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das sich nach allen Himmelsrichtungen hin verzweigte. Am östlichen Rande hielten sie an.

      Ein Riesenwalzwerk war hier entstanden. Doch kein Laut drang aus der mächtigen Halle.

      »Immer noch nicht in Betrieb!« sagte der Kaiser.

      »Sobald die Motoren angekommen sind, Majestät.«

      Die Stirn des Kaisers verfinsterte sich.

      »Sie müßten längst hier sein«, fuhr Grimmaud fort, »wenn …«

      »… nicht Europa Lieferant wäre«, vollendete der Kaiser.

      »Sie schwimmen, Majestät. Das Transportschiff ist unterwegs.«

      »Es wird länger schwimmen, als uns lieb ist.«

      Augustus machte ein paar Schritte zu dem leeren Gebäude hin, hielt an und drehte sich um, wandte sich zu seinem Adjutanten.

      »Diese Maschinen werden von morgen ab in den Kongowerken gebaut. Befehl geht heute ab!«

      »Majestät!« wagte Grimmaud einzuwerfen. »So leicht dürfte das nicht sein.«

      Ohne Grimmaud zu antworten, wiederholte der Kaiser den Befehl an den Adjutanten. Dann zu Grimmaud: »Zurück zum Verwaltungsgebäude!«

      Um einen Tisch, der mit Karten und Plänen dicht bedeckt war, nahmen sie Platz. Der Kaiser wandte sich an Grimmaud.

      »Ich bin zufrieden, Herr Chefingenieur. Sie haben mehr geleistet, als ich erwartete. Wie steht es mit der Gesundheit der Leute, die im Schacht arbeiten?«

      »Auch in dieser Beziehung kann ich Euere Majestät nur Günstiges berichten. Durch unsere eigenen Konstrukteure haben wir im Laufe der Jahre des Schachtbaues die Bewetterungsfrage von Grund auf studiert, mit jedem Kilometer neue Erfahrungen gesammelt. So waren wir in der Lage, auch nach der Erbohrung der Karbidlager tadellos zu bewettern.

      Die hohe Erdwärme und die Ventilatoren machen uns keine Schwierigkeiten. Wir arbeiten unter Tag in vier Schichten.«

      »Wie arbeitet Ihr Regenschutz? Der Wolkenbruch der vorigen Woche machte mir Sorge.«

      »Majestät! Auch hier haben sich unsere Sicherheitsbauten vollauf bewährt. Wasserschwierigkeiten haben wir nicht.«

      »Gut! Herr Grimmaud … sehr gut. Das Wasser ist Ihr ärgster Feind.

      Vergessen Sie das niemals! Keine Maßnahme darf hier versäumt werden. – Hiermit, Herr Chefingenieur, komme ich zu dem eigentlichen Zweck meines Besuches.«

      Der Kaiser ergriff einen Rotstift und fuhr auf einer geologischen Schichtenkarte die Schachttiefe ab. Hier und dort hielt der Rotstift an und machte ein Kreuz.

      »Hier Ihre verwundbaren Stellen, Herr Grimmaud! In dem ersten Kilometer haben Sie mehrere wasserführende Schichten. Auf Kilometer vier haben Sie eine starke Wasserader im zerklüfteten Gebirge. Diese Stelle scheint mir besonders gefährdet.«

      Der Kaiser hielt inne. Grimmaud sah ihn an, erstaunt, fragend.

      »Ich sehe an Ihrem Gesicht, Herr Grimmaud, daß Sie eine Frage auf dem Herzen haben. Bitte, Herr Grimmaud!«

      »Euere Majestät sagten soeben gefährdet. Ich verstehe Euere Majestät nicht. Ich kann Euer Majestät versichern, daß die Schachtmauerung an diesen Stellen mit einer Sorgfalt gemacht worden ist, daß an keinen Wassereinbruch zu denken ist.«

      »Herr Grimmaud, Sie sind zweifellos ein hervorragender Ingenieur.

      Politische oder diplomatische Fragen kümmern Sie weniger. Sie sehen hinter der Anerkennung, die unser Werk in der ganzen Welt findet, nicht den Neid, den Hass, der sich leicht zu Taten verdichten könnte.

      Besonders leicht dann, wenn politische Hochspannung herrscht. Daß die aber augenblicklich vorhanden ist, dürfte auch Ihnen nicht verborgen sein.«

      Auf Grimmaud’s Gesicht lag tiefer Ernst. Er schüttelte langsam den Kopf.

      »Ich verstehe, Euere Majestät denken an ein Attentat auf den Schacht.

      Euere Majestät meinen, es könnte jemand die Wasseradern anschneiden … Wasser in unsere Karbidgänge da unten! Die Folgen wären nicht auszudenken! Aber ich glaube, Euer Majestät versichern zu können, daß diese Befürchtungen grundlos sind. Nein! Die Mauerung ist zehn Meter Eisenbeton … mit Sprengpatronen auch kräftigster Art ist da nichts zu machen!«

      Der Kaiser schaute prüfend in das Gesicht Grimmaud’s. Er kannte ihn als einen unbedingt zuverlässigen, tüchtigen Menschen. Keine Spur eines Zweifels war auf dessen Miene sichtbar. Er wandte sich an den Genieoffizier.

      »Was meinen Sie dazu?«

      »Ich kann nur wiederholen, was ich Euer Majestät schon in Timbuktu versicherte. Ich halte es auch für ausgeschlossen.«

      Der Kaiser blieb ernst.

      »Ich verlasse mich darauf, ich muß mich auf Sie verlassen, meine Herren. Die Befürchtungen kamen mir – lächeln Sie ruhig, meine Herren – vorgestern Nacht im Traum. Aberglauben! Und doch, welcher Mensch ist ganz frei davon.

      Der Traum! Es war fürchterlich. Ich sah, wie von verbrecherischer Hand die Schachtwand geöffnet wurde, sah, wie ein Riesenstrom kochenden Wassers sich in die Grubengänge ergoß, wie eine Verbrecherhand den Brand in das aufsteigende Gas schleuderte, sah, wie eine Riesenfackel emporloderte, höher und immer höher, der Sonne entgegen, sie erreichte … mit ihr verschmolz … sah, wie die Sonne zerschmolz, ein Feuerstrom vom Himmel zur Erde niederging, alles verbrennend, alles vernichtend …«

      Der Kaiser lehnte sich schweratmend zurück und deckte die Augen mit der Hand. Man sah, wie ihn das grässliche Traumbild wieder ganz gepackt hatte und peinigte. Drückende Stille …

      Grimmaud brach das Schweigen.

      »Die Befürchtungen Euer Majestät sind grundlos. Es gibt keine Möglichkeit, daß sich das je verwirklichen könnte. Niemand außer Euer Majestät kann mehr Interesse an dem Schacht haben als ich … der ich die Pläne entwarf und durchführte. Keine Mutter kann eine größere Liebe und Sorge um ihr Kind haben als ich um den Schacht. Ein Attentat in der Weise ist völlig ausgeschlossen. Ich wiederhole es.«

      Der Kaiser blickte auf. Er reichte Grimmaud die Hand.

      »Mein Vertrauen zu Ihnen, lieber Grimmaud, ist groß, riesengroß … ich glaube, das des Öfteren bewiesen zu haben. Ich werde daran … ich werde an Ihre Worte denken, wenn sie mich wieder packen, die Erinnerungen an den Traum. Immerhin, wir wollen die Zahl der geheimen Polizeiagenten unter der Belegschaft verdoppeln, die Fremdenkontrolle in Mineapolis verschärfen. Ich betone: Der Attentäter braucht nicht von Kapstadt zu kommen. Er kann auch von Europa, er kann auch von Amerika kommen. Überall gibt es Leute, die …«

      Klaus Tredrup kam über den Glockengießerwall hergeschlendert. Vor dem Gebäude des »Hamburgischen Kuriers« blieb er stehen, nahm die unvermeidliche Pfeife aus dem linken Mundwinkel, klopfte sie sorgfältig aus und ließ das altgediente Gebrauchsstück in der Jackentasche verschwinden. Dann trat er in das Gebäude und fuhr in den zweiten Stock zu den Redaktionen hinauf. Hier angekommen, wollte er dem Botenmeister, wie er es in diesen Wochen schon so oft getan hatte, ein Manuskript übergeben. Aber heute hatte dieser eine Bestellung für ihn.

      »Herr Tredrup, der Chefredakteur wünscht Sie zu sprechen.«

      »Hm … so … na, denn man tau, Klaus!« Eine Minute später saß er dem Redaktionsgewaltigen in dessen Arbeitszimmer gegenüber.

      »Herr Tredrup, Wahrheit und Dichtung zusammen machen den Journalisten. Das haben Sie ja auch richtig erkannt. Ein Journalist sind Sie. Aber hinter das Geheimnis der Mischung sind Sie noch nicht gekommen. Es ist wie die Kunst, eine Bowle zu mischen. Von dem und dem und dem was … Das Ganze muß schmecken … und bekommen.

      Das war bei Ihren letzten Artikeln nicht mehr der Fall. Die Zahl der Leser, die protestieren, wurde immer größer. Das C. T. unter Ihren Arbeiten wurde von der Konkurrenz schon ironisch identifiziert mit dem J. H … jenem J. H …«

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