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Tische. Freunde schien er also nicht zu haben. Aber das musste noch lange nichts über seinen Charakter sagen.

      »Das einzige Mädchen, mit dem er sich ab und zu abgibt, ist auch leider ausgerechnet Jessica«, erzählte Laura weiter.

      »Jessica?«, fragte ich entsetzt und merkte erst beim Aussprechen, wie laut meine Stimme war.

      Laura nickte. »Und glaube mir, die willst du nicht als Feindin. Deswegen rate ich dir ja auch, ihr Cody zu überlassen und dich nach einem anderen Typen umzusehen, für den du schwärmen kannst.«

      Meine Hoffnung war schon wieder nach Hause gereist und hatte mich hier allein gelassen. Umso mehr Laura von ihm erzählte, umso näher kam ich den Tränen der Verzweiflung. So wie sie es mir verklickerte, musste ich entweder Jessica heißen, um an ihn ranzukommen oder es einfach sein lassen. Da nichts von beidem für mich in Frage kam, hatte ich wohl oder übel keine andere Wahl als abzuwarten und in der Zwischenzeit mein Bestes zu tun.

      Das restliche Mittagessen über versuchte ich mir aber erst einmal keinen Kopf mehr darüber zu machen und das Essen und das Gespräch zu genießen. Es tat nämlich echt gut, mit einem Mädchen in meinem Alter zu quatschen. Und Laura war wirklich lustig drauf und vor allem nett. Ich freute mich schon darauf, Josh und Isabelle kennenzulernen.

       Kapitel 6

      Voll gefuttert ließ ich mich ein weiteres Mal an diesem Tag auf das frisch bezogene Bett in meinem neuen Zimmer fallen und betrachtete gelangweilt den Stundenplan.

      Kurz kam Freude bei mir auf, als ich sah, dass wir jeden Donnerstag in der siebten und achten Stunde Theaterunterricht hatten. An meiner alten Schule hatte es das Fach auch gegeben. Eine Hauptrolle hatte ich allerdings nie gespielt. Das war aber auch gut so. Meistens war ich nur für das Basteln der Utensilien oder das Bemalen der Kulissen zuständig gewesen, und das hatte mir gefallen.

      Erwartungsvoll suchte ich den Stundenplan nach Kunst ab, meinem absoluten Lieblingsfach. Doch nachdem ich den Stundenplan drei Mal durchgelesen hatte, gab ich enttäuscht auf.

      Ich zuckte zusammen, als es plötzlich klopfte.

      »Herein«, rief ich.

      Die Tür öffnete sich langsam und Laura steckte ihren Kopf durch den offenen Spalt.

      »Kommst du mit in die Bibliothek?«, fragte sie grinsend.

      Bei dem Wort Bibliothek war ich natürlich hell wach.

      »Klar«, rief ich begeistert. Für alle anderen wäre es völlig normal gewesen, wenn eine Freundin nach einem Bibliotheksausflug fragte, aber für mich war das genauso schön wie eine Reise nach Italien.

      Erst auf der Treppe, als wir schon fast ganz unten waren, bemerkte ich, dass ich meinen Zeichenblock in der Hand hielt. Keine Ahnung wieso ich ihn genommen hatte, aber da ich keine Lust hatte umzukehren, nahm ich ihn einfach mit.

      Ich staunte nicht schlecht, als wir die Bibliothek betraten. Unsere Stadtbücherei war dagegen ja fast schon winzig. Die Regale hier waren mindestens doppelt so breit und voll.

      »Und das ist noch nicht alles, …«, prahlte Laura, die meinen beeindruckten Blick bemerkte. Sie öffnete eine Tür. »… hier ist der Raum der Nerds und Computerfreaks. Übrigens auch der einzige Ort in der Schule, an dem man überhaupt Netz hat. Telefonieren oder eine SMS schreiben geht auf den Zimmern, aber Internet … keine Chance, aber das hast du wahrscheinlich schon mitbekommen.«

      Hatte ich nicht, aber das sagte ich ihr nicht. Stattdessen sah ich mich in dem Raum um. Dutzende Computer waren in dem riesengroßen Raum mit der hohen Decke verteilt. In der Nähe des Fensters saßen einige Schüler, die ich aber nicht kannte zumeist allein an einem der Tische.

      Laura hockte sich gleich in Türnähe vor einen der Bildschirme und fuhr den Computer hoch.

      »Mein rechter, rechter Platz ist frei, ich wünsche mir die Lissa herbei.« Sie grinste und klopfte auffordernd auf den freien Stuhl neben sich.

      Lächelnd setzte ich mich an den PC daneben und schaltete ihn ebenfalls an. Da mir das mit dem nicht vorhandenen Kunstunterricht noch nicht ganz aus dem Kopf gegangen, beschloss ich einfach meine neue Freundin danach zu fragen.

      Zu meiner großen Enttäuschung schüttelte sie den Kopf. »Nee, gibt es nicht, aber Theater. Das ist so ähnlich. Zumindest wenn du kein Schauspieler bist. Da bemalen wir nämlich die Gegenstände und Kulissen.«

      »Ach so.« Ich versuchte mir meine Enttäuschung nicht anmerken zu lassen.

      »Aber wart mal, ich zeig dir was anderes echt Spannendes.« Laura stand auf, trat neben mich und tippte in der Suchleiste den Namen Zipp ein. »Mit diesem Programm kannst du was über jeden Schüler und Lehrer der Läresson herausfinden. Du musst hier einfach nur den Namen eingeben.« Sie berührte mit dem Finger oben rechts den Bildschirm, dann tippte sie als Beispiel Laura-Marie Hälran in die Eingabeleiste ein. »So, hier kannst du schon mal viel über mich erfahren.«

      Aufmerksam las ich mir den Steckbrief über sie durch.

      Name: Laura-Marie Hälran

      Geburtstag: 2. März

      Sternzeichen: Fische

      Lieblingsessen: Sushi

      Lieblingsfarbe: Grün

      Lieblingstiere: Delfine

      Hobbys: lesen, tratschen, schminken

      Klasse: 11a

      Grund, weshalb sie auf der Läresson ist: Vater bei Autounfall gestorben, Mutter hat schwere Depressionen

      Ruf: Durchgeknallte Tratschtante

      »Hast du das selbst über dich eingetragen?«, fragte ich sie ungläubig.

      Wie konnte man bitte so viel Persönliches von sich preisgeben?

      »Die Seite gehört nicht der Schule. Die hat mal irgendeiner der Schüler entwickelt. Niemand weiß woher er oder sie die ganzen Informationen hat. Alles anonym. Verstehst du? Die Schulleitung versucht immer mal wieder sie blockieren zu lassen, aber keine Chance, sie taucht immer wieder auf. Muss ein Computerfreak sein, der sich mit solchem Technikkram auskennt.«

      Ich machte große Augen. Das klang wirklich spannend.

      »Die Lehrer haben deshalb schon unzählige Vorträge dazu gehalten, in der Hoffnung, der- oder diejenige würde sich endlich stellen, weil da manchmal auch sehr private Sachen drinstehen. Deshalb solltest du am besten jede Woche mal unter deinem Namen nachgucken, ob es was Neues gibt. Ist nämlich ätzend, wenn die anderen es vor dir wissen.«

      Ich nickte. Allein der Gedanke, dass ich beobachtet werden könnte, war schon ziemlich unangenehm. Doch als ich mir vorstellte, dass dieser anonyme Internetspinner vielleicht herausfinden könnte, dass ich mal in der Psychiatrie gewesen war, oder noch schlimmer … er oder sie könnte meinen Auftrag herausbekommen, lief es mir eiskalt den Rücken hinunter.

      Schnell gab ich meinen Namen in das Suchfeld ein. Nichts. Da stand nicht einmal, dass ich überhaupt existierte. Erleichtert lehnte ich mich zurück.

      »Bald wird dort auch über dich etwas stehen, keine Sorge.«

      Im Gegenteil. Genau deswegen machte ich mir ja Sorgen.

      Laura setzte sich wieder auf ihren Platz und wandte sich dem Bildschirm zu. »So, dann wollen wir mal sehen, was wir uns heute Schönes ausleihen.«

      Während sie nach Büchern suchte, drehte ich möglichst unauffällig den Bildschirm ein wenig von ihr weg, gerade so weit, dass sie nicht sehen konnte, wen ich als nächstes eingab. Da ich seinen Nachnamen nicht mehr wusste, musste ich es mit seinem Vornamen versuchen.

      Nach kurzem Laden erschien der Name Cody Arrington. Stimmt, so hieß er. Gespannt klickte ich auf seinen Namen, woraufhin sich eine zweite Seite öffnete. Ich schaute irritiert auf den Bildschirm, als da, im Gegensatz zu Laura, ziemlich wenig Informationen über ihn standen.

      Name: Cody Arrington

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