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ausnehmen würde?«

      Sie lehnte sich halb belustigt, halb entrüstet zurück.

      »Gut! Lassen wir das, Fräulein Harlessen, das, was geschehen. Ich wollte Sie bitten, diesen gefahrvollen Beruf aufzugeben und mit mir nach Hamburg zurückzufahren, die Lösung Ihres Vertrages würde ich übernehmen.«

      »Und was soll ich in Hamburg?«

      »In Hamburg würden Sie von Ihren Verwandten mit offenen Herzen empfangen werden.«

      »Und was weiter … was dann?«

      »Sie würden als Tochter des Hauses Harlessen leben, alle Vorzüge genießen, die damit verbunden sind.«

      »Die arme Verwandte! Das Aschenbrödel aus dem Märchen? Nicht mein Geschmack! Ich ziehe es vor, auf eigenen Füßen zu stehen.«

      »Ah«, versetzte Uhlenkort mit einiger Schärfe. »Sie wollen lieber weiter durch die Welt ziehen?«

      »Warum nicht? Nehmen Sie an, Herr Uhlenkort, Sie haben ein American Girl vom reinsten Wasser vor sich.«

      Uhlenkorts Miene verdüsterte sich. »Ich dachte, ich hätte eine Tochter des Hauses Harlessen aus Hamburg vor mir. Wenn ich mich da täuschte.

      ich bitte um Verzeihung.« Er erhob sich. »Noch etwas! Fräulein Harlessen, ich glaube, Sie dahin verstanden zu haben, daß das Gefühl der materiellen Unabhängigkeit Ihre Entschlüsse leitet.«

      Christie zuckte die Achseln.

      »Bei Ihrer Weigerung sind Sie da von einer falschen Annahme ausgegangen. Sie würden keineswegs das Aschenbrödel aus dem Märchen sein.«

      »Sondern?« Christie richtete sich fragend auf.

      »Ihr Vater hat nie aufgehört, Angehöriger der Familie Harlessen zu sein, das heißt in diesem Falle Teilhaber der Firma Harlessen.«

      »Ah, ich verstehe, Herr Uhlenkort! Aber …« Uhlenkort trat näher auf sie zu.

      »Allerdings, Fräulein Harlessen, es ist, wie ich Ihnen sagte. Zu einem gewissen Teil, dessen Höhe ich nicht genau angeben kann, sind Sie Erbin oder Teilhaberin der Firma.«

      Einen Augenblick schaute Christie prüfend auf die hohe, ernste Männergestalt, die da vor ihr stand, in das offene, klare Gesicht, aus dem reine Teilnahme sprach. Sie schien unsicher zu werden. Dann, mit plötzlichem Entschluß reckte sie sich auf. Ihre Hand streckte sie ihm entgegen.

      »Ich danke Ihnen, Herr Uhlenkort, für Ihre Teilnahme und Ihr Interesse. Auch wenn ein derartiger Anspruch meinerseits, vielleicht rechtlich begründet wäre …

      Ich kenne meines Vaters Schuld … Ich weiß, was daraus für die Firma Harlessen entstand … und ich weiß, daß ich keinen Anspruch habe. Ich verzichte.«

      »Fräulein Harlessen, wissen Sie auch, worauf Sie verzichten?«

      »Wie hoch die Summe ist, ist einerlei. Mag sie hoch oder niedrig sein.

      Nochmals meinen Dank, Herr Uhlenkort.«

      Uhlenkort ergriff die dargebotene Hand und beugte sich darüber. Seine Augen hingen an dem blassen, jungen, schönen Antlitz.

      »Eine Harlessen sind Sie doch, Fräulein Christie. Ich gehe, aber ich gehe in der Hoffnung, daß Sie eines Tages anders denken werden.«

      »Sie hoffen, daß der Harlessensche Dickkopf – ich verstehe wohl, Ihre Gedanken zu lesen – eines Tages sich bessern könnte.«

      Uhlenkort lachte.

      »Meine Hoffnung wird größer, wenn ich Sie höre.«

      »Oh, ich warne Sie! Hoffen Sie nicht zuviel. Es wird vielleicht noch mancher Tropfen Wasser die Elbe hinunterfließen.«

      Wieder beugte sich Uhlenkort über die Hand und drückte einen langen Kuss auf die schmalen Finger.

      »Wir werden uns wieder sehen!«

      Uhlenkort war gegangen. Gedankenverloren schaute Christie Harlessen ins Weite. Dann stützte sie den Arm auf und wollte sich erheben. Mit einem Wehlaut sank sie zurück. Ihre Hand griff zum Herzen. Was war das? Der Arzt, den die Zofe in den Raum führte, fand sie in tiefer Ohnmacht.

      Bei Montegna am Panamakanal. Eine Lichtung im tropischen Urwald.

      Nur mit Mühe halten Axt und Feuerbrand die gerodete Fläche von der üppigen, immer wieder anstürmenden Vegetation frei.

      Hier liegt das Hauptquartier der New Canal Company. Das große Verwaltungsgebäude, in massivem Betonguß errichtet.

      In diesem Hause waltet James Smith, der Chefingenieur der New Canal Company, der Herr über hunderttausend Menschen und Millionen Pferdestärken. Von hier aus laufen die Befehle zu den hundert Etappen der neuen Kanalstraße. Von hier aus wird disponiert über Menschen, über Maschinen und über Sprengstoffe, die unerhörte Kräfte bergen.

      James Smith ist der Herrscher dieses industriellen Königreichs. Der absolute Herrscher. Als einfacher Bohringenieur hatte er seine Laufbahn begonnen. Ein außergewöhnliches Organisationstalent, eine vor nichts zurückschreckende Energie, ein Kopf voll genialer technischer Ideen hatten ihn in schnellen Sprüngen zur höchsten Stellung emporsteigen lassen. James Smith saß an seinem mit Karten und Plänen bedeckten Arbeitstisch. Neben ihm lag ein Schreiben der New Canal Company, das ihm offiziell vom Beschluß des amerikanischen Parlaments Mitteilung machte.

      »Etappenweise Sprengung«, murmelten seine Lippen. »Gut, gut … eine geheime Last fällt mir vom Herzen. Offen habe ich es nie zugegeben. Nicht zugeben dürfen, daß ich die Bedenken jener gegnerischen Gutachter teilte. Wie mag er diesen Beschluß aufnehmen? Sein Gesicht hätte ich sehen mögen.«

      Der Chefingenieur beugte sich über einen großen Plan, der die Lage aller Minen und die Leitungsführung zu ihnen enthielt. Sein Finger folgte den roten Linien, die von jeder Mine zum Direktionsgebäude führten. Seine Augen glitten auf eine Skizze daneben.

      »Hier die neuen Schaltungen für Einzelsprengungen in halbstündigen Abständen.«

      Befriedigt lehnte er sich in einen Sessel zurück.

      »Gut so! Das Schema ist in Ordnung. Kostet zwar einige Milliarden mehr. Es wird schon wieder hereinkommen. Aber er … er … Das wird ein harter Schlag für ihn gewesen sein. Ich wundere mich, daß er gar nichts von sich hören läßt, daß er nicht schon längst hier ist.«

      Er! Einen Moment bedeckte James Smith die Augen mit der Hand.

      »Ein Rätsel … ein Rätsel, und ich glaubte ihn doch zur Genüge zu kennen.«

      Seine Hand sank herunter. Seine Augen weiteten sich, als sähen sie kommende Dinge. Er sprang auf und durchmaß erregt den Raum.

      Nein! Nein! Er ist nicht einer, der sich so leicht von seinen Plänen abbringen läßt. Er führt etwas im Schilde. Nichts Gutes! Ja … wäre es möglich?

      Er ging zum Schreibtisch und ergriff das Schaltungsschema. Mit einem düsteren Ausdruck ließ er es wieder sinken.

      Ja! Es wäre möglich … man kann Nebenschaltungen machen … unsichtbare … unauffindbare … mit keinen Mitteln nachzuweisende.

      Sinnend schritt er auf und ab. Ja! So ginge es.

      »Ich werde die schärfste Kontrolle anordnen. Kein Unberufener darf sich den Leitungen nähern. Der Schaltraum muß unter ständiger Aufsicht bleiben. Die Türen werden verschlossen und plombiert, sobald die Schaltung fertig ist.«

      Von Norden her kam eine Jacht herangebraust, eine große, schnelle Privatjacht. Ein Diener trat in die luxuriöse Kabine.

      »Land in Sicht, Mr. Rouse!« meldete er und verschwand.

      »Ah, Juanita, kommst du mit zum Bug, wo wir freie Aussicht nach allen Seiten haben?«

      »Danke, Guy. In den paar Wochen seit meinem letzten Hier sein wird sich nicht allzu viel verändert haben.«

      Blauer Ozean unter ihnen.

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