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Das Halsband des Kaisers. George Webb Appleton
Читать онлайн.Название Das Halsband des Kaisers
Год выпуска 0
isbn 9783754177051
Автор произведения George Webb Appleton
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
Sicherlich war es eine dunkle, lästige und beunruhigende Sache, und die langweilige Reise schien gar kein Ende zu haben. Auch sie nahm jedoch ein Ende, wie alles auf der Welt, und Hubert Darrell fühlte eine gewisse Erleichterung, als er sich wieder in Brindisi befand, in einer abmeßbaren Entfernung von England und der Wahrheit. Der Bahnhof Charing Croß dampfte in einem verfrühten und zwar sehr schmutzigen Oktobernebel, als er drei Tage später in London ankam. Ein schlechtes Omen! sagte er zu sich selbst. Es gefällt mir nicht. Ich fühle, wie das höllische klebrige Zeug mir bis ins innerste Herz kriecht. Hu! Und er schauderte. Doch sprang er, sein schwereres Gepäck im Gepäckraum lassend, ein paar Augenblicke später in eine Droschke. Upper Wimpole Street, sagte er; und als er langsam durch die schmutzigen Straßen rollte, von der klebrigen Atmosphäre wie von einem Leichentuch eingehüllt, die Gaslampen überall nur schmierig wie dunkele Safranflecke leuchtend, da hatte er mehr als je die Empfindung, daß er sich an der Schwelle irgendeiner schrecklichen Entdeckung befand.
Seinen Vater hatte er jahrelang nicht gesehen. Von ihm empfing seine Mutter ein Jahrgeld von tausend Pfund mit lebenslänglichem Nutzen von Haus und Mobiliar in der Upper Wimpole Street. Dies Jahrgeld wurde ihr vierteljährlich von dem schon erwähnten Rechtsbeistand der Familie, Herrn Benham, ausgezahlt. Hubert hatte alle seine freien Tage bei ihr zugebracht und kannte in der Tat keine andere Heimat, was er aus langer Gewohnheit als selbstverständlich ansah und worüber er nie ein Wort verlor; von ihr hatte er auch bisher einen jährlichen Zuschuß von dreihundert Pfund empfangen, der, im Falle ihres Hinscheidens, aller Wahrscheinlichkeit nach wegfiel – warum, wußte er nicht. Bis jetzt hatte er sich nie ernstlich um die Sache beunruhigt. Sehr junge Leute kümmern sich selten um Familiengeheimnisse, die ihren Komfort und ihr materielles Wohlergehen nicht in Mitleidenschaft ziehen, und er war unter den obwaltenden Umständen ganz zufrieden, mit seinem »alten Herrn«, von dem er wenig wußte und um den er sich noch weniger kümmerte, nur oberflächlich bekannt zu sein. Nun aber hatte die Sache ein anderes und düstereres Ansehen angenommen, und, er konnte dagegen ankämpfen, wie er wollte, die Ahnung wurde schwärzer und schwärzer in seinem Gemüt, daß irgendein schweres Unglück ihn am Ende seiner Reise erwartete.
Die Droschke hielt an, und als er zu dem wohlbekannten Hause emporsah, überkam ihn eine große Furcht. Ausgenommen einen schwachen Lichtschimmer über der Tür, war kein Licht zu erblicken.
Zu spät! sagte er. Ich ahnte es. Und er klopfte sacht an. Die Tür öffnete sich, und ein grauhaariger alter Diener, der seine Augen mit der Hand beschattete, schaute neugierig durch den Nebel nach ihm aus.
Hubert bemerkte, daß des alten Mannes Gesicht einen kummererfüllten Ausdruck hatte, der sich sofort in einen freudigen verwandelte, als er ihn wiedererkannte.
Herr Hubert! Sie sind wirklich willkommen! Und er nahm ihm mit munterem Eifer seinen Mantel und Hut ab. Wir erwarteten Sie nicht vor morgen, fügte er hinzu, ihn nach dem Speisezimmer führend.
Ihr erhieltet also mein Telegramm?
Ja, Herr, aus Paris, sagte Simpson und zündete das Gas an; und es war wirklich ein großer Trost und eine große Erleichterung für –
Meine Mutter?
Ja, Herr.
Gott sei Dank, dann lebt sie doch wenigstens noch!
Gerade noch, Herr, aber das ist alles, antwortete er sorgenvoll. Der Doktor meinte, sie würde die Nacht nicht überleben. Er wird sehr bald wiederkommen. Er war in Sorge wegen des schlechten Tages gestern; aber Ihr Telegramm, Herr, richtete sie auf. Sie wünschte so sehnlich, so sehnlich, Sie noch einmal zu sehen, Herr, Sie können es gar nicht glauben. Immer wieder hat sie versucht, zu schreiben, aber ihre arme Hand konnte die Feder nicht halten. Wir wollten ihr jemand holen, der es für sie täte, aber nein, davon wollte sie nichts hören. Ich glaube, es ist was sehr Wichtiges, und es ist ein Werk der Vorsehung, daß Sie zur Zeit gekommen sind, Herr. Wollen Sie jetzt heraufgehen, um sie zu sehen, Herr Hubert?
Ja, Simpson.
Und mit schwankenden Schritten stieg er die Treppe zum Sterbezimmer empor.
Eine Wärterin stand bei seinem Eintritt von einem Sessel auf. Neben ihr stand ein Tisch, auf dem eine niedriggeschraubte Lampe brannte. Ein Feuer im Kamin warf schwankende Lichter auf die dicht zugezogenen Vorhänge und die karmoisinrote Draperie des altmodischen Bettes, und auf den schneeigen Kissen lag ein weißes Antlitz in totenähnlichem, unbeweglichem Schlummer. Eine alabastergleiche Hand lag auf der Decke. Hubert bedeutete der Pflegerin durch einen Wink, fortzugehen, dann nahm er sanft die Hand in die seine, beugte sich nieder und küßte ehrfurchtsvoll die fahle Stirn.
Teure Mutter! flüsterte er. Die wachsbleichen Lippen öffneten sich, und eine flüchtige Röte verbreitete sich über ihr armes bleiches Antlitz.
Mein Sohn! murmelte sie, und er sah zwei Freudentränen sich aus ihren sehnsüchtigen Augen stehlen.
Dann wurde für die Dauer eines Augenblicks feierliche Stille im Zimmer, bis sie zuletzt durch ein ersticktes Schluchzen, das aus einem starken Mannesherzen hervorbrach, unterbrochen wurde.
Endlich, mit Anstrengung, sprach er wieder: Gott sei Dank, Mutter, daß ich hier bin!
Ja, danken wir Gott für seine Gnade! wiederholte sie schwach und fügte nach einem Augenblick hinzu: Ich konnte nicht schreiben. Ich versuchte es – sieh – meine armen Hände! Ich konnte es nicht, und ich mußte dir doch sagen – hier hielt sie wieder, um Atem zu schöpfen, inne – ich mußte dir doch sagen – daß du kein Vermögen haben wirst, mein Sohn.
Ich wußte es, sagte Hubert. Ich sorge mich nicht darum; ich erwartete es nie. Laß dich das nicht bekümmern.
Ein mattes Lächeln huschte über ihre Lippen, als sie aufsah und sagte:
Aber ich habe etwas – eine Kleinigkeit –, das wollte ich dir sagen. Schau hier her! Und der Richtung ihrer Augen folgend, sah er einen Schrank, den er von seiner frühesten Kindheit her kannte, und schritt darauf zu.
Dies? sagte er.
Ja – in dem kleinen Kasten, flüsterte sie.
Dann erinnerte er sich daran, wie durch Berühren einer unverdächtigen goldenen Verzierung an diesem Schrank auf einmal zu seiner großen Verwunderung und zu seinem Entzücken ein geheimes Kästchen aufgesprungen war.
Ich erinnere mich, sagte er, und im nächsten Augenblick war das Kästchen offen, und er fand darin nur einen Gemslederbeutel, den er ihr brachte.
Oeffne ihn, sagte sie.
Er löste etwas ungeschickt die Schnur, und es fiel ein kleiner Wasserfall von Edelsteinen heraus, die in tausend Facetten blitzten, und dann ein prächtiges Diamanthalsband, das sich auf der weißen Decke wie etwas Lebendiges aufrollte und in der Mitte einen großen blauen Stein trug, der heller als jeder Saphir war, den er je gesehen hatte.
Ein Ausbruch der Verwunderung brach von seinen Lippen.
Sie sind für dich, sagte sie; mein letztes Geschenk.
Aber ich wußte nie –
Nein; das war auch nicht nötig. Ich habe sie viele Jahre lang gehabt. Verkaufe sie. Das ist mein Wunsch. Und nun steck sie fort – in deine Tasche.
Er gehorchte, obgleich er immer noch sehr erstaunt war, und sie fuhr fort, indem ihre Stimme zu einem bloßen Flüstern herabsank:
Dein Vater ist sehr hart zu dir gewesen, mein Kind.
Er mußte sich niederbücken,