmlich Geschrei angehebt, so die Weiber und Kinder vollführet haben. Die Mannsbilder aber haben Piken, Musketen, Schwerter geholet, haben Sensen grad geschlagen und die Thore zugesperrt. Es war aber die Mauer ums Städtl so schadhaft, daß mir gegrauset hat. Überall ist der alt Richter vorndran gewest, und die Leut haben ein großes Zutrauen zu ihm gehabt, trotz denen spöttlichen Reden vom Ochsenwirt.

      Gegen den Abend zu sind die Männer allsamt auf der Mauer gewest, aber es hat sich nichts gerühret im Wald gen Waidhaus zu.

      Wie's so still war, hat mich der Richter beim Arm genommen, hat mich auf die Seiten geführt und hat mir gesagt, er hätt eine große Summ Gelds, an die viertausend Gulden, im Schloßkeller eingraben. Es wüßt niemand was davon, weil er niemand vertrauen könnt. Mir aber wollt er's zeigen, ich sollt mit ihm gehen.

      Da bin ich mitgangen, und der Herr Richter hat mir alles gezeigt, damit ich's dem Herrn Herzog könnt zu wissen thun, wenn ihm etwas zustoßen thäte im Handgemeng.

      Hernach hat er mir seinen Hans aufs Herz bunden, ich sollt ihn halt nit verlassen, wenn ich mich noch ein bißl rühren könnt. Auch das hab ich ihm in seine Hand versprochen, und zuletzt hat er mir in seiner Wohnstuben einen ganz heimlichen Platz gezeigt unter einer Bodendielen. Da ist sein Bibelbuch gelegen. Das sollt ich seinem Hans bewahren, damit er es wüßt, hat der Richter gesagt, was seinem Großvater inner der letzten Zeit widerfahren wär. Da stünd's drinnen. Und damit hat er mir gezeigt, wie der Holzdeckel zum öffnen wär.

      Währenddem erhebt sich im Städtl ein wild Geschrei und ein gar grausames Schießen. Lauft der Richter aus der Stuben mit einem Schwert, ich ihm nach mit meiner Piken. Am Hofthor aber rennt uns ein großer Haufen Weiber und Kinder in den Weg, daß wir nit hinaus können, die schreien und halten uns fest, daß wir bei ihnen bleiben sollen, sagen, der Feind hätt das Städtl von der andern Seiten überrumpelt, wär ein grausam Handgemenge und müßt der Feind gleich kommen.

      Hat der Richter gesagt, sie sollen in den Schloßkeller gehen und beten und sich ruhig verhalten. Er wollt sie nit verlassen. Seine Magd und sein Enkelkind hat er auch hineingehen heißen.

      Grad wie wir die große Hofthür haben zuschließen wollen, ist noch ein Haufen aus dem Städtl hergeloffen, Männer und Weiber, die haben geschrieen, daß alles aus wär. Hab die Weiber in den Keller gewiesen, und die Männer haben mir geholfen, den großen Balken vor die Hofthür zu schieben. Und wir haben unsere Seelen Gott befohlen. Wie ich mich umschau, ist der alt Herr Richter nimmer dagewest. Hab ich nit gewußt, wo der hingekommen wär, und hab Umfrag gehalten. Währenddem kommt aus dem Schloß ein Mannsbild; mein ich, es wär ein Knecht. Ruf ihn an, er solle nach dem Richter suchen. Schau ich näher zu, ist's der alt Herr Richter selbsten gewest. Der hat sich in ein Knechtsgewand gekleidet und hat sein Schwert in der Hand. Er ist zu uns herangetreten und hat gesagt, es sollt ihn keiner verraten. Sie sollten sagen, wenn der Feind das Schloß berennete, daß der Richter nit da wär und daß keiner was von Geld wüßt. Haben's alle gelobt, haben ihnen gar wohl denken können, daß der Richter Geld vergraben hätt.

      Im Städtl unten hat das Schießen mit der Zeit ganz aufgehört. Bald aber hat das Feuer aus den Dächern herausgeschlagen, und die Funken sind bis zu uns heraufgeflogen.

      Hernach haben wir gehört, wie ein großer Hauf her aufs Schloß geloffen ist, und vor dem gesperrten Thor hat einer gerufen: »In Teufels Namen machet auf.« Auf unserer Seiten war alles still. Da hab ich mir ein Herz genommen und gerufen: »Wo unser Herr Gott ist, da haben die Teufel kein Gewalt.« Schreit der Wildauer: »Wo ist der Richter, der Halunk?« Sag ich: »Der ist nit da, der muß wohl im Städtl drunten sein.«

      »Macht auf,« schreit der Wildauer und stößt ans Thor.

      Währenddem hört man einen schweren Wagen auf das Thor herfahren, und es hebt ein groß Geschrei an. Und eh wir's uns recht bedenken, rennt auch schon die Deichsel ans Thor. Das haben's in die zehn oder zwölf Mal gethan bis daß das Thor gesprengt war, und hernach sind sie in den Hof gedrungen. Ich aber hab einen Schlag auf den Schädel gekriegt, daß ich hintenüber gefallen bin und mir die Besinnung geschwunden ist. – – –

      Wie ich wieder aufwach, war's Nacht. Unter der Linden aber ist der Feind in einem Haufen gestanden und haben Fackeln in den Händen gehabt, und war ganz still im Hof.

      Jetzt hör ich den Wildauer: »Zum drittenmal frag ich dich: wo ist das Geld? Ich weiß es sicherlich, daß du viel Geld vergraben hast. Wenn's nit so wär, dann hättest du dich nit in dies Gewand gekleidet.«

      Darauf hör ich den alten Richter, wie er mit ruhiger Stimm sagt: »Ich hab kein Geld für dich.«

      Ich heb langsam meinen Kopf, und da seh ich den Richter unter der Linden stehen und bei ihm den Wildauer.

      Der schreit wiederum: »Du hast gewißlich Geld vergraben. In deiner Amtskassa liegen nur etlich lumpige Gulden. Steh Red!«

      Da hat der alte Herr Richter kein Wort mehr gesagt und ist ruhig dagestanden.

      Der Wildauer aber hat gelacht, ist ganz nahe vor den alten Mann getreten und hat gesagt mit großem Nachdruck: »Dir will ich's Maul aufmachen. Schafft Roßhaar,

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