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war auch so eine weitere Sache, die mir Zeit gekostet hat bis ich zur Lösung kam. Aber schließlich war es gar nicht so schwer, wie vermutet. Man hält dem soeben Verstorbenen ein Glasgefäß unter die Nase, denn dort tritt es aus, wie ich heraus gefunden habe. Dieses Gefäß beinhaltet eine weitere Tinktur. Diese Tinktur bewirkt, dass es sich nicht sofort verflüchtigen kann, sondern von eben dieser eingesogen wird. Allerdings muss man dann das Gefäß sofort verschließen, da ansonsten die Gefahr besteht, durch die Verbindung mit der Luft, dass es sich nach und nach doch noch daraus entfernt.“

      „Das bedeutet?“, wollte der Abt weiter wissen. Ihm gingen diese langwierigen Erklärungen langsam auf die Nerven.

      „Das bedeutet, dass wir Fächer schaffen müssen, in denen wir diese Gefäße aufbewahren können. Diese Fächer müssen gut zu verschließen sein und dürfen niemals geöffnet werden. Die Gefäße müssen luftdicht gelagert werden, also muss man die Verschlussstelle der Fächer verdichten.“

      Rigidius schaute nachdenklich drein. Einen Platz für die Fächer zu finden war das geringste Problem. Dafür wurde bereits in den Berg hinein gegraben, um in den tief unten gelegenen Gängen solche zu schaffen. Dass aber nunmehr die bereits erstellten zu groß sein würden, stellte auch kein Problem in den Augen des Abtes dar. Dann würde man halt einfach mehrere in einem Loch unterbringen. Das würde schon klappen.

      „Also gut, Junos. Dann wirst du mir eine Liste anfertigen über die Materialien, die du für deine Arbeit benötigst. Deine Gehilfen werden eine weitere, nein, eine neue Aufgabe erhalten – die Bewachung der Gefäße. Du brauchst neue Gehilfen, die dir bei deiner Arbeit zur Hand gehen. Die bisherigen werden allesamt zu Wächtern umfunktioniert. In der Zwischenzeit werden sie unweigerlich beide Positionen übernehmen müssen, bis die neuen Gehilfen gefunden sind. Ich werde einen Boten nach Rom entsenden, am ehesten Marcus, da er bislang als Einziger außer uns beiden hiervon erfahren hat, um den Papst zu informieren.“

      Rigidius machte bereits wieder kehrt um den hinteren Raum des Laboratoriums zu verlassen.

      Junos nahm sich voller Vorfreude auf seine Arbeit Federkiel und ein Stück Papier, um die Liste, die der Abt abgefordert hatte zu schreiben. Er würde seine Arbeit machen – er würde sie richtig gut machen.

      Marcus stand noch immer geduldig im vorderen Hauptraum. Als er den Abt aus der Tür treten sah versteifte er sich ein wenig in spannender Erwartung, was nun kommen möge.

      Rigidius richtete sogleich das Wort an ihn. „Marcus, du wirst dich sofort auf den Weg nach Rom machen und den Papst informieren. Ich werde dir noch einen Bericht mitgeben. Mache dich bitte abreisefertig und komme dann zu mir in meine Gemächer. Dort werde ich dir das Schriftstück aushändigen! Das darfst du dann nur unserem Vater aushändigen, niemanden sonst, auch nicht dem Camerlengo!“

      Rigidius wartete keine Antwort ab und verließ das Laboratorium. Marcus folgte ihm in gebührendem Abstand.

      Eine Stunde später war Marcus auf dem Weg mit der versiegelten Nachricht für den Papst über die jüngsten Entdeckungen des Alchimisten, gebunden an einen Faden, damit er sie um den Hals hängen konnte.

      Rom

      Sonntag, 11. Oktober

      Es war sehr später Abend geworden, als Marcus nach seiner tagelangen Reise in Rom ankam. Es war eine lange und beschwerliche Reise gewesen, die er hinter sich gebracht hatte. Er hatte nicht einmal einen Esel mitbekommen für seine Reise in die heilige Stadt und musste den gesamten Weg zu Fuß zurücklegen mitsamt seinem Gepäck auf dem Rücken. Dieser schmerzte, von seinen Füßen mal ganz abgesehen. Er hatte sich mehrere Blasen gelaufen.

      Das Wetter hatte es mit ihm während der Reise auch nicht gut gemeint. Es gab kaum einen Tag, an dem es nicht geregnet hatte. Man konnte fast der Meinung sein, dass da jemand von oben verhindern wollte, dass Marcus seine Mission erfüllte.

      Aber die Aufregung darüber nun endlich angekommen zu sein, ließ ihn die Schmerzen fast vergessen. Für ihn war es das erste Mal, das er in die große Stadt am Tiber kam. Er war zutiefst beeindruckt. Von den mehrstöckigen Häusern, dem lebhaften Getümmel auf den Straßen, selbst zu dieser späten Stunde noch. Er selbst stammte aus einem kleinen Bauerndorf in der Toskana. Da kannte man solche Menschenmassen nicht, wie es hier in Rom der Fall war.

      Er bahnte sich seinen Weg durch die Gassen und die breiten Straßen bis hin zum Petersdom im Zentrum der Stadt. Verfehlen konnte er ihn nicht, ragte die Kuppel doch über beinahe alle anderen Häuser in die Höhe.

      Dort angekommen ging er zu dem ersten Tor, dass er entdecken konnte, wurde aber von den beiden Wachen am Eintritt gehindert. Marcus zog die gerollte Nachricht unter seiner Kutte hervor und zeigte ihnen das Siegel seines Abtes woraufhin er eingelassen und von einem der beiden Wachen zum Camerlengo geleitet wurde, der vor der Tür zum Schlafgemach des Papstes saß.

      „Ihr habt Neuigkeiten aus dem Norden, wie ich höre“, wurde er von diesem begrüßt nachdem die Wache berichtet hatte, wer Marcus war und was er dabei hatte. „Aber zu unserem Vater kann ich euch heute nicht mehr durchlassen, er schläft bereits. Tut mir leid“, sagte der Camerlengo mit einem leicht respektlosen Unterton in der Stimme.

      „Wer ist das?“, hörte man eine gebrechliche Stimme aus dem Inneren des Schlafgemaches des Papstes rufen. Es konnte sich dabei nur um den heiligen Vater selbst handeln.

      „Ein Bote aus dem Norden!“, antwortete der Camerlengo widerwillig, weil er ahnte was folgen würde. Und so kam es auch.

      „Lasst ihn herein, sofort!“, forderte die Stimme. Aus dem Norden! Mehr brauchte Honorius nicht zu hören, um zu wissen, woher genau der Bote kam und was der Wahrscheinlichste Grund dafür war.

      Widerstrebend führte der Camerlengo Marcus hinein. Honorius lag in seinem Bett. Er war blass wie eine Kalkwand und dünn wie ein Skelett. Die Haut war so faltig, wie ein Stück Papier, das zerknüllt worden war. Es war kurz vor Mitternacht.

      „Was habt ihr?“, fragte der Papst mit seiner kraftlosen Stimme.

      Marcus zog das gerollte Papier über den Kopf und hielt ihm wortlos die Nachricht von Rigidius hin. Der Papst nahm sie an sich und entfaltete sie, was ihm sichtlich Schwierigkeiten bereitete. Der Camerlengo wollte ihm zu Hilfe kommen, doch der Papst bedeutete ihm mit einer kurzen Geste, das er keine Hilfe bräuchte.

      Mit wachsendem Interesse las Honorius die Nachricht, seine Augen weiteten sich dabei immer mehr. Als er fertig war faltete er die Nachricht zusammen und legte sie beiseite .

      „Gebt mir bitte etwas zu schreiben“, bat er Marcus. Marcus reichte ihm die notwendigen Utensilien vom Schreibtisch. Der Papst schrieb mit zitternden Fingern. Ob das an einer gewissen Aufregung, oder an seinem Gesundheitszustand lag konnte man nicht sagen. Dann faltete er seine soeben geschriebene Nachricht zusammen, versah sie noch mit seinem eigenen Siegel, dem Fischerring und gab sie Marcus. „Bringe dies deinem Abt!“, forderte er Marcus auf. „Geht rasch, es eilt.“

      Marcus verbeugte sich und verließ den Papst, den Petersdom, Rom und machte sich auf den Rückweg zu seinem Kloster, um Rigidius die Nachricht zu überbringen.

      Honorius hatte einen zufriedenen Gesichtsausdruck, als er sich wieder in seine Kissen legte. Ein leichtes Lächeln huschte über sein Antlitz. Der Camerlengo stand neben dem Bett des Papstes und wirkte ratlos. Er hatte keine Ahnung was in der Nachricht stand, weil Honorius ihm auftrug diese in den Kamin zu werfen. Aber er konnte sich seinen Teil denken. Doch er würde niemals erfahren, ob seine Annahme stimmte.

      Denn der heilige Vater schlief mit diesem lächelnden Ausdruck im Gesicht ein, für immer.

      Papst Honorius verstarb an diesem frühen Montagmorgen, nur wenige Sekunden nach Mitternacht, kurz nachdem Marcus ihn verlassen hatte.

      1

      Paris

      Samstag, 11. September

      Etienne Chavalier, siebenunddreißig Jahre alt, spazierte gemütlich durch den weltgrößten Park im Nordwesten der französischen

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