Скачать книгу

ewiger Freundschaft, Susan

      Noch einen Moment starrte ich auf den Brief in meiner Hand, während die Worte in meinen Gedanken widerhallten. Ein breites Grinsen stahl sich auf meine Lippen. Susan hatte offenbar nicht nur mich sondern auch Raymond von ihren Fähigkeiten überzeugt. Ihre Worte ließen mich hoffen – auf ein Ende und einen Anfang. Auf eine Zukunft ohne Furcht. Langsam faltete ich das Papier und steckte es zurück in mein Mieder, bevor ich den Sack erneut aufnahm und mich in Bewegung setzte.

      Immer tiefer folgte ich dem Pfad in den Wald. Hohe Bäume umschlossen mich von allen Seiten und außer dem Geräusch meiner Schritte im trockenen Laub herrschte Stille. Goldenes Sonnenlicht brach durch die Wolken und tauchte die Welt um mich herum in einen warmen Schimmer. Mit jedem Atemzug nahm ich den Duft nach Moos und Pilzen wahr und genoss das Gefühl der Luft, die über meine Arme strich. Vielleicht hatte Susan ja Recht und das alles hier hatte bald ein Ende.

      Das Knacken eines brechenden Astes riss mich abrupt zurück in die Wirklichkeit. Sofort hatte ich das Bild eines Soldaten vor Augen. Morrigans rotes Wappen als Emblem auf die Brust der Uniform genäht und das Schwert fest in den Händen. Hatten sie uns gefunden?

      Mit angehaltenem Atem spähte ich in den Wald.

      "Wer ist da?", hörte ich mich sagen, während mein Blick die Stämme entlangglitt.

      Ein erneutes Knacken ließ mich herumfahren. Ich brauchte keine drei Sekunden, um die Gestalt auszumachen, die aus dem Unterholz trat.

      "Ethan?" Meine Stimme glich einem erleichterten Aufkeuchen. "Himmel, habt Ihr mich erschreckt. Was macht Ihr hier draußen?"

      "Wonach sieht es denn aus?" Der Prinz presste die Kiefer aufeinander. Wie angewurzelt stand er zwischen den Stämmen, einen Köcher mit Pfeilen über der Schulter und den dazugehörigen Bogen in der Hand. Seit unserer Ankunft in Cathair Dearmad hatte ich ihn kaum zu Gesicht bekommen. Wenn ich abends nach dem Training in die Hütte zurückkehrte, die er, Conan und ich uns teilten, war von ihm nie eine Spur zu sehen und wenn ich am nächsten Morgen vor dem ersten Sonnenstrahl an Conans Seite zum Training aufbrach, war er oft bereits wieder verschwunden. Der einzige Hinweis darauf, dass er die Hütte überhaupt betrat, waren die trockenen Blätter, die am nächsten Morgen den harten Lehmboden zierten wie ein bunter Herbststrauß. Nicht selten fragte ich mich, was er all die Stunden in den Wäldern trieb – und ich konnte die Vorstellungen nicht abschütteln, die sich wie wilde Bestien auf das Misstrauen in meinem Herzen stürzten. Traf er sich womöglich mit einem Spion seiner Mutter? Beobachtete er selbst uns aus den Schatten?

      "Müsst Ihr nicht irgendwohin?", fragte er in diesem Moment und deutete auf den Leinensack, der noch immer über meiner Schulter hing. Erst jetzt wurde mir bewusst, wie lange ich bereits weg war.

      "Ich muss tatsächlich gehen", gab ich zu. "Und Ihr ... erschreckt weiterhin Mädchen im Wald."

      Er verzog die Lippen und ich wusste, dass mein Versuch, einen Scherz zu machen, auf Granit getroffen war.

      "Man nennt es Jagen", zischte er und wandte sich ab. Bevor ich etwas hätte entgegnen können, hatte er sich wieder ins Unterholz geschlagen.

      "Heißt es auch Jagen, wenn man nichts fängt?", murmelte ich in die Stille, als er bereits verschwunden war.

      Die Sonne war bereits hinter den höchsten Wipfeln der Bäume verschwunden und der amethystfarbene Schimmer der Dämmerung senkte sich über das Dorf, als ich Calideyas Hütte verließ. Die Lektionen in Telepathie waren immer die letzten auf meiner Tagesordnung – und der Teil des Trainings, für den ich am wenigsten natürliches Talent zeigte. Es kostete mich eine ganze Menge Konzentration, bei Übungen in Calideyas Gedanken zu dringen – selbst, wenn diese sie nicht verbarg. Noch schlimmer wurde es, wenn ich selbst meine Gedanken vor ihr verbergen sollte. Ich versuchte es nun schon seit zwei Wochen und noch immer schien Calideya ohne Mühe alles lesen zu können, was ich dachte. Als wäre ich ein offenes Buch.

      Ich seufzte und ignorierte das Ziehen in meiner Magengegend, das mich daran erinnerte, wie lang meine letzte Mahlzeit zurücklag. Unwillkürlich beschleunigte ich meine Schritte. Bis zu unserer Hütte war es nicht besonders weit und ich hatte bereits eine Hand um den Türknauf gelegt, als die Tür von innen aufschwang. Vor Schreck stolperte ich einen Schritt zurück.

      "Wer... oh." Conans Miene erhellte sich, als er mich erkannte. "Ich wollte gerade nach dir suchen."

      "Scheint, als hättest du mich gefunden." Auch auf meine Lippen stahl sich ein Grinsen, während ich an ihm vorbei in die Hütte trat. "Ich bin am Verhungern. Du hast hoffentlich noch etwas von dem Brot übriggelassen."

      In einem vertrauten Ablauf zündete ich zuerst die Öllampe in der Mitte des Raumes an, bevor ich aus dem hüfthohen Schrank neben der Tür Teller und Messer holte und dann auf der schmalen Arbeitsplatte begann, ein Abendessen anzurichten.

      "Weshalb hast du nach mir gesucht?", fragte ich, ohne den Blick zu heben. "Ist irgendetwas passiert?"

      "Du hast es vergessen." Conans Tonfall war eine Mischung aus Vorwurf und Enttäuschung. "Das Ritual wird heute stattfinden. Du weißt schon – zum Schutz des Zirkels. Ich dachte, wir sehen es uns an?"

      Siedend heiß erinnerte ich mich. Die Hexen hatten bereits kurz nach unserer Ankunft beschlossen, den Schutzschild zu erneuern, um es Morrigans Männern unmöglich zu machen, uns aufzuspüren. Sidony hatte erwähnt, dass die Vorbereitungen einige Tage dauern würden, doch ich hatte nicht damit gerechnet ...

      "Wenn du müde bist und dich lieber ausruhen willst ...", setzte Conan in diesem Moment bereits an. "Wir können sicher auch ein anderes Mal zusehen."

      "Nein." Eilig fuhr ich herum. "Wir werden uns dieses Ritual auf jeden Fall ansehen. Lass mich nur kurz ..."

      Erneut wandte ich mich der Arbeitsplatte zu und schnappte mir das Brot, das ich soeben mit Käse belegt hatte. Dann griff ich mir den Umhang von der Lehne des Stuhls, auf die ich ihn vorhin hatte fallen lassen und drehte mich schließlich zurück zu Conan. "Alles erledigt. Wir können gehen."

      Ein Lächeln huschte über seine Züge. Ohne zu zögern schnappte er sich seinen Umhang. Nur Augenblicke später waren wir aus der Tür und auf dem Pfad, der in den Wald führte.

      "Wie war dein Training?", fragte Conan, während ich den letzten Bissen Brot aß. Ich schluckte.

      "Wie immer", antwortete ich dann. "Calideya knackt mich wie eine Walnuss und Cybele besteht darauf, dass ich sie so bald wie möglich zu ihren Patienten begleite."

      "Mich hat sie auch schon gefragt." Er zuckte die Schultern. "Ich schätze, es spricht nichts gegen ein paar echte Fälle, um die richtige Übung zu bekommen."

      "Wahrscheinlich hast du Recht." Ich zog den Umhang enger um meine Schultern. Das letzte Licht des Abends war längst zwischen den Wipfeln der Bäume verglommen und ich bereute es, keine Laterne mitgenommen zu haben. Der kalte Nachtwind kündete bereits vom kommenden Winter und auf dem unebenen Pfad grenzte es an ein Wunder, wenn wir uns in der Dunkelheit nicht alle Knochen brachen.

      Ich hatte den Gedanken noch nicht einmal beendet, als Conan neben mir die Hand bewegte. Keinen Augenblick später tanzte auf seiner Handfläche eine Flamme, die den Weg vor uns erhellte. Als ich ihn ansah, zuckte er nur die Schultern. "Besser, als durch die Dunkelheit zu tappen."

      Entschlossen stapfte er voran, während das Feuer die Schatten um uns herum tanzen ließ. Perplex folgte ich ihm. "Wie machst du das?"

      "Wie mache ich was?" Er hielt inne.

      "Du gehst mit diesen Fähigkeiten um, als wären sie das Natürlichste auf der Welt." Ich deutete auf die Flamme. "Ich wäre nicht im Traum darauf gekommen, das Feuer zu rufen."

      "Alles eine Sache der Gewohnheit", entgegnete er und ein ermutigendes Lächeln umspielte seine Lippen. "Wenn du die Magie in dein Denken einbeziehst, wird sie früher oder später auch in deinen Handlungen auftauchen."

      "Sehr weise." Ich verzog die Lippen. "Von wem hast du denn diesen Spruch geklaut?"

      "Wer sagt, dass es nicht meine Worte sind?"

      Ich

Скачать книгу