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      Wir haben eine der Wohnhöhlen für den Winter umgebaut. Eigentlich nur den Eingang vergrößert, so dass Wolfram mit seinem Geweih auch durchkommt. Den Boden haben wir mit trockenem Laub belegt, das sich schon bunt verfärbt hat. Es sieht sehr hübsch aus. Hedwig und Wolfram sind wiedergekommen, es ist der zehnte Mond und sie leben noch. Nun haben sie es im kommenden Winter gemütlich, hier bei uns.

      Alle Schüler werden über den Winter nach Hause gehen, um ihn mit ihrer Familie zu verbringen. Wir leben, nicht mehr wie früher, in großen Verbänden mit mehreren Familien, sondern meist nur eine Familie für sich, überall im Land verstreut. Das ist gut, um die Futterentnahme aus der Natur zu regeln. So wird an vielen verschiedenen Plätzen gesammelt, und nicht nur eine oder zwei Stellen restlos abgeräumt. Dieses System hat sich für uns bewährt.

      Bene kommt gerade mit Auruma und Bellusa zu Besuch, das freut mich, haben wir doch schon längere Zeit nichts mehr vom Nussbaum gehört.

      „Schwesterchen, wie geht es euch hier denn so? Vor lauter Sammeln, hatten wir gar keine Zeit zu kommen. Aber jetzt hat es geklappt, wir müssen auch dringend mal wieder aus dem See trinken.“ Ich freue mich sie gesund und munter zu sehen.

      „Bene, Auruma, Bellusa, wie geht es Euch denn? Uns geht es ausgezeichnet. Übrigens, wir haben Gäste, ich stelle sie Euch nachher vor.“ Ich umarme sie der Reihe nach.

      „Bei uns ist alles in Ordnung,“ sagt Auruma, „wir haben viele Vorräte gesammelt und die Schüler jetzt schon in die Ferien geschickt, dann können sie ihren Familien noch ein bisschen beim Sammeln helfen.“ Sie haben vier Schüler angenommen, die sie im Sammeln und Verarbeiten der Nahrung unterrichteten, diese werden ihr Wissen jetzt gut bei den eigenen Familien anwenden können.

      „Ach Maxi, ehe ich es vergesse, vor einiger Zeit war eine sehr merkwürdige Feldmaus bei uns und wollte uns von ihrem Gott erzählen. Ich war nicht besonders freundlich, das gebe ich zu, er ging mir auf die Nerven. Er sprach auch von Langlebigkeit, aber dann er hat plötzlich herumgeschrien und sich abgesetzt. Seitdem haben wir ihn nicht mehr gesehen.“ Bene hat es wohl schnell hinter sich bringen wollen, und dabei mein Gespräch mit Auruma unterbrochen.

      „Bene, wenn er nicht mehr aufgetaucht ist, mache ich mir erst einmal keine Gedanken, aber gut, dass Du es mir erzählt hast.“ Ich wende mich wieder seiner Frau zu. „Sehr gut, Auruma, so können die Schüler ihr erlerntes Wissen ihrer Familie zur Verfügung stellen. Ach ja, wollt Ihr gleich mal zum See?“ Alle nicken, und wir machen uns auf den Weg nach unten.

      Plötzlich zuckt Bellusa zusammen. Sie setzt zum Pfeifen an, aber ich unterbreche sie. Vor uns steht Hedwig und grinst schelmisch.

      „Eine neue Maus, ha, die kennt uns noch nicht, wir tun Dir nichts.“ Ich muss unwillkürlich lachen, ich liebe es, wie Hedwig sich immer ausdrückt.

      „Darf ich Euch Hedwig vorstellen, sie und ihr Mann werden den Winter hier verbringen. Sie sind einige der wenigen Hirschkäfer, die es noch gibt.“ Ich lächle Hedwig verschwörerisch zu. Bellusa hat sich aber schnell von ihrem Schreck erholt und begrüßt Hedwig freundlich.

      „Es freut mich, Dich kennen zu lernen, Hedwig. Bitte verzeih, ich habe noch nie einen Hirschkäfer gesehen.“

      „Kein Problem, „ antwortet Hedwig daraufhin, „Sei froh, dass Du nicht als erstes meinem Mann begegnet bist, der ist wirklich beeindruckend und viel größer als ich. Da hättest Du Dich vielleicht erschrocken.“ Sie lacht fröhlich, es ist ein ansteckendes Lachen und man muss automatisch mitlachen, das Eis ist gebrochen.

      „Ich möchte zum See, Ihr etwa auch? Dann können wir ja zusammen gehen.“ Hedwig Hirschkäfer dreht sich um, und geht los, und wir Mäuse folgen ihr.

      *

      Der unterirdische See sieht wirklich beeindruckend aus, ganz in grünes Licht getaucht. Hier herrscht eine angenehme Temperatur, nicht zu warm und nicht zu kalt. Mutter und Custos liegen am Ufer und unterhalten sich. Als sie uns sehen, setzen sie sich auf um Hallo zu sagen. Hedwigs Anblick sind wir inzwischen alle gewohnt, keiner zuckt mehr zusammen.

      „Bene, mein Sohn, was für ein erfreulicher Anblick. Und Du hast Deine Frau und Bellusa mitgebracht. Willkommen, meine Lieben.“ Mutter begrüßt sie herzlich, die Freude ihren Sohn und seine Familie zu sehen, ist offensichtlich. Wir alle trinken aus dem See und lassen uns dann neben Custos am Ufer nieder.

      „Was macht der Nussbaum?“ Fragt Custos. Bene setzt sich ebenfalls.

      „Er ist noch kräftig, der Sturm im siebten Mond hat nur einige abgestorbene Äste abgerissen, sonst ist nichts passiert, MUS, sei Dank.“ Custos nickt zustimmend.

      „Ja, er ist jetzt schon viele Tage alt, aber scheint immer prächtiger zu werden. Ich sehe oft zu Euch hinüber, dann denke ich immer an meine kleine Quelle des Lebens, die ich so lange behütet habe. Ach, entschuldigt, ich werde sentimental.“

      Das kann jeder von uns verstehen, er hat seine Quelle über dreitausend Tage behütet. Ein bisschen Sentimentalität finde ich völlig normal.

      „Was macht Anorex im Moment? Und wie geht es Joana?“ Die beiden liegen Custos am Herzen. Aber sind sind im Nussbaum geblieben. Sie wechseln sich immer ab, bei ihren Besuchen, so dass die Herberge niemals leer steht.

      Wir unterhalten uns angeregt, es gibt immer viel zu berichten. Am See ist es sehr gemütlich und wir reden und trinken, und trinken und reden. Da wir uns fast dreißig Tage nicht mehr gesehen haben, geht uns der Gesprächsstoff nicht aus. Irgendwann steht Mutter auf.

      „Nun, ich habe Hunger, wie sieht es bei Euch aus, wollen wir etwas essen gehen?“ Plötzlich bemerkt jeder seinen knurrenden Magen, und wir begeben uns in die Halle, um eine schöne gemeinsame Mahlzeit einzunehmen.

      Beim Essen zählen wir auf, was wir bis jetzt erreicht haben.

      „Eine sehr gute Ausbildung für alle Mäuse,“ sagt Mutter. Custos gibt ihr recht und fügt hinzu.

      „Ein sehr langes Leben für alle.“

      „Weniger Kinder, denen es aber sehr viel besser geht.“ Kinder sind immer Bellas Thema.

      „Wir haben den Orden gegründet.“ Beatus liebt den Ausdruck Orden und benutzt ihn häufig.

      „Eine Frau kann auch ohne Mann überleben und sie ist genauso viel wert wie jeder Mann.“ Bellusa hat immer noch keinen Mann, aber inzwischen glaube ich, sie will keinen.

      „Wir haben das Sammeln und aufbewahren der Nahrung perfektioniert und bringen es jedem bei.“ Kommt von Berti und Bene nickt. Die Beiden haben das gleiche Verlangen, Nahrung zu horten und haltbar zu machen, genau wie Beatus sammelt, was das Zeug hält. Da sind sie echte Brüder im Geiste.

      „Jeder glaubt inzwischen, dass es MUS wirklich gibt und sie uns immer unterstützt,“ das kam von Auruma, sie ist sehr religiös.

      „Durch das Orakel werden wir vor jeder Gefahr rechtzeitig gewarnt, und können uns schützen.“ Emilo liebt seine Frau wirklich.

      „Ihr habt dafür gesorgt, dass die Hirschkäfer nicht aussterben,“ sagt Hedwig, „und das finde ich wirklich gut.“

      „Ich habe meine Heilkräfte besser unter Kontrolle, als früher,“ meine ich. „und, jeder kann lernen den Heilern zu helfen und einfache Sachen selbst zu behandeln, dank der Schule von Tabitha, Medicus und Gemma.“

      „Wir leben nicht mehr in großen Gruppen zusammen, sondern in kleinen Familienverbänden, überall verstreut. Das ist viel sicherer, sollte etwas passieren, sind nicht mehr so viele Todesopfer zu beklagen, wie damals in der Stadt.“ Steuerte Benedikte bei.

      „Wir leben in Frieden mit all unseren Nachbarn,“ sagt mein Mann. Wenn man es so konzentriert hört, ist das schon eine ganze Menge.

      „Was können wir denn noch verbessern, hat einer eine Idee?“ Frage ich in die Runde.

      „Wir könnten mehr Gottesdienste abhalten, dann müssen nicht immer alle zu jedem Termin kommen, und es wäre nicht mehr so voll.“

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