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Sagenbuch der Bayrischen Lande. Alexander Schöppner
Читать онлайн.Название Sagenbuch der Bayrischen Lande
Год выпуска 0
isbn 9783742772664
Автор произведения Alexander Schöppner
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
hohes Holzbild, welches früher in der Pfarrkirche zu
Högling gestanden. Es stürzte zu jener Zeit, man
wußte nicht durch welche Veranlassung, plötzlich
vom alten Stande herab, ohne sich jedoch im Mindesten
zu beschädigen, was man durch ein Wunder erklären
zu müssen glaubte. Das Bild wurde nun für
heilig gehalten und in jene neue Kapelle übertragen,
wo sich Wunderbares ereignete. Die Bewohner der
ganzen Gegend kamen zum Gnadenbild, reichliche
Opfer floßen, so daß man bald auf den Bau einer größern
Kirche bedacht war.
Der Ort, wo die Kapelle sich erhob, hatte anfänglich
keinen Brunnen, und man mußte das Wasser weit
herbei tragen. Als die Höglinger beim Beginne des
zweiten Baues nun auch einen Brunnen graben wollten,
stießen sie dabei auf große Schwierigkeiten und
es schien, daß sie keine Ader treffen sollten. Ganz
entmuthigt über das wahrscheinliche Mißlingen ihrer
Arbeit, sahen sie ermüdet eines Tages drei Pilgrime
daher kommen und diese munterten die Arbeiter zur
Fortsetzung des Werkes auf, indem sie freundlich versicherten,
daß sich in kurzer Zeit ein Ring finden
werde, der ihnen die Spur des heilsamen Wassers zeigen
würde. Und siehe da, bald darauf fanden sie einen
silbernen Ring mit zwei Steinen und den Quell lebendigen
Wassers. Nun gingen die Fremdlinge und Niemand
sah sie wieder. So glaubten die Bewohner, es
seien drei Engel gewesen, zum Zeichen des dreieinigen
Gottes gesandt, weßwegen sie die neue Kirche der
heil. Dreieinigkeit weihten.
70. Wie die Kirche zu Ebersberg ihren Anfang
genommen.
E b e r s b e r g in O b e r b . – O e f e l e scriptor. II.,
4. F . X . P a u l h u b e r Gesch. von Ebersberg, S. 234.
Es war, wie die alten Geschichtsbücher melden, um
das Jahr 879, als Graf Siegfried von Ebersberg ruhig
auf seinem Schlosse zu Sempt im Kreise seiner Familie
lebte und unter andern sein Vergnügen am
Waidwerke in den umliegenden Wäldern fand. Dazumal
war die Gegend von Ebersberg noch gar wild und
schauerlich. Gewaltige Eichen und Buchen, von
Schlingpflanzen durchflochten, reihten sich zu einem
undurchdringlichen Urwald aneinander. Nur auf einzelnen
schmalen Stegen und Wegen konnten die Jäger
in dieser Wildniß vordringen, in welcher große
schwarze Eber ihren Aufenthalt hatten.
Eines Tages pflegte der Graf von Ebersberg des gewohnten
Waidwerkes, als man urplötzlich eines gewaltigen
Ebers ansichtig ward, der durch seine Größe
und Stärke in Erstaunen setzte. Auch sein Lager oder
Bett wurde bald ausgekundschaftet; es war auf einer
Anhöhe in einer Sandsteinhöhle unter einer uralten
Linde gewählt. Alle Mühe und Anstrengung des Grafen
und seiner Leute, das schreckbare Thier zu fangen
oder zu erlegen, waren vergebens. Einmal war man
ihm nahe auf der Spur, so daß es den Augen der Jäger
und Rüden ansichtig war, als es urplötzlich zum Entsetzen
Aller verschwand, also daß man erkannte, es
sei kein natürlicher Eber, sondern der leibhaftige Teufel
aus der Hölle gewesen. Solches wollte sich aber
auch noch später bestätigen, indem an jener Linde vor
dem Höhlenlager des Thieres das umwohnende Volk
zusammenströmte und heidnischen Aberglauben und
Götzendienst trieb. Das vernahm ein heiliger Mann,
Konrad von Heuwa, welcher am Bodensee wohnte.
Da sendete er Boten an den Grafen Siegfried von
Ebersberg und ließ ihm sagen: »Haue die Linde um
und zerstöre die Höhle von Grund aus; an ihrer Stelle
erbaue dem wahren Gott ein Kirchlein, denn es ziemt
sich, daß er angebetet und dem Götzendienste ein
Ende gemacht werde.« Die nämliche Botschaft ist von
einem andern Einsiedler, Namens Gebhard von Straßburg
an den Grafen gekommen, worauf dieser nicht
länger gesäumt und nicht nur ein schon früher erbautes,
aber verfallenes Valentinskirchlein erneuet, sondern
auch eine Kapelle zu Ehren der Mutter Gottes
Maria gegründet hat.
71. Richardis von Ebersberg.
R a d e r . Bav. S. II., 159. P a u l h u b e r a.a.O. 546.
Es geschah um das Jahr 1012, als der Graf Ulrich von
Sempt mit seiner Gemahlin Richardis auf einer Burg
unweit Ebersberg wohnte, daß die fromme Gräfin alltäglich
des Morgens frühe nach dem Kirchlein zu
Ebersberg wandelte, um Gott zu dienen und die heilige
Messe zu hören. Sie versäumte keinen Tag in diesem
frommen Beginnen und ließ sich auch durch
Regen oder Schneegestöber nicht davon abwendig
machen. Einmal ging sie früh Morgens ganz allein
ihres Weges durch den einsamen Wald dem geliebten
Kirchlein zu. Stille war rings umher, kein Rauschen
des Laubes vernehmbar, selbst die Vöglein ließen
kaum vereinzelte Morgengrüße ertönen. Da schlug
auf einmal ein ungewisses Summen wie von fernem
Glockenklang an ihr Ohr. Sie blieb stehen und lauschte,
es war die wohlbekannte Stimme des Glöckleins
von Ebersberg, welches ihr deutlich zurief, daß sie
nun heute zu spät kommen werde. Da entfiel ihr vor
Betrübniß ein Handschuh, den hatte im Augenblick
eine Elster im Schnabel und flog damit durch die
Lüfte. Richardis eilte jedoch des Weges weiter, um
wenigstens dem Beschlusse des heiligen Opfers mit
anzuwohnen. In dem Augenblicke aber, als der Priester
zu Ebersberg den Altar betreten wollte, flog die
Elster mit dem Handschuh zur Thüre herein und legte
ihn ohne Scheu auf dem Altare nieder. Niemand
wußte sich das zu deuten, bis man den Handschuh der