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ab. Meistens ist es sehr voll, jeder möchte aus dem See trinken, das ist oft ein großes Durcheinander. Mich stört das auch, aber zu viele Versammlungen, das sieht so aus, als wollten wir sie zum Beten zwingen. Das will ich nicht. Das Gebet ist ein freiwilliger und sehr persönlicher Akt, nein, nicht mehr Gottesdienste, aber...

      „Auruma hat nicht ganz Unrecht, mit dem Gedränge, aber noch mehr Gebete, nein, entschuldige Auruma, nicht alle finden denselben Frieden im Gebet wie Du. Aber vielleicht können wir die Pforten des Ordens alle sieben Tage öffnen, den ganzen Tag, oder nur am Nachmittag, ich weiß es nicht. Wer will, kann dann bis zum Abend bleiben und am Gebet teilnehmen. Da würden wir niemanden zwingen, aber auch keinen vor den Kopf stoßen. Was denkt Ihr darüber?“ Mutter seufzt.

      „Bitte nur den Nachmittag, Kind, sonst hat man ja gar keine Ruhe mehr. Und der ganze Dreck, der jedes Mal hinterlassen wird, muss ja auch weg geräumt werden. Vielleicht nur alle fünfzehn Tage?“

      „Das geht natürlich auch, was meint Ihr?“ Ich schaue auffordernd in die Runde. Activa gehört zu denen, die am Meisten Putzen und Aufräumen, also sehe ich sie fragend an.

      „Maxi,“ meint sie, „also, wenn Du mich fragst, alle fünfzehn Tage ein Nachmittag, das wären dann doppelt so viele Möglichkeiten aus dem See zu trinken, wie im Moment. Das sollte einfach reichen.“

      „Das denke ich auch, Activa, also wenn alle einverstanden sind, rufe ich einen Spatzen, oder zwei, und lasse die Neuigkeit verbreiten. In Zukunft, alle fünfzehn Tage ein Nachmittag zum Trinken und wer möchte, im Anschluss wird gebetet,“ fasse ich zusammen. Allgemeine Zustimmung, gut, dann werde ich nachher zum Wasserfall gehen.

      *

      In unserem Land leben im Moment etwa dreißig Familien, mit jeweils zwei Kindern, das sind schon mal neunzig Mäuse, dann noch ungefähr zwanzig Ungebundene. Kinder gehen immer mal wieder weg, um sich einen Partner zu suchen. Manche kommen wieder, manche nicht. Bisher waren auf einer Versammlung meistens so um die hundert Mäuse. Sie kommen durch die Halle in den Erdbau, laufen in langen Schlangen bis zum See, trinken und warten dann auf das Gebet. Nicht alle natürlich, aber wohl die Meisten, jedenfalls ist das Gedränge immer groß. Heute hoffe ich, dass nur etwa die Hälfte kommt, verteilt über den ganzen Nachmittag. Ein Drittel bleibt wahrscheinlich zum Gebet. Das wären überschaubare fünfundzwanzig bis dreißig Leute, da kann man den Gottesdienst viel persönlicher und ruhiger gestalten.

      Nun, jedenfalls hoffe ich, dass meine Rechnung aufgeht. Wir sind gerade beim Mittagessen, danach bereite ich mich auf den Dienst an MUS vor. Aber davor, lege ich mich noch ein bisschen ins Nest.

      Der halbe Nachmittag ist schon herum, aber niemand ist bis jetzt gekommen, vom Clan des großen Nussbaumes einmal abgesehen, sogar Joana ist heute mitgekommen. Auruma läuft immer wieder nervös zum Eingang.

      „Das verstehe ich nicht, haben die Spatzen es nicht ausgerichtet?“ Ich zucke mit den Schultern und sage.

      „Auruma, die Spatzen sind schon seit wirklich vielen Generationen immer sehr zuverlässig, warum sollten sie ausgerechnet diese Neuigkeit nicht verbreitet haben. Nein, an den Spatzen liegt es bestimmt nicht. Möglicherweise ist etwas anderes los, etwas von dem wir hier keine Ahnung haben. Ich kann Cito bitten, mit ein paar Schülern, mal nach dem Rechten zu sehen.“ Und genau das tue ich, und zwar sofort.

      *

      Deumtineo hatte jetzt schon ein paar Familien besucht, aber egal, wie gründlich er sie ausfragte, niemand erzählte ihm etwas über das Wasser des Lebens. Dabei war er sich sicher, dass es außer der zerstörten Quelle, noch eine andere Möglichkeit, ein anderes Lebenswasser gab. Die Leute hier waren einfach zu jung und zu gesund. Dann hatte er Glück, eine Familie mit zwei Kindern. Der Vater gab sich überheblich.

      „Wir hier leben ewig, das kannst Du mir glauben, wir brauchen keinen Gott oder eine Göttin, und Deinen neuen Gott schon gar nicht, wir trinken aus dem See.

      Das hält uns gesund und am Leben. Maxi, unsere Hohepriesterin hat ihn entdeckt, und sie lässt uns gerne daraus trinken. Man fühlt sich dann mächtig und altert nicht mehr, nicht so wie Du, verschwinde endlich und belästige uns nicht mehr.“ Dann drehte er sich um und ging wieder hinein. Den verdatterten Deumtineo ließ er einfach draußen stehen.

      Das waren die Informationen, die er die ganze Zeit gesucht hatte, er würde gleich zu dieser Hohepriesterin gehen und verlangen daraus zu trinken. Aber vorher würde er sie ordentlich anschreien, dann knickte sie bestimmt von selbst ein, und würde ihm das mit dem See verraten. Er hatte schon über zweihundert Tage nicht mehr getrunken, und glaubte zu fühlen, wie er alterte, er brauchte das Wasser des Lebens dringend.

      *

      Gegen Abend kehrt er mit einer bestürzenden Neuigkeiten zurück. Die Leute haben ihm gesagt, ein anderer Priester habe sie besucht, und verurteilt für ihr unnatürlich langes Leben, das niemals von einem Gott gegeben sein könne, sondern die Magie des Teufels wäre. Nun, die Leute wussten, das der See magisch und von MUS war, aber das war nie ein Problem. Außerdem entspricht das nicht unserem Glauben.

      Wir glauben an MUS, die Göttin der Mäuse, die uns liebt und beschützt. Der Teufel ist unserem Glauben vollkommen fremd. Ich frage mich, was ist das für ein Priester und woher kommt er? Wir sind alle sehr betroffen, das hat niemand kommen sehen.

      Wie auch, seit sehr, sehr langer Zeit hat nie jemand etwas von einem anderen Gott, außer MUS, gehört.

      Während wir noch rätseln, kratzt es am Eingangsloch. Erschrocken fahre ich zusammen, es ist so lange her, das sich jemand auf diese Weise ankündigt. Meistens kommen die Mäuse einfach herein.

      Cito geht geht, um nachzusehen, zurück kommt er mit einer alten, schon etwas grau gewordenen, Feldmaus.

      „Guten Tag, alle miteinander. Habt Ihr auch Euer Leben künstlich verlängert? Hört mich an, das ist die Magie des Teufel. Gott der Herr hat den Mäusen eine kurze Lebensspanne gegeben und sie vor dem Teufel gewarnt. Er benutzt Magie und verderbt alles um sich herum, schwört ab, schwört ab, der Herr wird sich euer Erbarmen.“ Ohne uns zu Wort kommen zu lassen, hat er seine Rede gehalten und das in einer Lautstärke, dass es in meinen Ohren schmerzt.

      „Wer bist Du?“ Ich unterbreche sein Lamento.

      „Deumtineo, der Gottesfürchtige, niemandes Glauben ist so rein, wie meiner. Und wer bist Du?“ Er sieht mich herausfordernd an.

      „Mein Name ist Maxi, ich bin die Hohepriesterin der MUS in diesem Land, was fällt Dir ein, meine Mitbürger zu ängstigen?“ Was bildet er sich ein?

      „Du,“ kreischt er, „Du bist die Teufelin, die die Mäuse in diesem Land verführt hat, sich gegen Gottes Wort zu stellen.“ Cito, Berti und Beatus schirmen mich sofort von Deumtineo ab.

      „Hier gibt es keine anderen Götter, sondern nur unsere geliebte MUS, Göttin der Mäuse,“ erkläre ich ihm, „und schrei bitte nicht so herum, Du befindest Dich in einem Kloster meiner Göttin, hier herrscht Ruhe und Frieden.“ Langsam ärgere ich mich über diese Feldmaus. Er schaut mich, plötzlich ruhig geworden, hasserfüllt an. Dann spuckte er auf den Boden.

      „Ihr seid Ungläubige, die eine falsche Göttin anbeten, schwört ab, ich befehle Euch, schwört ab.“ Er muss verrückt sein, so merkwürdig wie er sich verhält, kein Wunder, dass er den Familien Angst eingejagt hat.

      „Was ist das denn für ein Lärm, man hat ja beim Meditieren keine Ruhe mehr!“ Custos kommt eilig in die Halle gelaufen, als er die Feldmaus sieht, zuckt er zusammen, kennt er diese Feldmaus etwa?

      „Deumtineo, was machst Du denn hier, hat man Dich nicht vor ungefähr sechstausend Tage verbannt?“ Das ist auch eine langlebige Maus? Was soll das dann mit dem Teufel, ich verstehe nichts.

      „Custos, woher kennst Du ihn, was ist das für einer?“

      Er macht ein unglückliches Gesicht.

      „Maxi, Deumtineo ist ein Problem, er ist verrückt, aber zielgerichtet. Er hat vor achttausend Tagen die Geschichte über Gott und den Teufel gehört, offensichtlich ist er in den Wahn verfallen,

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