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und gedemütigt worden wäre, würde ich mein Männerbild echt überdenken. Dennoch war es der Platz, der am weitesten von der Tür entfernt war. Hatten sie Angst, dass ich weglaufen würde?

      Ich lies mich auf den Sessel fallen und bereute es im selben Augenblick. Mein Hintern meldete sich sofort und beschwerte sich. Ich verzog das Gesicht, bemühte mich aber keinen Laut von mir zu geben.

      Meine beiden Begleiter lachten sich eins ins Fäustchen.

      „Selbst schuld“, Dominik lachte immer noch.

      „Wie soll ich dann heute den Nachmittag überstehen?“, fragte ich mit hochgezogenen Augenbrauen.

      „Glaub mir, wir haben genügend Pölster in der Firma.“

      Ich hatte nicht gewusst, dass Dominik eine menschliche Seite auch hatte. Beim Mittagessen entwickelte sich ein nettes Gespräch über mein Studium und Dr. Schneller. Es stellte sich heraus, dass er auch Markus vor ein paar Jahren empfohlen hatte. Als er mich dieses Jahr empfohlen hatte, standen sie das erste Mal vor einem Problem. Ich war die erste Frau, die jemals eine Empfehlung erhielt. Das stellte die Firma vor eine neue Herausforderung und ich bin so zu sagen ein Experiment. Den Sexismus hinter der ganzen Situation muss ich wohl nicht extra erwähnen. Eigentlich ist die ganze Situation Wahnsinn. In einem schönen Restaurant sitze ich mit zwei Psychopathen, führe ein nettes Gespräch und esse nebenbei eine echt gute Pizza. Eigentlich sollte ich mein Messer nehmen und alle zwei abstechen oder zumindest weglaufen. Aber ich fühlte mich momentan echt wohl bei den beiden und das machte mir ziemlich große Angst.

      Nachdem wir das Essen beendet hatten, standen beide auf und warteten darauf, dass ich es ihnen gleich tat. Verwirrst schaute ich sie an:

      „Wie wäre es mit bezahlen?“

      Wieder lachten beide und ich verstand zum dritten Mal nicht wieso.

      Dominik sagte: „Steh auf, wir gehen.“ Freundlich, aber bestimmt. Ohne weiter zu hinterfragen, stand ich auf. Markus und Dominik grüßten beim Hinausgehen und wir machten uns auf den Weg zurück zur Agentur.

      Im Büro angekommen freute ich mich auf meinen Schreibtischsessel. Meine Füße brachten mich um und ich nahm mir vor, morgen flache Schuhe mitzunehmen, falls wir wieder irgendwo hingingen. Oder ich nehme mir einfach Essen mit, dann brauche ich nirgends hinzugehen. Ich steuerte auf meinen Sessel zu und zog ihn heraus.

      „Warte!“, Markus Warnung kam zu spät.

      Ich ließ mich auf meinen Hintern fallen. Derselbe Fehler wie zuvor im Restaurant. Ich verzog wieder das Gesicht und Markus lachte mich einfach nur aus:

      „Ich hab´ dich ja gewarnt.“

      Als ich ihn wieder anblickte, hatte er schon einen Polster in der Hand und reichte ihn mir.

      „Danke“

      Den restlichen Nachmittag über erklärte mir Markus endlich, was meine Aufgaben sind. Ich bin sozusagen eine Mischung aus seiner Sekretärin und seiner Assistentin, aber damit kann ich gut leben. Das Gehalt stimmt auch, also keine weiteren Beschwerden. Abgesehen davon habe ich eh keine andere Wahl.

      Die Zeit am Nachmittag verging wie im Flug, als plötzlich die Tür aufging und Johann hereinkam.

      „Hallo meine zwei Lieben. Wie geht es euch? Alles gut? Ich hoffe ihr kommt gut miteinander aus. Markus, wie sieht es aus? Können wir zufrieden sein mit Dominiks Auswahl?“, wie kann ein Mensch so schnell reden?

      Markus stand auf und begrüßte Johann.

      „Hallo Chef! Alles in bester Ordnung. Ich kann mich nicht über sie beschweren. Dominik hat eine gute Wahl getroffen.“

      Johann wandte sich an mich:

      „Ava, was meinen Sie? Sind sie zufrieden mit ihren Vorgesetzten?“

      Was soll ich jetzt sagen? Weiß er was in seiner Firma vorgeht? Oder hat Dominik das alles etabliert ohne, dass Johann etwas davon mitbekommen hat?

      „Ich kann mich da nur anschließen. Keine Beschwerden, Chef.“

      „Sehr gut, sehr gut. Ich hoffe, dass geht so weiter. Ich verlasse mich auf Sie beide.“ So schnell wie Johann gekommen war, war er auch schon wieder weg. Mein Blick ruhte noch weiter auf der Tür. Würde sie jetzt aufgehen, wenn ich es versuchen würde?

      Markus dürfte meinen Blick beobachtet haben:

      „Du kannst ja probieren, ob du sie jetzt aufbekommst“, wer wird denn hier verspielt werden?

      „Das bisschen Stolz, das ihr mir noch gelassen habt, hindert mich gerade daran.“

      Markus lachte und ging wieder an die Arbeit. So schlecht war es gar nicht mit ihm, solange er sich so wie jetzt verhielt. Blieb das so, solange ich die Regeln nicht brach?

      In meine Arbeit vertieft, ging ich meinen Gedanken nicht weiter nach und konzentrierte mich auf meinen Bildschirm.

      Wenige Minuten später stürmte Dominik herein. Seinem Gesichtsausdruck nach, war der freundliche Mensch vom Mittagessen wieder verschwunden und sein inneres Arschloch war wieder anwesend. Seine Augen wirkten fast schwarz, ohne den goldenen Unterton. Er schrie förmlich:

      „Was wollte mein Vater hier? Was hat sie ihm gesagt?“

      Markus stand auf und ging zu ihm:

      „Beruhig dich. Sie hat nichts Falsches gesagt. Ich war auch überrascht als er hereinkam, aber kein Grund zur Sorge.“

      Dominik entspannte sich sichtlich. Aber jetzt hatte ich Gewissheit. Johann hatte keine Ahnung, was in seiner Firma so vor sich ging und nach Dominiks Verhalten gerade sollte das seiner Meinung nach auch so bleiben. Ich hatte gerade seinen Schwachpunkt gefunden. Sein Vater. Ein wohlwissendes Grinsen erschien auf meinem Gesicht.

      Auch Dominik erkannte in diesem Moment, dass er seinen wunden Punkt preisgegeben hat. Die Erleichterung von eben war verschwunden. Er stürmte auf mich zu, packte meinen Schreibtischsessel bei den beiden Armlehnen und schob mich inklusive Sessel gegen das Fenster.

      Seine Stimme war nur ein leises Zischen.

      „Ein einziges Wort zu meinem Vater und ich mache dich fertig. Sag einen falschen Ton und ich schwöre dir, die Prozedur von vorhin war eine Streicheleinheit.“

      Das Blut zischte in meinen Ohren, mein Herz hämmerte in meiner Brust. Ich glaube ihm jedes einzelne Wort. Meine Atmung ging stoßweise. Mit weitaufgerissenen Augen starrte ich Dominik an, brachte aber kein Wort heraus. Ich hatte vorher schon Angst vor ihm, jetzt waren wir knapp vor der Todesangst.

      Ohne eine Antwort von mir abzuwarten, zog er meinen Schreibtischsessel wieder an seinen Ausgangsort, gab ihm noch Schwung, sodass ich mich einmal im Kreis drehte und war im selben Moment schon wieder bei der Tür draußen.

      Nach ein paar Sekunden war ich wieder bei mir und suchte Markus Blick.

      „Habe ich etwas falsch gemacht?“, fragte ich vorsichtig.

      „Du hättest nicht grinsen sollen. Aber weil du Johann die richtige Antwort gegeben hast, werde ich das einmal durchgehen lassen. Gewöhn dich nicht daran“, Markus versuchte zwar streng zu klingen, aber der leicht amüsierte Unterton war nicht zu überhören.

      Der restliche Tag verlief ohne Zwischenfälle und kurz vor 17 Uhr packte ich meine Sachen und wollte mich gerade von Markus verabschieden, als er ebenfalls aufstand und sich mir in den Weg stellte.

      „Was machst du?“, er klang nicht gerade begeistert.

      „Ähm, nach Hause gehen? Es ist 17 Uhr.“

      „So läuft das hier nicht, Kleines.“

      „Und wie dann?“, jetzt kam sicher die nächste dämliche Regel. Innerlich verdrehte ich die Augen.

      Markus lies mich nicht lange warten: „Ich entscheide, wann du nach Hause gehst. Meistens wird es 17 Uhr sein. Dennoch möchte ich, dass du mich darum bittest.“

      „Damit mein letztes bisschen Würde auch noch weg ist oder wie?“,

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