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und wie man meditiert.“

      Sie schaute auf Guan Tais Reaktion, weil es ihr peinlich war, vor jemandem zuzugeben, dass sie meditierte. Keine ihrer Freundinnen wusste davon. Guan Tai verzog jedoch keine Miene.

      „Du siehst eigentlich ganz anders aus als ich es mir vorgestellt habe“, sagte Mey. Guan Tai war ziemlich groß und sehr sportlich gebaut. Seine Frisur war auch sehr modern, an den Seiten hatte er ganz kurzes Haar aber einen langen etwas zur Seite gelegten Scheitel. Sein Kinn sah muskulös aus und sein Blick war stets klar und fokussiert. Er trug weiße Turnschuhe zu einer hellen Jeans und einer schwarzen Lederjacke.

      „Wie meinst du das?“

      „Ich habe eben gedacht, dass ein Daoist, der du ja vermutlich bist, weil der Meister von dir oft als Schüler spricht, etwas…naja...“ Mey suchte die passenden Worte wollte es aber nicht weiter vertiefen, „...einfach anders aussieht.“

      „Du meinst etwas weniger cool“, scherzte Guan Tai und bekam dafür von Mey einen leichten Schlag auf die Schulter.

      „Also, wenn der Meister 200 Jahre alt ist und er jedoch gleichzeitig dein Onkel ist, musst du auch schon ziemlich alt sein!“, scherzte Mey.

      „Alt! Ich bin erst 27.“

      „Hum. Und was machst du sonst so?“

      „Zurzeit studiere ich.“

      „Du studierst, bist du nicht schon etwas zu alt dafür?“, machte Mey mit ihren Späßen weiter.

      Guan Tai lächelte verlegen. „Ich bin auf einer Kung Fu Schule aufgewachsen. Seit meinem 8. Lebensjahr habe ich in der Nähe des Shaolin Tempels trainiert, später dann in Wuhan und in den Ferien kam ich oft den Onkel besuchen, der mich auch trainiert hat. Als ich die Schule verließ wollte ich unbedingt Action Star werden und ging nach Hongkong um mich dort als Stuntman zu versuchen. Der Job führt aber zwangsläufig zu Verletzungen und ich stellte fest, dass das Film Business doch nichts für mich ist. Ich habe dann sogar mit dem Gedanken gespielt das Dao zu studieren und Mönch zu werden. Mein Vater fand diese Idee aber nicht besonders gut und schlug mir vor ich solle Trainer werden oder zur Polizei gehen. Aber am liebsten wäre es ihm, wenn ich studiert hätte. Eines Tages stand dann in Wuhan der Onkel vor meiner Tür. Ich erzählte ihm von meinen unglücklichen Ausflug ins Filmgeschäft und dass ich überhaupt nichts mit dem Leben anzufangen weiß. Ich dachte er würde mich bei meinem Vorhaben Mönch zu werden unterstützen, aber das tat er nicht. Er sagte damals: Guan Tai, das Leben eines Mönchs ist nichts für dich, zumindest vorerst nicht. Dein Leben ist die Kampfkunst und Sport. Kannst du das nicht weiter studieren? Ich sagte erst mal nichts, später am Abend fiel mir jedoch ein, dass es in Wuhan eine sehr gute Universität gibt, wo man tatsächlich Sport studieren kann. Und das mach ich jetzt seit einem Jahr. Ich bin tatsächlich einer der ältesten dort aber ich kann dafür auch sagen: der in dem Film dort, der vom Dach stürzt oder der brennt, das bin ich.“

      Mey lächelte. „Also bist du zufrieden?“ Sie blickte nach vorne, nicht weit von den beiden entfernt stand ein rosafarbener Roller.

      „Ja, ich denke im Moment ist es das Richtige für mich.“

      „Das ist toll!“

      Mey blieb vor dem Roller stehen.

      „Wir sind da, dort steht mein Roller.“

      Guan Tai begutachtete den Roller.

      „Rosa, was?“

      „Der ist süß, nicht wahr?“

      „Kommst du nochmal hierher um den Onkel zu besuchen?“, fragte Guan Tai.

      „Irgendwann die Woche noch.“

      Mey stieg auf ihren Roller.

      „Sag mal ist der Meister wirklich dein Onkel?“

      „Nun ja, wir sind verwandt, es ist etwas kompliziert“, Guan Tai´s Antwort klang zwar nach einer Ausrede, aber Mey hakte nicht weiter nach. Sie startete den Roller, verabschiedete sich und dankte für die Begleitung. Dann fuhr sie los.

      „Du hast das Licht vergessen!“, rief Guan Tai hinterher. Das Licht ging an und Mey winkte und lächelte Guan Tai zu.

      Kapitel 7

      Wenn man keinen Fernseher hat und gerade keine Freunde da sind, wenn man nicht einmal Strom hat, um Licht einzuschalten und ein Buch zu lesen, dann geht man ziemlich früh ins Bett. Genau das tat Guan Tai nachdem er wieder in der Hütte angekommen war. Im Dunkeln machte er noch einige Kung Fu und Qigong Übungen und ging schon bald darauf schlafen. Am nächsten Tag holten die ersten Sonnenstrahlen den jungen Mann sehr früh aus den Federn. Er stand auf und machte gähnend einige Boxhiebe in die Luft, eine Art Morgentraining. Jedoch hörte er nach fünf, sechs, Hieben wieder auf und ging aus der Hütte geradewegs zu dem kleinen Bach, der nicht weit von der Eingangstür gemächlich dahin floss. Guan Tai wusch sich sein Gesicht mit dem kristallklaren Wasser, welches so klar und so frisch schien, dass es eine Schande wäre nicht davon zu trinken. Und es schmeckte köstlich, Guan Tai konnte nicht genug davon kriegen. Er spürte wie dieses Wasser seinen ganzen Körper wach und stark machte. Ja, das Wasser machte ihn richtig munter so dass er doch noch Lust verspürte sein morgendliches Training weiter zu führen.

      Auf einmal hörte er Schritte und das Rascheln von Kleidung hinter sich. Als er sich umdrehte sah er seinen Meister, der sich ihm näherte. Er sah aus wie immer. Dichtes dunkles Haar, buschige Augenbrauen, eine breite Nase und ein weiser Blick. -Er sieht kaum älter aus als 40, wie macht er das?-

      „Onkel!“, rief er voller Freude darüber den Mann zu sehen.

      „Guan Tai“, der Meister packte Guan Tai mit beiden Händen an den Schultern und lächelte sanft, „wie geht es dir!?“

      „Alles ist in Ordnung! Wieso hast du dieses Gewand an?“ Guan Tai sah den Meister meistens in ganz normaler Kleidung, doch heute trug er eine lange gelbe Robe und eine schwarze Kopfbedeckung. Das Gewand eines daoistischen Magiers.

      „Später“, entgegnete der Meister. „Komm gehen wir ins Haus“, er setzte sich in Bewegung und ging auf die Hütte zu. Guan Tai folgte ihm. Als der Meister die Hütte betrat, legte er eine Stofftasche ab die vor gelben Zetteln überzuquellen schien. Guan Tai folgte der Handbewegung des Meisters mit seinem Blick und wunderte sich ein wenig über das, was er in der Tasche sah.

      „Wie läuft dein Training?“, wollte der Meister schließlich wissen.

      „Sehr gut!“, sagte der Schüler munter.

      „Und meditierst du auch täglich?“

      Guan Tai zögerte etwas und kratzte sich am Kopf. „Täglich wäre etwas übertrieben…“

      „Das ist schade“, unterbrach der Meister, „aber bald wird sich das wahrscheinlich ändern. Du weißt ja, dass du nur durch einen starken Geist, einen starken Körper haben kannst. Nur der Geist lässt dich weitermachen wenn die Muskeln zittern und nicht mehr können.“

      Guan Tai nickte und zeigte sich einsichtig. Beide schwiegen einen kurzen Moment. Schließlich sollte die kleine Unterweisung des Meisters sich setzen. „Und wie geht’s dir Onkel?“, brauch Guan Tai das schweigen.

      Der Meiste lächelte und setzte sich auf den Holzstuhl. „Gut, sehr gut! Mein Geist hält meinen Körper jung.“ Er zeigte auf die Tasche mit dem gelben Papier drin, die er gerade erst abgelegt hatte. „Wie du siehst habe ich einige Talismane vorbereitet, sie werden uns bei unserer Reise behilflich sein.“

      „Welche Reise?“, wunderte sich Guan Tai, der vermutete der Meister spräche hier von einer spirituellen Reise. Vor solchen Reisen hatte Guan Tai den höchsten Respekt, denn viele waren sehr hart. Eine solche Reise hatte ihn als 8 jährigen Jungen tief in die Berge geführt, wo er allein 9 Tage hatte überleben müssen. Das war eine harte Zeit für ihn gewesen. Er hatte zwar überlebt, war danach jedoch fast zwei Wochen krank. Bei einer weiteren „Reise“ wurde er in ein dunkles Zimmer gesteckt, indem er zwei volle Tage in völliger Dunkelheit meditieren sollte,

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