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Allegra genoss allerdings den Trubel, zog Salomé an ihre Seite und posierte vor den Fotografen.

      „Salomé! Hierher. Zu mir. Ist Nate wirklich in Sie verliebt?“

      „In diese Frau kann man nur verliebt sein. Vergessen Sie nicht zu schreiben, dass der Erlös aus den Fotos den Erdbebenopfern in Nepal zugutekommt!“, rief Allegra den irritierten Paparazzi zu.

      Salomé musste kichern. Gut gelaunt entkamen sie dem Trubel und winkten Conrad im Vorbeirauschen zu, bevor dieser auch nur eine Frage stellen konnte.

      Zu Salomés Erleichterung warteten am nächsten Morgen nur noch ein paar versprengte Paparazzi vor ihrem Haus und dem Bürogebäude, die sich damit zu begnügen schienen, sie nur abzulichten.

      Allegra textete vormittags begeistert, dass die meisten Zeitschriften im Zusammenhang mit dem Foto zu Spenden für die Erdbebenopfer aufriefen. Salomé rief die entsprechenden Seiten auf und tatsächlich: Sogar Salomés Engagement in diversen anderen Bereichen wurde lobend erwähnt. So hat die Sache doch noch etwas Gutes, stellte Salomé fest. Sie war dennoch erleichtert, dass die Aufregung um ihre Person in den nächsten Tagen abflaute.

      Doch die Ruhe war trügerisch.

      „Nennen Sie mich bitte Tigran.“

      Salomé blickte in die schokoladenbraunen Augen und musste zugeben, dass der armenische Arzt die Kunst des Flirtens vollendet beherrschte. Sie hatte Dr. Hagopians beharrlichem Werben nach ein paar Tagen nachgegeben und sich mit ihm zu einem Dinner verabredet. Tigran hatte sie in ein versteckt gelegenes armenisches Restaurant an der Lower East Side entführt. Salomé war nicht nur überrascht von den unbekannten, köstlichen Speisen, sondern auch darüber, dass sie sich keine einzige Sekunde in seiner Gegenwart langweilte. Tigran verstand es, in intelligenter, spritziger Art von seinem Leben zu erzählen, und war erfreut, dass Salomé durch ihr Engagement in der Stiftung, aber auch durch Allegras Berichte eine ebenbürtige Gesprächspartnerin war.

      Als sie das Restaurant verließen, legte Tigran seine Hand auf Salomés Rücken und führte sie nach draußen. Die Berührung war nicht unangenehm. Kaum hatte Salomé einen Schritt vor die Tür gemacht, ging ein Blitzlichtgewitter auf das Paar los. Instinktiv nahm Tigran Salomé in den Arm und zog sie schützend an sich.

      „Salomé. Was ist mit Nate?“

      „Salomé, wer ist der neue Lover?“

      „Salomé, bringt Nate es nicht?“

      Bevor Tigran sie in ein rasch herbeigerufenes Taxi bugsieren konnte, prasselten diese Fragen in sämtlichen Variationen auf sie nieder. Eine Weile fuhren sie schweigend durch New York. Salomé musste den Schock über diesen unerwarteten Ansturm erst einmal verarbeiten.

      „Es tut mir leid. Damit habe ich nicht gerechnet. Danke für deine Hilfe.“ Sie legte ihre Hand auf Tigrans Arm.

      Der Arzt hatte nachdenklich aus dem Fenster gestarrt. Er wandte sich ihr zu. „Wer ist Nate?“

      Salomé vergrub das Gesicht in ihren Händen und stöhnte auf.

      „Es ist nichts mit Nate. Das wünschen die sich nur.“

      „Doch nicht etwa Nate Hamilton?“

      Salomé nickte.

      „Es gab einige Fotos von der Gala in der Presse.“

      Selbst im spärlichen Licht, das im Taxi herrschte, konnte sie bemerken, wie sich Tigrans Gesichtsausdruck veränderte. Unvermittelt schnalzte er mit der Zunge.

      „Salomé. Du bist eine sehr schöne Frau. Aber bitte versteh: Ich bin Armenier.“

      Salomé hob fragend die Augenbrauen.

      „Ich kann mir in meinem Privatleben keinen Skandal erlauben.“

      „Skandal?“

      Tigran machte eine unwirsche Handbewegung. „Egal, ob du wirklich etwas mit diesem Nate hast. Allein der Eindruck, ich ginge mit einer Frau aus, die eine Liaison mit einem Hollywoodstar hat, schadet meinem Ruf.“

      Salomé war so verblüfft, dass ihr noch nicht mal ein ungläubiges Schnauben gelang. Sie atmete tief durch. Was sollte das? Glaubte dieser Mann etwa, sie habe es nötig, sich seine Moralpredigt anzuhören?

      „Ich verstehe“, antwortete sie nur knapp, obwohl sie überhaupt nichts mehr verstand. Soeben beim Dinner war er ihr als weltoffener, gebildeter und moderner Mann erschienen – und nun so ein Steinzeitverhalten.

      Tigran nickte erleichtert und wies den Taxifahrer an, zu Salomés Apartmenthaus zu fahren. Im Verlauf der weiteren Fahrt sprach keiner mehr ein Wort. Mit einem unterkühlten Nicken verabschiedeten sie sich voneinander. Im Aufzug nach oben kam endlich das ungläubige Schnauben aus Salomés Kehle, das sich in herzhaftes Lachen ausweitete. Sie war durch das Wechselbad der Gefühle so überspannt, dass sie immer noch kicherte, als sie die Haustür aufschloss. Allegra, die in Bademantel und Socken vor dem Fernseher saß, musste ein paar Minuten warten, bis ihre Freundin sich so weit gefangen hatte, um alles zu erzählen.

      Nate schaute regungslos in Carys triumphierendes Gesicht. Die kleine Frau, auch heute in einem grauen Businesskostüm mit flachen Schuhen, hatte sich vor ihm aufgebaut.

      „Hab ich’s dir nicht gesagt? Die Dame war wohl eine Nummer zu groß für dich!“ Cary fuhr sich durch das kinnlange schwarze Haar. Ihre grünen Augen blitzten ihn durch die Gläser ihrer großen Nerdbrille an.

      Nate konnte nicht antworten. Hinter seiner Stirn ratterte es. Stirnrunzelnd betrachtete er wieder die Bilder auf der Homepage der You Know?, eine von mehreren Klatschzeitungen, die die Story heute als großen Aufmacher hatten. Er unterdrückte den Impuls, Cary das Tablet aus der Hand zu schlagen. Das unterschwellige Gefühl der Eifersucht, das seit der Gala in ihm geschlummert hatte, schwappte heiß seine Kehle hoch.

      Das linke Bild zeigte eine beschwingte Salomé, die vor einem charmant grinsenden Dr. Hagopian, der vertraulich seine Hand an ihren Rücken gelegt hatte, ein Restaurant verließ. Im Bild daneben schmiegte sich Salomé in die Arme ihres Kavaliers.

      Die letzten Tage waren immer wieder Schnappschüsse von Salomé in der Klatschpresse aufgetaucht. Das erste bildete sie zusammen mit einer sich sehr ungezwungen gebenden, blond gelockten Frau ab. Weitere Aufnahmen zeigten sie beim Betreten der Bank oder vor ihrem Fitnessstudio. Nate konnte nicht leugnen, dass ihn jedes Mal ein wohliger Schauer durchrieselte, wenn er die dazugehörigen Unterschriften studierte: „Nates schöne Freundin“ oder „Sie hat sich Nate geschnappt“.

      „Schön wär’s.“ Er unterdrückte ein Seufzen.

      Nachdem das Date in New York so danebengegangen war, hatte er durch diese Klatschmeldungen wenigstens ein bisschen Anteil an ihrem Alltag. Bislang hatte er sich zurückgehalten, sie noch einmal zu kontaktieren. Er redete sich ein, es wäre besser so. Selbst Sean hatte das gesagt. Außerdem verdiente eine Frau wie Salomé es, ausgiebig umworben und nicht als Termin dazwischengequetscht zu werden. Wie sollte er das anstellen, wenn seine Tage von Cary minutiös durchgeplant waren? Besser nach dem Dreh.

      Das heutige Bild allerdings brachte diesen Entschluss ins Wanken. Panik wallte in ihm auf. Was, wenn dieser Arzt sie ihm wegschnappte?

      Nates Blick fror an Salomés entspanntem Gesicht auf der ersten Abbildung fest. Wie unglaublich gut sie aussah! Sie hatte diese hoheitsvolle Aura, die von ihrer geraden Haltung und eleganten Kleidung unterstrichen wurde. Ihre funkelnden Augen und ihr lachender Mund bildeten die herzliche Nuance, die das Gesamtbild abrundete. Nate atmete tief ein. Sie war perfekt. Perfekt für ihn. Er vermisste sie so sehr.

      Es war anhand der Aufnahme schwer zu sagen, was sie für diesen Arzt empfand. Sie wirkte auf jeden Fall glücklich. Vielleicht war es schon zu spät? Seine Kiefermuskeln spannten sich an, als er cool Carys Blick begegnete.

      „Ach, Cary. Du weißt doch, wie solche Fotos zustande kommen. Das heißt doch gar nichts.“ Nate war selbst erstaunt, wie gekonnt gelangweilt sein Tonfall klang. Das war echt

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