ТОП просматриваемых книг сайта:
Die Sagen und Volksmärchen der Deutschen. Friedrich Gottschalck
Читать онлайн.Название Die Sagen und Volksmärchen der Deutschen
Год выпуска 0
isbn 9783750214132
Автор произведения Friedrich Gottschalck
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
Ein bei ihm dienendes Mädchen erwachte einst mitten
in der Nacht. Sie sah ihr Kämmerlein durch das
Mondlicht erhellt, glaubte, der Tag breche schon an,
und erschrack gewaltig, daß sie vielleicht die Zeit verschlafen
habe. In wenigen Minuten hatte sie sich angekleidet,
und schlich nun leise, damit es der Herr
nicht hören sollte, zur Küche, um Feuer anzumachen.
Sie pickte, und pickte, aber Zunder, Stahl und Stein
versagten ihr hartnäckig den Dienst. Von ungefähr
fällt ihr Blick auf das Küchenfenster, und – da glüht
ihr drüben von der andern Seite des Berges her ein
helles Kohlenfeuer entgegen. Zwar fällt es ihr auf, wo
das Feuer da an den grünen Berg hinkomme; indessen
hält sie die Gelegenheit für gut, sich gleich Feuer zu
verschaffen, wirft das Feuerzeug weg ergreift eine
hölzerne Mulde, und geht hin nach der Stelle, um sich
Kohlen zu holen.
Als sie näher kommt, sieht sie, daß Männer mit
sonderbaren Gesichtszügen, und in einer längst veralteten
Tracht, sich um das Feuer schweigend und unbeweglich
gelagert haben. Dreist von Natur, und weder
was Arges ahndend noch wollend, läßt sie sich durch
diese Erscheinung nicht irre machen, geht darauf zu,
füllt rasch ihr Gefäß mit den vollglühenden Kohlen,
eilt nach der Mühle zurück, und ist froh, auf diese
Weise gleich viel Feuer auf einmal erlangt zu haben.
Kaum aber hat sie die Kohlen auf den Heerd geschüttet,
und sich nach Holz niedergebückt, als sie
auch alle schon wieder erloschen sind. Sie wundert
und ärgert sich darüber, bläst und bläst, daß sie ganz
außer Athem kommt, aber, nichts da – die Kohlen
sind todt und bleiben todt. Schnell nimmt sie das
Gefäß, eilt wieder hinaus, um frische Kohlen zu
holen, und sucht sich nun die größten und glühendsten
aus, denkend: die werden doch glühend bleiben.
Aber kaum liegen diese auf dem Heerde, so sind sie
auch schon wieder schwarz und todt. Unbegreiflich ist
ihr dieß abermalige Erlöschen. Sie schüttelt den Kopf,
ist unschlüssig, was sie thun soll, geht indessen zum
dritten Mal hinaus, Kohlen zu holen, doch mit dem
festen Vorsatze, zum letzten Male. Wie die beiden ersten
Male, füllt sie furchtlos ihr Gefäß mit den besten
Kohlen an; aber, indem sie sich umdreht, zurück zu
gehen, hört sie hinter sich mit drohender Stimme
rufen:
»Nun komm nicht wieder!«
Von Furcht plötzlich ergriffen, läuft sie hastig der
Mühle zu, und wirft mit einem heimlichen Schauder
die Kohlen auf den Heerd, welche, wie die vorigen,
im Nu verlöschen. Eiskalt läuft es ihr über den ganzen
Leib, sie zittert und blickt scheu und bange durch
das Küchenfenster nach dem Feuer hin. Das dauert
ungefähr zwei Minuten, da fängt die Thurmuhr in der
Stadt an zu schlagen. Sie schlägt und schlägt eine
lange Reihe. Jetzt ertönt der letzte, der zwölfte
Schlag, und – weg ist das hellglühende Kohlenfeuer,
weg sind die seltsamen Gestalten, nicht eine Spur
davon ist noch sichtbar.
Von den Schrecken der Mitternacht ergriffen, von
den Schauern der Geisterwelt angeweht, eilt sie aus
der Küche, ihrem Kämmerlein zu, verbirgt sich tief in
ihr Bette, zittert und bebt, und schläft endlich, von der
ungewöhnlichen Spannung ermüdet, ein.
Am andern Morgen erwacht zuerst der Müller. Da
noch Alles im Hause schläft, so geht er in die Küche,
um selbst Feuer anzumachen. Aber wie erstaunt er,
als es ihm vom Heerde wie lauter Gold entgegenstrahlt.
Er untersucht, und findet – pure gediegene
Goldstücke.
Ob er dem unschuldigen Dienstmädchen, das ihn in
argloser Einfalt so reichlich beschenkte, dankbar
ward, das verschweigt die Sage; aber seitdem stieg
ein schönes großes Mühlengebäude auf dem Grunde
des alten ärmlichen hervor, und der Besitzer war nun
ein reicher, reicher Mann.
* * *
Aus mündlichen Ueberlieferungen.
Fußnoten
1 4 Meilen von Halberstadt.
Die Tanzwiese.
In eben dem Thale bei Aschersleben liegt eine Wiese,
die Tanzwiese genannt, zu deren Namens-Erklärung
man folgende Sage hat.
In diesem friedlichen Thale versammelten, vor
Jahrhunderten, sich oft, an schönen Sommerabenden,
die blühenden Töchter der benachbarten Stadt, um
sich mit Tanzen zu belustigen. Besonders pflegten
hier, auf der rings umschlossenen Wiese, die Bräute
in den nächsten Tagen vor der Hochzeit mit den Gespielinnen
ihrer Jugend, deren Kreis sie nun bald verlassen
sollten, zu tanzen.
Lange blieb diese schuldlose Freude ungestört, bis
die benachbarte Raubburg auch diese Bürgerfeste unterbrach.
Einst tanzten hier, am zweiten Vorabend der Hochzeit
einer reich ausgestatteten Braut, viele geladene
Jungfrauen, bis spät in die Nacht, welche der Vollmond
erhellte. Gegen Mitternacht brach die jubelnde
Schaar auf, um tanzend und singend heim zu kehren.
Doch nicht alle der Geladenen kehrten zurück. Zwei
der blühendsten Dirnen wurden in den elterlichen
Häusern vermißt, und fanden sich, alles heimlichen
Forschens und Suchens ungeachtet, nicht wieder.
Nach einigen Stunden vergeblichen Harrens verbreite-
te sich Bestürzung über viele benachbarte Häuser,
und die Sorge hielt manches weinende Auge wach.
Auch die Rache entbrannte; denn Viele ahndeten
schon, durch ähnliche Unbildung dazu berechtigt,
eine, unter Begünstigung der Nacht und des