Скачать книгу

      Eine halbe Stunde später taucht das U-Boot mit seiner Beute an Geld und Geiseln … wie sich’s traf. Altes, schon längst Gehörtes. Die geschwätzigen Lippen wiederholten es hier an Bord der »Abraham Lincoln« zum hundertsten Male.

      Das neueste, beinah stärkste Stück! Es war in aller Munde. Der Herzog von Bloomfield befand sich auf der Fahrt von England nach New York.

      Auf seiner Rapid-Jacht, um an den Regatten von Atlantic Company.

      teilzunehmen. In Sicht der amerikanischen Küste. Scharfer Schuß vor den Bug, zweiter über den Steven. Die Jacht versucht zu fliehen …

      Schuß in die Schraube. Er funkt um Hilfe … Schuß in die Antenne.

      Das feindliche Boot legt an. Das alte Rezept. Und doch! Dies ist ein Extrastück, hier im belebtesten Teil des Weltmeeres.

      Von allen Seiten eilen Schiffe herbei, die den Hilferuf noch vernommen hatten, große, kleine; die Bewaffneten darunter lösen ihre Geschütze, schießen auf den Räuber. Der wehrt sich, erwidert das Feuer mit schwerem Geschütz. Ein Seekampf! Die großen Schiffe werden getroffen, Feuer bricht aus, Boote stoßen ab … der Seeräuber wehrt sich wie ein gestellter Eber, verbirgt sich hinter der gekaperten Jacht und taucht weg. Die Hilfe kommt heran, zu spät! Der Herzog ist geraubt, mitgeführt auf dem verschwundenen U-Boot.

      Am nächsten Tag erhält seine Familie Nachricht: Lösegeld, eine Million Dollar in bar, abzuwerfen vom Postflugzeug London-New York am 12. Februar in Schwimmboje zehn Uhr dreißig Minuten vormittags.

      Geschieht dies, so wird der Herzog unverletzt an Land gesetzt. Bei Verweigerung des Lösegeldes oder Verfolgung durch englische Polizei ist das Leben des Herzogs verwirkt. Und es geschah, mußte so geschehen, wie es die Herren Piraten wollten. Das Postflugzeug warf die Boje mit dem Lösegeld zur bestimmten Zeit ab. Es war beinahe lächerlich, die Sorge in der Öffentlichkeit drehte sich weniger um das Leben des Geraubten, als darum, ob der Pirat auch die Boje mit dem Geld finden würde.

      Wetten wurden abgeschlossen. Ein Kordon von U-Booten umzog den mittleren Atlantik. Die sahen, wie die Boje aufgenommen wurde, und mußten tatenlos zusehen. Denn der Geraubte war ja noch an Bord des Räubers. Jeder Schritt, den Piraten zu fangen, brachte das Leben des Herzogs in Gefahr.

      Drei Tage später wurde der Herzog an der amerikanischen Küste abgesetzt, kam nach New York. Ein Heer von Interviewern lagerte vor der Tür seines Hotels.

      Die Meinung des Herzogs: »Nette Leute, die Herren Piraten, vollkommene Gentlemen, habe keine Bequemlichkeit vermißt, tadellose Verpflegung und Unterkunft, modernstes Zehntausendtonnenboot. Ein höchst interessantes Erlebnis, mit einer Million nicht zu hoch bezahlt …

      Konversationsstoff bis ans Lebensende …«

      Der Herzog nahm die Sache von der leichten Seite. Doch nicht immer war es so gegangen, daß die Betreffenden es als interessantes Abenteuer buchen konnten.

      »Jamaika Nordost voraus!«

      Der Lautsprecher meldete es von der Brücke her durch den Speisesaal.

      Der Kapitän der »Abraham Lincoln«, der mit an der Tafel saß, nickte kurz, hob sein Glas.

      »Auf einen weiteren glücklichen Verlauf der Reise, nachdem wir die Durchfahrt durch das neue Meer hinter uns haben!«

      Der scharfe Knall eines Schusses! Die Hände sanken von den Gläsern.

      Noch ehe eine Stimme das Wort »Schuß« herausbrachte, ein zweiter Knall.

      »Seeräuber!«

      Eine Frauenstimme gellte es über die Tafel. Mit einem Ruck gingen alle Blicke nach dem Kapitän. Der stand auf, das gebräunte Gesicht erblaßt. »Seeräuber? Hier Seeräuber? Unmöglich … unmöglich …«

      Er murmelte ein paar undeutliche Worte zu den Gästen …

      »Keine Beunruhigung …«, und stürmte hinauf. Kam an Deck … eine Granate pfiff über seinen Kopf hinweg, riß die Antenne ab.

      Keuchend stand er auf der Brücke. Schon hatte der Wachoffizier das Kommando »Stopp« gegeben, schon schlugen die Maschinen rückwärts.

      »Wo? Woher? Der Schuß!«

      »Nordost voraus U-Boot«, schrie der Wachoffizier.

      »Flagge?«

      »Nicht zu erkennen … die Dämmerung …«

      »Unmöglich!« Der Kapitän murmelte immer wieder das eine Wort.

      »Unmöglich. Es wird ein Boot der USA sein, das uns hier anhält.

      Weiß der Teufel, was sie wollen!«

      »Ein Boot stößt ab«, rief der Wachoffizier unter seinem Glas hervor.

      »Uniformen?«

      »Noch nichts zu sehen … sie kommen näher … das Boot ist voll Bewaffneter!«

      »Flagge?«

      »Keine Flagge! Seeräuber!« Der Wachoffizier schrie es.

      Der Riesenrumpf der »Abraham Lincoln« glitt kaum noch durch die Dünung, stand fast still. Die Sonne tauchte hinter dem Isthmus unter, den Tag mit sich hinabziehend.

      »Fallreep herunter!« brüllte es von dem Boot.

      Das Fallreep sank.

      »›Abraham Lincoln‹? Kapitän Frederik White?« Eine schneidige, scharfe Stimme schrie es zur Brücke hinauf.

      Der Kapitän war starr. »Wer sind Sie? Was wollen Sie?« stammelte er.

      »›Abraham Lincoln‹ von Valparaiso nach New York? Kapitän Frederik White?«

      Der bejahte.

      »Der Kapitän ist mein Gefangener! Schiffsliste! Tresorschlüssel!

      Passagiere und Mannschaft unter Deck!«

      Kaum kam das Wort von seinen Lippen, waren die Decks wie reingefegt.

      »Maschinengewehre an ihre Posten!«

      In Minuten waren alle wichtigen Punkte des Schiffes besetzt. »Bitte, nehmen Sie Platz, Herr Kapitän!«

      Der Piratenführer setzte sich auf einen Deckstuhl, zog einen anderen heran, den Kapitän einladend. Der folgte der Aufforderung. Kaum daß seine zitternden Knie ihn noch aufrecht hielten.

      »Unmöglich! Unmöglich!«

      Immer wieder kam das von seinen Lippen. Er konnte und wollte nicht begreifen, was geschah. Verstand auch nicht, was der Mann mit ihm sprach, ihn fragte. Der Unterführer kam melden. In der einen Hand ein Schriftstück über die Depositen, mit der anderen auf einen Sack deutend, den zwei Leute seiner Mannschaft heranschleppten.

      »Zwei Millionen Dollar … etwas darüber noch!«

      »Gut! Sehr gut! Doch das andere? Wie ist’s damit?«

      »Schon besorgt!«

      »Schon besorgt?«

      »Jawohl! Im Boot!«

      »Ah! Das ging schnell!«

      Der Piratenoffizier erhob sich, wandte sich an den Kapitän.

      »Ich bedaure sehr, Sie inkommodiert zu haben. Die Störung, Sie werden es selbst zugeben, war nur geringfügig. Freie Fahrt, Herr Kapitän!«

      Mit ein paar Sprüngen war er am Fallreep und von Bord.

      »Freie Fahrt voraus!« schrie er aus dem Boot.

      »Freie Fahrt voraus!« echote es zögernd von der Kommandobrücke der »Abraham Lincoln«.

      Die Schrauben liefen an. Der Riesenrumpf kam in Fahrt. Von unten her kamen sie an Deck … Mannschaften … Passagiere.

      »Kurs Nord zu Nordost!« gab der Wachoffizier das Kommando.

      Der Bug drehte auf den alten

Скачать книгу