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leer stand. Die Besitzer, ein älteres Ehepaar, schauten gerade Fern. Der kleine Fernseher stand einfach auf einem der Tische. Das erinnerte Wu Guan Tai an seine Großeltern, bei denen es ähnlich zuging, sie lebten förmlich in ihrem Restaurant und schauten dort auch während der Arbeit teilweise recht unsinnige Serien. Aber das Essen dort war das frischeste und beste, das er je gegessen hatte. Naja schließlich war sein Opa ja auch der Koch dort.

      Als Wu Guan Tai nun das Restaurant betrat, zog er seine Sonnenbrille aus, wobei seine braunen, mandelförmigen Augen, zum Vorschein kamen. Seine Augen strahlten eine gewisse Selbstsicherheit aus und schienen fast zu leuchten. Dieses Leuchten bemerkte selbst die Wirtin, die seinen Blick gespürt hatte und sich sofort vom Fernseher wegdrehte.

      „Kommen Sie, kommen Sie!“, die alte Frau stand auf und wies Guan Tai einen Tisch zu.

      Der schlichte weiße Tisch nah am Fernseher wurde extra für ihn noch mit einem feuchten Lumpen abgewischt. Die freundliche ältere Dame wollte Wu Guan Tai sogleich die Speisekarte reichen, er jedoch brauchte sie nicht:

      „Für mich bitte eine Portion Bao Zi mit Gemüse und eine Tasse Pu Erh Tee.“

      Die Dame lächelte ihn an, nickte und verschwand in die Küche.

      Bao Zi, mit Gemüse gefüllte Teigtaschen, aß er sehr gerne, ganz besonders wenn er unterwegs war, denn die lagen ihm gut im Magen. Der Pu Erh Tee ist die Teesorte, die sein Meister am liebsten trank. Dieser Tee ist ebenfalls sehr gut für den Magen. „Pu Erh Tee ist die ursprünglichste aller Teesorten“, pflegte sein Meister zu sagen. Wu Guan Tai war schon als Kind von den Geschichten des Meisters über seine Reisen nach Tibet entlang der Tee-Route sehr angetan. Über diese Route wurde der Pu Erh Tee in verschiedene tibetische Städte transportiert. Sein Meister war jedoch kein Händler, sondern ein Pilger, der sich den Händlern auf ihrer Reise anschloss. Bei diesen langen Wanderungen hatte der Meister sehr viel erlebt und gesehen. Allerdings sprach er nicht gern über Vergangenes und Guan Tai konnte ihn nur bei einer guten Tasse Tee dazu bringen diese Geschichten zu erzählen.

      Wu Guan Tai ließ seinen Blick durch das Restaurant wandern, der auf dem älteren Herren, der ganz gebannt in den Fernseher starrte, eine Zeitlang stehen blieb. Dann schaute er in Richtung Küche und daraufhin aus dem Fenster. Nach der langen Zugfahrt war es Ihm unglaublich langweilig geworden. Mit einem Ohr verfolgte er, was im Fernsehen lief und das weckte schließlich doch sein Interesse.

      Im Fernsehen wurde ein Nachrichtenmagazin ausgestrahlt und er hörte wiederholt das Wort Kornkreise. Guan Tai wandte sich dem Bildschirm zu.

      „Seit der gestrigen Nacht wurden weltweit mittlerweile mehr als 30 Kornkreise gemeldet…“ Diesen Satzfetzen hatte er nur kurz von der Nachrichtensprecherin vernommen und da wechselte der Sender schon das Thema.

      „Kornkreise?“, sagte Guan Tai und schaute dabei den alten Mann an.

      „Die zeigen das schon den ganzen Morgen“, erwiderte er ohne Guan Tai anzuschauen. „Angeblich sind seit gestern 30 Kornkreise in den verschiedensten Regionen der Welt gemeldet worden.“

      Der Alte drehte sich Guan Tai zu.

      „Kornkreise sind eine Art Erdzeichnungen die auf Kornfeldern entstehen, sehen aus wie die Mandalas aus Tibet. Die Fernseh-Fuzzies machen jetzt Panik darum, wer denn diese Kreise gemacht hat.“

      „Und wer hat die gemacht?“, fragte Guan Tai neugierig.

      „Na bestimmt die Reporter selber. Wenn es keine Nachrichten zu berichten gibt erfinden sie eben welche!“

      Da kam seine Frau mit Guan Tais Essen aus der Küche und rief sarkastisch:

      „Natürlich, die Reporter setzen sich in ein Flugzeug, fliegen die ganze Nacht um die Welt und mähen das Korn mit dem Rasenmäher, damit sie dir eine Geschichte präsentieren können!“

      „Das machen die doch nicht selber!“, konterte der Mann, mit seiner krächzenden Stimme, „die bezahlen Profis, die haben doch gerade erst gezeigt, dass der erste Kornkreis gestern von Spaßvögeln gemeldet wurde. Die hatten eine Spezialausrüstung dabei. Irgendwelche Stöcke, Maßbänder und Walzen mit denen sie diese Kornkreise machen um die Leute zu verwirren. Und jetzt behaupten sie, als sie dabei waren ihren Kornkreis zu machen, ist ein echter vor ihren Augen entstanden? Das kannst du doch nicht glauben, die halten doch die ganze Welt zum Narren!“

      Die alte Dame schüttelte über die Worte ihres Ehemannes nur den Kopf und wandte sich an Guan Tai. „Was halten Sie denn davon?“

      „Ich weiß nicht so recht.“

      „Lass doch den jungen Mann in Ruhe, woher soll er denn was darüber wissen, er hat doch eben erst von der Sache erfahren“, schimpfte der Greis.

      „Er ist doch sicher ein Soldat, die wissen über sowas Bescheid“, erklärte seine Ehefrau.

      „Woher willst du wissen, dass er Soldat ist?“, konterte der Alte neckisch.

      „Sieh dir doch sein Gesicht an, sein starkes Kinn, seinen aufrechten Gang, wie er sitzt, er ist sicher ein Soldat.“

      „Ich bin kein Soldat, ich trainiere bloß ein wenig Kung Fu“, stellte Guan Tai richtig.

      „Oh!“, lächelte die Dame und drehte sich wieder zu ihrem Ehemann. “Diese Kornkreise sind sicher echt!“, fing sie mit dem selben Thema wieder an.

      Und auch der Alte ließ es nicht einfach auf sich beruhen. „Du meinst doch immer recht zu haben! Der junge Mann ist aber kein Soldat und die Kornkreise sind Unfug!“

      Die beiden stritten noch eine Weile so weiter, doch Guan Tai genoss das leckere Essen und ignorierte den kindischen Streit des Ehepaares. Das Essen sollte ihm schließlich Kraft für das geben, was noch bevorstand, einen anstrengenden Weg hoch in die Berge.

      ***

      Der Bus hielt direkt an einer Straßenkreuzung und es stieg nur ein einziger Fahrgast aus. Eine Haltestelle gab es dort nicht, zumindest keine, die durch ein Schild markiert gewesen wäre. Es war auch keine echte Straßenkreuzung, sondern eher eine kleine Kreuzung zwischen einer asphaltierten Straße und einem kleinen Trampelpfad der hinauf in die Berge führte. Der Busfahrer wartete noch eine Weile, in der Annahme, dass der Ausländer, der in der Nähe am Straßenrand saß, einsteigen würde. Als der Ausländer sich nicht rührte fuhr der Bus weiter. Es war mittlerweile Spätnachmittag und Guan Tai wollte eigentlich nur noch an seinem Ziel ankommen. Der Ausländer, der am Straßenrand saß, sah jedoch wirklich verzweifelt aus und Wu Guan Tai ging schließlich doch zu ihm hinüber. –Vermutlich braucht er Hilfe und kann kein Chinesisch.- Ausländer waren im Wudang Gebirge keine Seltenheit.

      „Ni Hao!“, grüßte Guan Tai.

      „O, sorry I don´t speak Chinese”, antwortete der Ausländer betrübt.

       -eine gute Gelegenheit um Englisch zu üben.-

      „Woher kommst du?“, fragte Wu Guan Tai nun auf Englisch.

      „Du sprichst Englisch!?“, der Ausländer, strahlte plötzlich und konnte sein Glück kaum fassen. „Ich komme aus Finnland, ich glaube ich bin in den falschen Bus gestiegen“, fing der Ausländer überstürzt zu erzählen an bevor Guan Tai antworten konnte. Er kramte in seiner Tasche und holte einen Zettel hervor, auf dem etwas geschrieben stand.

      „Ich suche diese Tai Chi Schule!“, der Ausländer reichte Guan Tai den Zettel auf dem mit Pinyin Umschrift der Name einer Schule stand.

      Guan Tai schaute auf den Zettel.

      „Ja, ich kenne diese Schule, sie ist etwa 10 km von hier entfernt. Du hättest lieber ein Taxi nehmen sollen.“

      „Das habe ich schon versucht aber der Taxifahrer konnte entweder nicht lesen was auf dem Zettel stand oder kannte diese Schule nicht. Ich fuhr nicht weiter mit, ich weiß schließlich nicht ob wir überhaupt nicht komplett in die falsche fahren würden.“

      „Kein Problem, hast du einen Stift?“, Guan Tai wollte dem Ausländer den Namen der Schule mit chinesischen Zeichen aufschreiben doch ehe der

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