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es damals mit einer Ruhe und Selbstverständlichkeit gesagt, die sogar den Diktator eine Minute verblüffte. Nur eine Minute. Dann hatte er die Vorzüglichkeit der Idee erfaßt.

      Zuchthäusler führten die unterseeische Station aus. Menschen, die von den amerikanischen Gerichten zu langjährigen Freiheitsstrafen verurteilt worden waren. Es kamen Monate, in denen der elektrische Stuhl wenig zu tun hatte, weil der Diktator auffallend häufig begnadigte. Aber nur Menschen, die mit Eisen und Stahl umzugehen verstanden, Menschen, die in die Branche paßten. –

      Kapitän Fagan gab dem Präsident-Diktator auf dessen Fragen präzisen Bericht.

      »Die Hallen eins bis sechzehn sind fertig. Versehen mit Proviant, Brennstoff und Munition. Vier Hallen sind noch im Bau. Die Wohnhallen für das ordentliche Marinepersonal. Die Zuchthäusler sterben wie die Fliegen. Haben auch schlechte Unterkunft in den Verbindungstunnels.«

      »Der Endtermin ist um drei Wochen überschritten. Wann werden die Wohnhallen fertig beziehbar dastehen?«

      Die Stimme des Präsident-Diktators klang scharf und schneidend, als er die Frage stellte.

      »In drei Tagen, Herr Präsident.«

      »Sie bürgen dafür?«

      »Ich bürge, Herr Präsident.«

      »Sind die Verteidigungsanlagen fertig?«

      »Sie sind fertig, Herr Präsident. Die Station ist von einem dreifachen Kranz unterseeischer Torpedominensender umgeben. Die akustischen Empfänger sprechen auf jedes Schraubengeräusch unter und über Wasser an. Die Hertzschen Strahler fassen auf zehn Kilometer jedes Ziel und dirigieren die Torpedos zu seiner Vernichtung.«

      »Wie steht es mit dem Schutz gegen Luftsicht?«

      »Seit acht Wochen arbeiten unsere Seefärber. Es war ein glücklicher Gedanke, unsere Station wie einen Tintenfisch mit eigenen Farbdrüsen auszustatten. Das Azoblau, welches die Seefärber Tag und Nacht in gleichmäßigem Strome in die See geben, färbt das Wasser so gleichmäßig, daß die ganze Untiefe vollkommen unsichtbar wird. Auch aus zweitausend Meter Höhe konnten unsere eigenen Flugschiffe die Station nicht finden, wenn die Färber arbeiteten. Wir mußten eine besondere Erkennungsboje auslegen.«

      Cyrus Stonard hatte sich erhoben. Seine Augen leuchteten wild in fanatischem Glanz, während er den Mann betrachtete, der das Riesenwerk in einem Jahr glücklich zum Abschluß gebracht hatte.

      »Kurz und gut, Herr Kapitän! Wann sitzt der letzte Niet? Wann kann die Station in den Krieg eintreten?«

      »In drei Tagen, Herr Präsident! In drei Tagen sind die Marinemannschaften in ihren Quartieren, die Sklaven weggeschafft. In drei Tagen leistet die Station alles, was sie zu leisten hat.«

      »Ich danke Ihnen – – – – Herr Admiral! Sie haben Ihre Sache gut gemacht. Sie bleiben weiter zu meiner Verfügung.«

      Cyrus Stonard sprach mit befehlsgewohnten Lippen. Kapitän Fagan errötete. Ein Zittern ging durch seine bis dahin unbewegliche Gestalt. Ein Lob aus dem Munde des Diktators. Ein uneingeschränktes Lob und zugleich die Ernennung zum Admiral. Das war mehr, als er in diesen zwölf Monaten schwerer Arbeit mit Nächten der Verzweiflung und Tagen des Mißmuts zu hoffen gewagt hatte.

      Er beugte sich nieder, wollte die Hand des Diktators ergreifen und küssen. Cyrus Stonard wehrte ab.

      »Lassen Sie, Herr Admiral! Gehen Sie, und dienen Sie mir und dem Lande so weiter, wie Sie bis jetzt gedient haben!«

      Mit unsicheren Schritten verließ Admiral Fagan das Kabinett.

      In der Mitte des Gemaches blieb Cyrus Stonard stehen und blickte ihm lange Zeit nach. Es zuckte und arbeitete in den aszetischen Zügen des Diktators. Seine Lippen bewegten sich und formten Worte, während ein verächtliches Lächeln sie umspielte.

      »Da geht er hin … der Eiserne … Errötet und zittert wie ein junges Mädchen. Um das eine Wörtchen Admiral … Hätte ich ihn hart angefahren, seine Arbeit getadelt, ihn weggejagt, er wäre davongeschlichen … hätte kein Wort des Widerspruchs gewagt … Eisern … pah! … so sind sie alle … ohne Ausnahme! Nur wenn sie den Herrn fühlen, tun sie, was sie sollen … was für das Land nötig ist … Kreaturen, die ein Wort von mir erhöht oder in den Staub wirft …«

      Der Präsident-Diktator kehrte langsam zu seinem Sessel zurück. Weltverachtung sprach aus seinen Zügen. Es waren alles Sklaven. Im Grunde nicht besser als die Fünftausend, die das letzte Jahr auf dem Seegrunde gefrondet hatten.

      Ein Gefühl des Überdrusses überkam ihn. Warum sich mühen und plagen, um diese Sklavenherde mit Gewalt den Weg zu ihrem Glück zu führen. Weil … weil …

      Ein Adjutant trat ein. Leutnant Greenslade brachte eine Depesche. Einen Bericht über die Vorgänge in Sayville. Legte sie auf den Tisch und erwartete in dienstlicher Haltung die Befehle des Diktators.

      Cyrus Stonard überflog das Blatt. Die rätselhafte Beeinflussung der großen Radiostation in Sayville. Das selbsttätige unhemmbare Arbeiten der Geber. Das Spielen der Schalter. Schließlich die kurze wunderbare Depesche: »An alle! … Die Macht warnt vor dem Kriege.«

      Und wußte in demselben Moment, daß Glossin gelogen hatte! Daß Erik Truwor und die Seinen am Leben und im Besitze der Macht waren!

      In diesen Sekunden erlebte der Präsident-Diktator einen jähen und schweren Sturz. Eben noch im Gefühl eines unendlichen Machtbesitzes. Herr der halben und bald der ganzen Erde. Absoluter Gebieter über dreihundert Millionen. Und jetzt von einer unbekannten und unangreifbaren Macht bedroht, in seinen Entschlüssen und Befehlen gehemmt.

      Wie eben noch Kapitän Fagan durch wenige Worte des Diktators umgeworfen wurde, so brach Cyrus Stonard über den Inhalt der Depesche zusammen. Er saß vor seinem Tisch, ließ das Haupt auf die Arme sinken und verbarg sein Gesicht. Ein Schluchzen erschütterte den hageren, nur der Arbeit gewidmeten Körper.

      Leutnant Greenslade stand in vorschriftsmäßiger Haltung. Sah den Präsident-Diktator die Haltung verlieren und begann um sein Leben zu zittern. Es lebte niemand in den Vereinigten Staaten, der sich rühmen konnte, Cyrus Stonard schwach gesehen zu haben. Leutnant Greenslade hatte nur einen Gedanken.

      Wehe, wenn Stonard die Augen wieder aufmacht! Wehe, wenn der Diktator mich sieht! Dann bin ich verloren!

      In diesem Augenblick erhob Cyrus Stonard den Kopf. Mit Augen, die abwesend und weltentrückt blickten, schaute er um sich.

      »Dr. Glossin soll kommen!«

      Leutnant Greenslade übermittelte den Befehl und ging dann mit sich selbst zu Rate, ob er es wagen dürfe, in den Staaten zu bleiben.

      Dr. Glossin stand im Kabinett des Präsident-Diktators. Cyrus Stonard erhob sich statuenhaft von seinem Platz. Seine Rechte ergriff die Depesche und ballte sie krampfhaft zusammen. Er sprach kein Wort. Langsam kam er dem Doktor näher, bis er nur noch drei Schritte von ihm entfernt stand. Dann schleuderte er ihm den Papierball mit jähem Ruck in das Gesicht.

      Dr. Glossin machte keine Bewegung, den Wurf abzuwehren. Der Ball traf ihn zwischen die Augen und fiel zu Boden. Der Arzt verlor die letzte Spur von Farbe. Er kannte den Inhalt der Depesche, die ihm Cyrus Stonard eben ins Gesicht geschleudert hatte. Seit zwanzig Minuten wußte er, daß all seine Arbeit während der letzten Wochen vergeblich war. Die einzigen Menschen, die er zu fürchten hatte, waren seinen Nachstellungen entgangen. Waren irgendwo in Sicherheit und ließen ihre Macht spielen.

      Er war in diesem Augenblick nicht einmal fähig, die Beleidigung zu empfinden, die in dieser Behandlung lag. Der Papierball wirkte wie eine Flintenkugel. Der von ihr Getroffene empfindet den Schuß nicht als Beleidigung, aber er fällt danach um. Dr. Glossin begann auf seinen Füßen zu wanken, tastete mit den Händen nach einem Halt.

      Dem Präsident-Diktator hatte der physische Ausbruch Erleichterung verschafft. Die unmittelbare Wirkung des Schlages, der ihn getroffen hatte, ließ nach. Er begann klarer zu sehen. Sah den Menschen vor sich, der im Begriff stand, umzusinken.

      Da ließ er sich selbst wieder in seinem

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