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glänzten in goldenem Braun. Nic schüttelte skeptisch den Kopf und fragte sich, ob es wohl an dem Wasser der Farm lag, das ihr Äußeres sich so verbesserte.

      Gutgelaunt ging ihr die Arbeit an diesem Tag viel leichter von der Hand. Um das Heu von der Wiese in den Stall zu bekommen, hatte sie es zu handlichen Bündeln zusammengebunden und es auf eine alte Holzkarre geworfen. Großmutter hatte auf der Farm wie vor hundert Jahren gearbeitet, sie hatte sich immer geweigert, Maschinen einzusetzen. Am Nachmittag kamen aus dem Nichts große Gewitterwolken, sie musste sich beeilen.

      Als sie die alte Karre bewegen wollte, stellte sie fest, dass er beladen viel zu schwer für sie war. Hilflos schaute sie sich um. »So ein verdammter Mist! «, fluchte sie laut, »ich kann doch nicht die ganzen Bündel einzeln in den Stall tragen. «

      Der große schwarze Hengst stand am Gatter seiner Koppel und schaute zu ihr. Als Nics Blick an ihm hängenblieb, wieherte er laut und stampfte mit den Vorderhufen. Fast kam es ihr so vor, als würde er rufen: »Hey, ich bin auch noch da, lass mich helfen. « Warum nicht, fragte sich Nic und ging zu ihm. Als sie das Gatter öffnete, galoppierte er an ihr vorbei und stellte sich wie selbstverständlich vor die Karre. Sie hielt die hölzerne Deichsel vor seine Brust, und, wie auf Befehl, zog das Pferd die Karre in die Scheune.

      Als die ersten großen Regentropfen fielen, hatten sie das Heu schon im Stall. Nic holte noch die anderen Tiere von der Weide und war froh, heute nicht in die Stadt gefahren zu sein. Sie nutzte den Rest des Tages, um das Haus aufzuräumen und endlich auch die Wäsche zu waschen.

      Als sie am nächsten Nachmittag das Café betrat, wartete Onkel Luis, schon an einem Tisch sitzend, auf sie. Er sprang auf und drückte sie fest an sich. »Mein Gott, Mädchen, du siehst aber gut aus«, rief er überschwänglich. Er zauberte einen Blumenstrauß hervor und legte eine kleine Schmuckschachtel dazu. »Ist das für mich? «, fragte sie begeistert. »Ja, mein Liebes, ich wollt mich für den Patzer am Telefon entschuldigen«, sagte er.

      Freudig öffnete Nic die Schachtel - vor ihr lag eine zarte Kette mit einem goldenen Herzen.

      »Oh, die ist aber schön! «, hauchte sie ergriffen. »Komm, ich lege sie dir gleich an«, meinte Onkel Luis mit glänzenden Augen. Einige Minuten später begann Nics Magen zu knurren. Luis tätschelte ihre Hand und meinte: »Lass uns schnell Kuchen bestellen, ich habe sowieso das Gefühl, als hättest du ganz schön abgenommen. «

      Leider war es mit einem Stück Kuchen nicht getan. Als die Bedienung das vierte Stück mit einem missbilligenden Blick vor ihr abstellte, schämte sich Nic doch sehr. Sie versuchte, langsam zu essen, doch aber auch nach diesem Stück Kuchen hatte sie das Gefühl, noch immer nicht satt zu sein. Onkel Luis hatte ihr begeistert beim Essen zugesehen, dann fragte er: »Wie ist das mit der Farm, willst du sie immer noch verkaufen? « Nic zuckte mit den Schultern und nuschelte mit vollem Mund:

      »Weiß nicht so genau. « Luis lächelte verschlagen und meinte: »Ich sag dir, was wir jetzt machen: ich kauf uns noch ein paar Stückchen als Wegzehrung, dann fahren wir zur Farm raus. Ich fahre, du kannst die alte Klapperkiste von deiner Großmutter hier stehenlassen, wir holen sie die Tage ab. Ich möchte mir das alles wenigstens mal anschauen. «

      Nic war das alles irgendwie egal, in ihrem Kopf drehte sich plötzlich alles nur noch um Kuchen und Essen. Sie zuckte wieder nur mit den Schultern und kaute weiter. Als Luis an der Kuchentheke stand, betrachtete ein Teil von ihr sich ihn genauer. Er war wirklich eine seltsame Erscheinung. Wie sie es kannte, war er nur in Schwarz gekleidet. Er war ein Stück kleiner als Nic, schob aber einen enormen Bauch vor sich her. Seine schwarzen Haare klebten ölig an seinem Schädel, und um seine vordere Glatze zu bedecken, hatte er sie von der linken Seite zur rechten herüber gekämmt. Seine Augen waren klein, schwarz und listig. Er hatte Hängebacken wie eine Dogge; und die etwas weiter vorgeschobene Unterlippe war ständig feucht von Speichel.

      Wie immer trug er seinen ausgefallenen Spazierstock mit sich, das Holz war vielfach um sich selbst gedreht. Der silberne Knauf war geformt wie ein Drachenkopf, auf dem sich seltsame Zeichen und Symbole befanden.

      Der andere, hungrige Teil von Nic sah wieder auf den Teller und stellte erschrocken fest, dass sie soeben das letzte Stück Kuchen in den Mund schob. Onkel Luis hatte eine große Tüte in der Hand als er zurück an den Tisch trat. »Komm, mein Täubchen, lass uns fahren. «

      Bis sie die Farm erreichten, hatte Nic noch drei weitere Stückchen verdrückt. Trotz ihrer Fresssucht erinnerte sie sich an ihr Versprechen, das sie ihrer Großmutter gegeben hatte. Sie hörte förmlich ihre Worte, »lass Luis auf keinen Fall ins Haus; alles was er dir schenkt, lass vor der Tür. « Nic überlegte angestrengt, welchen Sinn das haben sollte. Onkel Luis streckte die Hand nach ihr aus und sie ließ sich mitziehen. Er sagte: »Ich will mir erst mal die Stallungen ansehen. « Als er das große Tor aufschob und die Tiere ihn sahen, veränderten sie ihr Verhalten. Die Kuh machte sich klein und drängte sich ängstlich an die Holzwand, an deren anderer Seite der große schwarze Hengst stand. Der Hengst legte die Ohren flach an den Kopf und bleckte die Zähne, als er Luis sah. Unruhig stampfte er in der Box und versuchte, nach ihm zu schnappen. Unbeirrt ging Luis weiter. Als er vor den Schweinen stand, zogen sich diese in die hinterste Ecke zurück - dicht aneinandergedrängt schienen sie vor Angst fast zu zittern.

      »Gott, Kind, was willst du denn mit den Viechern«, stöhnte Luis, »die machen doch nur Arbeit.

      Also, wenn ich die Farm kaufen sollte, gehen die gleich am nächsten Tag zum Schlachter. «

      Nic wäre vor Schreck das Stückchen fast aus der Hand gefallen, an dem sie gerade genüsslich nagte. Die Schafe, die sich sonst in vornehmer Zurückhaltung übten, sprangen, als Luis sich über den Verschlag beugte, in ihrem Stall hoch und versuchten, ihm mit ihrer Stirn einen Hieb zu versetzen. Die Hühner waren auf einmal ganz verschwunden.

      Nic war wie in Trance. Als sie den Stall verließen, schnappte der Hengst nach ihr.

      »Au, verdammt, das tut jetzt aber weh! «, rief sie erschrocken. »Was ist denn in dich gefahren! «,

      schimpfte sie mit dem Pferd. Sie rieb sich die schmerzende Stelle. Es war aber der Schmerz, der sie in die Realität zurückholte. Luis war schon voraus in Richtung Haus gelaufen. Sie musste sich beeilen, um ihn einzuholen. »Warte auf mich, Onkel Luis, ich kann dir die Farm nicht verkaufen! «, rief sie.

      Er blieb, wie vom Donner gerührt, stehen und drehte sich langsam zu ihr um, jede Freundlichkeit war aus seinem Gesicht gewichen. »Was sagst du da? «, fragte er scharf. Nic begann zu stottern.

      »Ich kann nicht verkaufen, weil, weil«, sie überlegte fieberhaft, »morgen kommt der Notar von

      Großmutter. Ich muss erst warten, was er zu sagen hat. « Sie wusste, dass das etwas dünn klang. Luis lächelte wieder.

      »Ach, papperlapapp! «, sagte er. »Da du die Farm so oder so an mich verkaufst, kann ich sie mir ja

      auch heute schon genau ansehen«, stellte er fest.

      Er drehte sich um und ging weiter auf das Haus zu. In Nics Kopf hämmerten jetzt wieder Großmutters Worte, »lass Luis auf keinen Fall ins Haus. «

      Plötzlich begann sich alles zu drehen, sie rief nach Onkel Luis. »Was ist denn jetzt schon wieder? «, meinte er unwillig und drehte sich erneut zu ihr um. Nic wurde übel, sie hatte das Gefühl, sich jeden Augenblick erbrechen zu müssen. In dem ganzen Chaos bildete sie sich ein, auf dem Boden um das Haus kleine blaue Flämmchen zu sehen. Nic sah, wie sie auf Onkel Luis zuschossen, über seine Schuhe krochen und an seinen Hosenbeinen leckten. »Ich fantasiere«, sagte sie zu sich selbst, ihr Kopf fühlte sich an, als sei ihr Gehirn aus Watte.

      Luis war außer sich vor Wut; die Alte hatte sich die Kraftlinien zunutze gemacht - das machte die ganze Sache sehr viel schwieriger als gedacht. Nun, er würde schon noch einen Weg finden, um in das Haus zu gelangen, wenn nicht heute, dann ein anderes Mal. Schlechtgelaunt eilte er zu Nic und zerrte sie mit sich. Auf der Veranda ließ er sie recht unsanft in einen Stuhl plumpsen. Er hatte es nun sehr eilig, zu verschwinden, denn, je näher er am Haus war, umso höher und schmerzhafter leckten die blauen Flammen an ihm. Die Kraftlinien würden Ruhe geben, wenn Nic ihn in das Haus einlud. Schon fast im Gehen fragte er:

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