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Staffage ist sicher Marvels Werk.“

      Aber ob die „Staffage“ nun lächerlich war oder nicht, sie sah aus wie eine Lilie zwischen Mohn- und Sonnenblumen. Hatte Lord Mount Severn recht, als er ihr vorwarf, sie habe sich aus Selbstsucht so gekleidet? Sehr wahrscheinlich, denn hat der große Prediger nicht gesagt, Kindheit und Jugend seien Eitelkeit?

      Miss Carlyle, der Richter und Barbara hatten ebenfalls Plätze in der Nähe des Orchesters, denn Miss Carlyle war in West Lynne eine Person, auf die man Rücksicht nehmen musste, und versteckte sich nicht hinter anderen. Mr. Carlyle dagegen zog es vor, sich den Gentlemen anzuschließen, die an der Tür innen und außen zusammenstanden. Mittlerweile war im Saal kaum noch ein Stehplatz frei; Mr. Kane hatte erwartungsgemäß gute Einnahmen; der arme Mann hätte Lady Isabel anbeten können, wusste er doch, dass er es ihr zu verdanken hatte.

      Es war ein langes Konzert – was auf Landkonzerte allgemein zutrifft –, und als es ungefähr zu drei Vierteln vorüber war, konnte man sehen, wie ein gepuderter Kopf, größer als jeder Blumenkohl, hinter der Gruppe der Gentlemen die Treppe heraufkam; als der zugehörige Körper vollständig zu sehen war, stellte sich heraus, dass der Kopf zu einem der Lakaien des Lord Mount Severn gehörte. Schon die in Seidenstrümpfe eingeschlossenen Waden waren ein sehenswerter Anblick; und diese Waden begaben sich mit einer missbilligenden Verbeugung gegenüber den Gentlemen, zwischen denen sie hindurchsteuern mussten, in den Konzertsaal. Dort kamen sie zum Stillstand, der Blumenkohl streckte sich nach vorn und drehte sich von rechts nach links.

      „He, ich bin auch noch da!“, rief ein verärgerter alter Fuchsjäger, der einen Ellenbogen des Lakaien abbekommen hatte. „Was solche Burschen doch für eine Frechheit besitzen!“

      Der fragliche Bursche war aber nicht gekommen, um in diesem Augenblick ein großes Maß an Frechheit an den Tag zu legen; vielmehr blickte er verwirrt, demütig und unbehaglich drein. Plötzlich fiel sein Blick auf Mr. Carlyle, und sein Gesicht hellte sich auf.

      „Ich bitte um Verzeihung, Sir; könnten Sie mich vielleicht in Kenntnis setzen, an welcher Stelle meine junge Lady sitzt?“

      „Am anderen Ende des Saales in der Nähe des Orchesters.“

      „Dann weiß ich ganz sicher nicht, wie ich zu ihr kommen soll“, gab der Mann mehr im Selbstgespräch als zu Mr. Carlyle zurück. „Der Saal ist proppenvoll, und ich dränge mich nicht gern durch. Meinem Herrn geht es beunruhigend viel schlechter, Sir“, erklärte er in demütigem Ton. „Es steht zu fürchten, dass er stirbt.“

      Mr. Carlyle war schmerzlich beunruhigt.

      „Seine Schmerzensschreie waren entsetzlich, Sir. Mr. Wainwright und ein anderer Doktor aus West Lynne sind bei ihm, und ein Eilbote soll aus Lynneboroʼ weitere Ärzte holen. Mrs. Mason hat gesagt, wir sollen meine junge Lady sofort nach Hause bringen und keinen Augenblick verlieren; wir haben auch den Wagen mitgebracht Sir, und Wells hat seine Pferde den ganzen Weg galoppieren lassen.“

      „Ich bringe Lady Isabel zu Ihnen“, sagte Mr. Carlyle.

      „Ich werde Ihnen mit Sicherheit immer zu Dank verpflichtet sein, wenn sie das tun“, gab der Mann zurück.

      Mr. Carlyle bahnte sich den Weg durch den Konzertsaal – er war groß und schlank; viele Blicke trafen ihn wie Dolche, denn gerade gab eine Dame aus London ein pathetisches Lied zum Besten. Er kümmerte sich um niemanden und stand kurz darauf vor Isabel.

      „Ich hatte nicht geglaubt, dass Sie heute Abend kommen und mit mir sprechen“, sagte sie. „Ist das nicht ein großartiger Saal? Ich freue mich so!“

      „Mehr als großartig, Lady Isabel.“ Er wählte seine Worte sorgfältig, um sie nicht zu beunruhigen. „Lord Mount Severn fühlt sich nicht wohl und hat den Wagen für Sie geschickt.“

      „Papa fühlt sich nicht wohl!“, rief sie hastig aus.

      „Nicht sehr. Jedenfalls wünscht er, dass Sie nach Hause kommen. Würden Sie erlauben, dass ich Sie durch den Saal führe?“

      „Ach, mein lieber, rücksichtsvoller Papa!“, lachte sie. „Er fürchtet, ich könne der Musik überdrüssig sein, und will mich vor der Zeit befreien. Ich danke Ihnen, Mr. Carlyle, aber ich werde bis zum Ende bleiben.“

      „Nein, nein, Lady Isabel, so ist es nicht. Es geht Lord Mount Severn tatsächlich schlechter.“

      Ihre Miene wurde ernst; aber beunruhigt war sie nicht. „Nun gut. Wenn das Lied zu Ende ist – stören Sie nicht den ganzen Saal.“

      „Ich denke, Sie sollten besser keine Zeit verlieren“, drängte er. „Kümmern Sie sich nicht um das Lied und den Saal.“

      Sie erhob sich augenblicklich und legte ihren Arm in den von Mr. Carlyle. Einige hastige Worte der Erklärung zu Mrs. Ducie, und er führte sie davon; im Saal machte man überrascht so viel Platz, wie möglich war. Viele Blicke folgten ihnen, aber keiner war neugieriger und eifriger als der von Barbara Hare. „Wohin bringt er sie?“, murmelte sie unwillkürlich.

      „Woher soll ich das wissen?“, gab Miss Corny zurück. „Barbara, Sie haben den ganzen Abend noch nichts anderes getan als herumzuzappeln; was ist in Sie gefahren? Die Leute kommen zum Zuhören zu einem Konzert, aber nicht um zu reden und zu zappeln.“

      Isabels Mantel wurde aus dem Vorraum geholt, wo sie ihn zurückgelassen hatte, und sie ging mit Mr. Carlyle die Treppe hinunter. Der Wagen war unmittelbar vor dem Eingang vorgefahren, und der Kutscher hielt die Zügel in der Hand, bereit, abzufahren. Ein Lakai – nicht derjenige, der nach oben gegangen war – riss die Wagentür auf, als er sie sah. Er war neu im Dienst, ein einfacher, gerade erst eingestellter Einheimischer vom Land. Sie nahm ihre Hand von Mr. Carlyles Arm und blieb einen Augenblick stehen, bevor sie einstieg. Dabei sah sie den Mann an.

      „Geht es Papa sehr viel schlechter?“

      „Oh ja, Mylady. Er hat schrecklich geschrien. Aber sie nehmen an, dass er noch bis morgen früh leben wird.“

      Mit einem spitzen Schrei griff sie nach dem Arm von Mr. Carlyle – griff danach, um sich im Schrecken ihrer Qual darauf zu stützen. Mr. Carlyle drängte den Mann grob weg. Am liebsten hätte er ihn der Länge nach auf das Straßenpflaster gestoßen.

      „Ach, Mr. Carlyle, warum haben Sie mir das nicht gesagt?“, schauderte sie.

      „Meine liebe Lady Isabel, ich bin betrübt, dass Sie es jetzt erfahren haben. Aber trösten Sie sich; Sie wissen ja, wie krank er oftmals ist, und möglicherweise ist das nur ein normaler Anfall. Steigen Sie ein. Ich bin zuversichtlich, dass es sich als nichts anderes erweist.“

      „Begleiten Sie mich nach Hause?“

      „Natürlich; ich lasse Sie doch nicht allein gehen.“

      Sie rückte in der Kutsche auf die andere Seite und machte ihm Platz.

      „Vielen Dank. Ich werde außen sitzen.“

      „Aber es ist eine kalte Nacht.“

      „Ach nein.“ Er schloss die Tür und nahm neben dem Kutscher Platz; der Lakai stieg hinten auf, und die Kutsche raste davon. Isabel kauerte sich in ihrer Ecke zusammen und stöhnte laut vor Ungewissheit und Hilflosigkeit.

      Der Kutscher fuhr schnell und peitschte die Pferde schon wenig später durch das Gartentor.

      Mrs. Mason, die Haushälterin, wartete an der Tür zur Diele und nahm Lady Isabel in Empfang. Mr. Carlyle half ihr beim Aussteigen und bot ihr die Stufen hinauf seinen Arm. Sie wagte kaum, eine Frage zu stellen.

      „Geht es ihm besser? Darf ich in sein Zimmer gehen?“, keuchte sie.

      Ja, dem Earl ging es besser – jedenfalls insofern, dass er ruhig und empfindungslos war. Hastig eilte sie in sein Schlafzimmer. Mr. Carlyle nahm die Haushälterin beiseite.

      „Besteht irgendeine Hoffnung?“

      „Nicht die geringste, Sir. Er liegt im Sterben.“

      Der Earl erkannte niemanden mehr; die Schmerzen waren vorerst verschwunden, und er lag ruhig

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