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letzte unwiderrufliche Entscheidung gesichert. Aber er war sich dessen voll bewußt, daß die letzte Entscheidung mit Riesenschritten heranrückte.

      Lord Maitland hielt ihm das Zeitungsblatt hin, welches Glossin an Lady Diana gesandt hatte.

      »Die Nachricht ist gut, wenn sie wahr ist. Wir wissen es noch nicht. Seit sechsunddreißig Stunden warte ich auf den Bericht des Obersten Trotter, der vom Kriegsministerium mit der Expedition beauftragt wurde.«

      »Oberst Trotter …?«

      »Wie meinten Sie?«

      »Nichts von Wichtigkeit. Nur bin ich der Ansicht, daß der Bericht längst da sein müßte. Es ist unerhört, daß wir das Ergebnis einer von uns betriebenen Unternehmung durch ein schwedisches Lokalblatt erfahren müssen.«

      Die Züge des Premiers verrieten von neuem Sorge und Ungewißheit über den Ausgang der Expedition.

      »Ich fürchte, daß irgend etwas bei der Unternehmung nicht in Ordnung ist. Auf keinen Fall können wir daran denken, eine Entscheidung zu treffen, bevor wir nicht den Bericht Trotters oder noch besser den Oberst selbst hier haben. Ich habe den Kriegsminister kurz vor Ihrem Erscheinen um seinen Besuch bitten lassen. Ich denke, das wird er sein.«

      Sir John Repington trat in das Gemach. In seiner Begleitung kam Oberst Trotter. Er machte nicht eben den besten Eindruck. Die Haut seines Gesichtes schälte sich wie Platanenrinde im Frühjahr. Der stattliche Schnurrbart war bis auf einen kargen Überrest der Schere zum Opfer gefallen. Der erste Eindruck auf alle in diesem Raume Befindlichen war der, daß es nicht gefahrlos sei, mit Erik Truwor und seinen Leuten anzubinden. Waren sie wirklich unter den brennenden Trümmern ihres Hauses begraben, so hatten ihre Flammen und sonstigen Verteidigungsmittel jedenfalls auch dem Gegner reichlich zu schaffen gemacht.

      Der Eindruck verstärkte sich, als Oberst Trotter seinen mündlichen Bericht gab. Acht von seinen Leuten tot, zum Teil in den Flammen umgekommen, verschollen. Fünf mehr oder weniger schwer verwundet. Nur mit sieben Leuten war der Oberst nach England zurückgekommen.

      Im übrigen bestätigte sein Bericht die Mitteilung des schwedischen Blattes und ergänzte sie. Nach tapferer Gegenwehr war das Feuer der Verteidiger niedergekämpft, das Haus sturmreif geschossen worden. In diesem Moment brachen Explosion und Brand aus, von denen das schwedische Blatt allein berichtete. Sicher waren die Verteidiger, soweit sie das Feuer der Angreifer noch lebend überstanden hatten, in der Gewalt der Explosionen und in der Hölle der Feuersbrunst umgekommen.

      Die englischen Minister spürten eine große Erleichterung, während Oberst Trotter den Gang der Dinge schilderte.

      »So weit ganz gut«, unterbrach hier Repington. »Aber warum haben Sie nicht sofort nach der Affäre einen drahtlosen Bericht an das Amt geschickt? Sie hatten unser bestes Modell der kleinen Stationen mit. Warum haben Sie nicht sofort gefunkt?«

      »Es ging nicht, Sir! Es ging trotz aller Bemühungen nicht. Der Mann, der mit dem Apparat Bescheid wußte, war gefallen. Die anderen konnten ihn nicht in Betrieb bringen.«

      Der Kriegsminister runzelte die Stirn.

      »Sehr bedauerlich. Der einzige Funker, den Sie bei Ihrer Truppe hatten, durfte nicht exponiert werden, Herr Oberst. Und dann später … Sie sind mit einem unserer Flugschiffe zurückgekehrt. Warum haben Sie da nicht gefunkt?«

      Oberst Trotter zerrte verzweifelt an den spärlichen Resten seines Schnurrbartes.

      »Es ging nicht, Sir! Es ging absolut nicht! Der Telegraphist erklärte, daß sein Apparat in Unordnung sei. Aus unerklärlichen Gründen in Unordnung sei und nicht funktioniere. Es war nichts zu machen.«

      Lord Maitland blickte den Premier an und dieser den Kriegsminister. Einen Moment flammte ein unbestimmter Verdacht in den Herzen der drei Männer auf.

      Oberst Trotter gab seinen schriftlichen Bericht, den er während der Überfahrt verfaßt hatte, in die Hände des Kriegsministers und verließ das Kabinett. Lord Horace schaute ihm nachdenklich nach.

      »Wenn ich gewußt hätte, daß man gerade diesen Oberst Trotter mit einer so wichtigen Mission betraute, würde ich es kaum unterlassen haben, meine Bedenken geltend zu machen.«

      Sir John Repington bekam einen roten Kopf und nahm seinen Offizier in Schutz. Der alte Zwiespalt zwischen Armee und Marine machte sich bemerkbar. Der Premier legte den Zwist bei.

      »Lassen wir die Nebensächlichkeiten. Aus dem eben gehörten Bericht geht mit Sicherheit hervor, daß die Expedition ihren Zweck erreicht hat. Den Zweck, Großbritannien von einem unbekannten und unter Umständen unbequemen Gegner zu befreien. Wir können unsere Beschlüsse jetzt ohne Hemmung von dieser Seite her fassen. Nach den Ereignissen des Vormittags ist die Beschlußfassung nicht länger aufzuschieben. Das Parlament ist in London versammelt. Die Parteiführer sind von mir verständigt. Sie können ihre Leute in zwei Stunden zusammen haben. Auf Wiedersehen in zwei Stunden!«

      Sobald ihn seine Kollegen verlassen hatten, gab Lord Gashford den offiziellen Bericht über die Schlacht bei Sydney an die Presse und die Nachrichtenagenturen. Im Augenblick wurde er an tausend Stellen Londons bekannt. Extrablätter in Auflagen von Millionen kamen heraus, wurden den Händlern aus den Händen gerissen und vielmals gelesen, bevor sie auf dem Pflaster unter den Rädern der Wagen und den Füßen der hin und her wogenden Menge ein Ende fanden. Die Unruhe wuchs, die Aufregung stieg, und die Stimmung der Bevölkerung Londons näherte sich schnell jenem Siedepunkte, bei welchem gefährliche und unvorhergesehene Ausbrüche der Leidenschaft zu fürchten sind.

      Das Parlament war das natürliche Ventil, durch das diese Spannung sich entladen mußte. Und das Parlament war vollzählig bis auf den letzten Mann versammelt, war sich seiner Pflichten gegen das Land bewußt, als die Minister ihre Plätze auf den Bänken der Regierung einnahmen.

      Die Tagesordnung war einfach. Stellungnahme zu der Affäre von Sydney. Ein ausführlicher Bericht über das Vorkommnis lag jedem Mitglied gedruckt vor. Die meisten Abgeordneten lasen ihn kaum noch. Sie waren durch ihre Zeitungen informiert.

      Die Abstimmung war nur noch Formsache.

      Das englische Parlament beauftragte die Regierung, den Vereinigten Staaten von Nordamerika den Krieg zu erklären und ihn mit aller Energie zu führen.

      Mit diesem Auftrage zog sich das Kabinett zurück. Es hatte mit der Ausführung der Beschlüsse vollauf zu tun: die vorhandenen Streitkräfte mobil zu machen, Reserven einzuberufen, die Industrie nach dem großzügigen Plan zu mobilisieren. Jeder einzelne Fachminister hatte sein Pensum. Daneben blieb noch eine Formalität zu erfüllen. Dem amerikanischen Botschafter in London Mr. Geddes mußte der Kriegszustand amtlich mitgeteilt werden. Es waren ihm, wie es in der veralteten diplomatischen Sprache immer noch hieß, die Pässe zuzustellen. Zur gleichen Stunde, zu welcher der englische Botschafter in Washington die Kriegserklärung überreichte.

      Lord Gashford sah sich forschend um.

      »Lord Maitland, Sie sind mit Mr. Geddes persönlich bekannt. Wollen Sie ihn besuchen und ihm die Mitteilung machen?«

      Lord Horace nickte zustimmend. Er war mit Mr. Geddes seit Jahren befreundet. Er wollte den Auftrag übernehmen, um dem, was unvermeidlich geschehen mußte, wenigstens die versöhnlichste Form zu geben.

      »Betonen Sie besonders bei Ihrem Besuch, daß sich unser Kampf nicht gegen das blutsverwandte Volk richtet, sondern nur gegen den Tyrannen. Daß wir je schneller desto lieber wieder zu friedlichen Zuständen kommen wollen, sobald eine freiheitliche Regierung in Washington es uns möglich macht.«

      Lord Gashford wußte, warum er diese salbungsvolle Mitteilung überbringen ließ. Mr. Geddes war durch seine freiheitliche Gesinnung bekannt. Im Herzen ein Philanthrop und Pazifist. Keineswegs ein überzeugter Anhänger der unbeschränkten Herrschaft des Diktators. Letzten Endes ein Schwärmer für Menschenverbrüderung und Ideale, die in dieser Welt harter Realitäten kaum zu erreichen sind.

      Cyrus Stonard kannte die Engländer. Er wußte, daß sie seit Jahrhunderten jeden Krieg, jeden Treubruch, jeden Überfall mit einem philanthropischen Mäntelchen behängt hatten, und in einem Anfall seines grimmigen

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